# taz.de -- Uffa Jensen als Beauftragter der TU: Neuer Berliner Antisemitismusstreit
       
       > Der Zentralrat der Juden attackiert Uffa Jensen, den neuen
       > Antisemitismusbeauftragten der TU Berlin. Der nennt die Vorwürfe
       > „Quatsch“.
       
 (IMG) Bild: Der Historiker Uffa Jensen ist der neue Antisemitismusbeauftragte der TU Berlin
       
       BERLIN taz | Die Presseerklärung des Zentralrates der Juden hat es in sich.
       Im Visier steht Uffa Jensen, Historiker und Antisemitismusforscher an der
       Technischen Universität Berlin (TU). Der 55-Jährige sei „ein Gegner der
       IHRA Definition für Antisemitismus“ und daher ungeeignet als
       Antisemitismusbeaufragter.
       
       Die [1][IHRA-Definition ist weit verbreitet], wird jedoch von vielen wegen
       ihrer diffusen Erweiterung des Antisemitismusbegriffs auf Israelkritik
       abgelehnt. Jensen wird zudem vom Zentralrat verdächtigt, BDS, die Bewegung,
       die zum Boykott gegen Israel aufruft, zu relativieren. Auch lasse Jensen es
       an Verurteilungen der „Hamas-Parole ‚From the River to the Sea‘“ fehlen.
       Die Conclusio [2][der Presseerklärung]: Mit dieser Personalie werde
       „Linksextremen und Hamas-Sympathisanten der rote Teppich ausgerollt“.
       
       Kurzum: Der Zentralrat der Juden wirft dem Historiker Jensen nicht nur vor,
       als Antisemitismusbeauftragter der Uni eine Fehlbesetzung zu sein, sondern
       auch eine Art Helfershelfer von Hamas und Linksextremisten.
       
       Die Präsidentin der TU Berlin, [3][Geraldine Rauch], hatte am Montag Jensen
       berufen. „Gerade in Zeiten, in denen Antisemitismus in unserem Land wächst,
       ist es uns wichtig, uns dagegen zu engagieren“, so die TU-Präsidentin.
       Jensen verfüge über „große Expertise im Bereich Antisemitismusforschung und
       sei „ein herausragender Hochschullehrer“. Eine Besonderheit der TU Berlin
       ist das dort angesiedelte renommierte [4][Zentrum für
       Antisemitismusforschung]. Jensen ist dort Vizedirektor.
       
       ## Jensen weist die Vorwürfe zurück
       
       Der Zentralrat stützt seine heftigen Vorwürfe unter anderem auf ein
       [5][SWF-Interview]. Dort hatte Jensen erklärt „From the river to the sea,
       Palästina will be free“ sei nicht per se antisemitisch, weil auch ein
       gemeinsamer Staat gemeint sein könnte. Und klargestellt: „Ich glaube aber,
       dass dieser Schlachtruf nur selten so benutzt wird.“ Der Historiker hatte
       im SWF auch „Linke aus der deutschen Mehrheitsgesellschaft“ kritisiert, die
       versuchen „Israel als Repräsentanten vieler Übel wie Ausbeutung und
       Kolonialismus hinzustellen“. Doch dem Zentralrat scheint diese
       Differenzierung nicht zu reichen. Oder vielmehr: Differenzierungen scheinen
       per se verdächtig zu sein.
       
       Jensen sagte der taz, er begreife den Angriff auf ihn „als Ausdruck eines
       politischen Konfliktes, um unterschiedliche Positionen zu Israel und auf
       Israel bezogenen Antisemitismus“. Die IHRA definiere „Antisemitismus als
       Wahrnehmung“. Das leuchte ihm als Antisemitismusforscher nicht ein. Als
       Forscher muss er sagen können, dass die IHRA-Definition „nicht hilfreich
       ist“.
       
       Jensen unterstützt die [6][„Jerusalem Declaration On Antisemitism“,] die
       Antisemitismus klarer gegen Kritik an Israel abzugrenzen versucht. Sein
       Institut, das Zentrum für Antisemitismusforschung an der TU, befasse sich
       „auch mit auf Israel bezogenen Antisemitismus“, sei aber „manchmal
       vorsichtiger mit bestimmten Einordnungen“.
       
       Und nun? Er werde das Amt antreten, so Jensen zur taz, der zuletzt ein Buch
       über antisemitische Morde und Rechtsterrorismus in der BRD veröffentlicht
       hatte. Auch das TU-Präsidium sieht keinen Grund, die Ernennung rückgängig
       zu machen. Grundsätzlich halte er das Konzept, so Jensen, dass
       Antisemitismusbeauftragte nicht immer jüdischer Herkunft sein müssen, für
       richtig. Bei möglichen Besetzungen durch Palästina-Solidaritätsgruppen
       könne dies ein Vorteil sein. Er baue zudem gerade ein Team auf, unter
       anderem mit jüdischen Studierenden, um eine vertrauensvolle Arbeit zu
       ermöglichen.
       
       Jensen vermied es direkte, offensive Kritik am Zentralrat zu üben. Bis auf
       einen Punkt: „Der Vorwurf, dass ich Hamas-Sympathisanten unterstütze oder
       gutheiße, ist Quatsch.“
       
       29 May 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.antisemitismusbeauftragter.de/Webs/BAS/DE/bekaempfung-antisemitismus/ihra-definition/ihra-definition-node.html
 (DIR) [2] https://www.zentralratderjuden.de/aktuelle-meldung/artikel/news/statement-zur-benennung-des-antisemitismusbeauftragten-an-der-tu-berlin/
 (DIR) [3] /Gaza-Proteste-an-Hochschulen/!6012585
 (DIR) [4] /Soziologe-Ullrich-zu-Protesten-am-1-Mai/!6004468
 (DIR) [5] https://www.swr.de/swraktuell/rheinland-pfalz/interview-antisemitismus-judenhass-israel-gaza-nahost-palaestina-100.html
 (DIR) [6] https://jerusalemdeclaration.org/wp-content/uploads/2021/03/JDA-deutsch-final.ok_.pdf
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Stefan Reinecke
       
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