# taz.de -- Politische Bildung: Die Baustellen der Demokratie
       
       > Das einzige Institut für Didaktik der Demokratie an der
       > Leibniz-Universität in Hannover erforscht Methoden und Aufgaben
       > politischer Bildung heute.
       
 (IMG) Bild: Demokratie findet nicht nur im Parlament statt: Reichstagsgebäude in Berlin
       
       HAMBURG taz | Das Institut für Didaktik der Demokratie an der
       Leibniz-Universität in Hannover gilt seit seiner Gründung 2013 als eines
       der ersten seiner Art. Vor Ort wird nach dem „Bottom up“-Prinzip der
       Didaktik das Forschungsfeld der [1][Demokratiebildung untersucht] und
       weiterentwickelt, um die Ergebnisse dann anzuwenden.
       
       Wie genau das funktioniert, erklärt Dirk Lange, der Gründungsdirektor des
       Instituts. Die Mitarbeitenden des Instituts schauen, wo im Alltag um
       Demokratie gestritten, wo sie herausgefordert und ihre Werte neu gegründet
       werden.
       
       Solche Verhandlungen demokratischer Werte erkennt Lange zum Beispiel in
       sozialen Bewegungen, Herausforderungen durch gesellschaftlichen Wandel wie
       Migration, in Debatten um Gender oder [2][Postkolonialität] sowie im Umgang
       mit aktuellen Krisen. Die Menschen befragen „die demokratischen Prinzipien,
       und daraus soll die Kompetenz entstehen, auch partizipativ Dinge
       mitzuentwickeln“, sagt der Direktor.
       
       Von den ForscherInnen wird diese soziale Praxis als demokratischer
       Lernprozess interpretiert, der begleitet werden kann, um die Erkenntnisse
       in Bildungskontexte einzubetten.
       
       ## Arbeit am Denken
       
       Demokratie wird dabei als dynamisch und nicht nur institutionell begriffen,
       sondern sich selbst aktualisierend: „Demokratiebildung ist nicht etwas, das
       von oben gemacht werden muss, sondern eine urdemokratische Ressource, die
       in der Gesellschaft selbst angelegt ist“, sagt Lange.
       
       „Diese Befragung und kritische Urteilskompetenz, ob die Wirklichkeit den
       demokratischen Prinzipien entspricht, in denen wir sie ausrichten wollen,
       gilt es, beständig zu fördern, um Demokratie zu reproduzieren.“ Dazu
       erforscht das Institut, wie Alternativen und Erweiterungen vorhandener
       Denkweisen angeboten und hergestellt werden können.
       
       Konkret initiiert die Forschungsstelle Projekte, in denen Vorstellungen von
       Menschen und entsprechende didaktische Konzepte, etwa von LehrerInnen,
       erforscht werden, unter anderem über [3][Verschwörungsnarrative], Fake News
       oder Männlichkeitsbilder von Jugendlichen.
       
       Im zweiten Schritt entwickeln die ForscherInnen aus ihren Erkenntnissen
       Fortbildungsangebote und bieten sie in Webinaren oder Face to Face
       sogenannten MultiplikatorInnen wie LehrerInnen, TeamerInnen in der
       Jugendbildung, MitarbeiterInnen von Volkshochschulen oder Gewerkschaften
       an.
       
       Die digitalen und auch manche analogen Angebote sind auf der Website offen
       einsehbar und stehen allen interessierten Menschen kostenfrei zur
       Verfügung.
       
       Vor Ort besuchen Schulklassen das Politiklabor, in dem sie sich mit
       aktuellen „Baustellen“ der Demokratie auseinandersetzen und darüber
       austauschen. Das Institut geht aber auch selbst in die Schulen und hilft
       dort bei Workshop-Ideen. Zuletzt holte sich eine Schule aus der Region für
       ihre drei Projekttage zum Thema „Demokratie“ Unterstützung ins Haus.
       
       Ein auf drei Jahre angelegtes, größeres Projekt des Instituts geht über
       eine Bestandsaufnahme zur Demokratiebildung in Deutschland hinaus.
       Existierende Einrichtungen und Organisationen mit unterschiedlichen Ideen,
       Angeboten und Finanzierungen werden erfasst, daraus Rückschlüsse zu Lehr-
       und Lernzwecken der Demokratiebildung gezogen und vorhandene Konzepte
       weiterentwickelt.
       
       Auch Grundlagenforschung nimmt einen wichtigen Teil der [4][Arbeit des
       Instituts] ein. Rund 30 MitarbeiterInnen veröffentlichen regelmäßig ihre
       Forschungsergebnisse und Dissertationen. Wissenschaftlicher Austausch und
       Kooperationsprojekte finden international mit Hongkong, den USA, Australien
       und Europa statt.
       
       Finanziert wird das alles durch öffentliche Forschungsgelder, von
       EU-Programmen bis zu Landesministerien.
       
       20 May 2024
       
       ## LINKS
       
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