# taz.de -- Europawahl in Frankreich: Macron kündigt Neuwahlen an
       
       > Nach dem Sieg der französischen Rechtspopulisten löst Präsident Macron
       > die Nationalversammlung auf. Neuwahlen sollen am 30. Juni stattfinden.
       
 (IMG) Bild: Reaktion von Frankreichs Präsident Macron auf den Sieg der rechtsnationalen Partei Rassemblement National: Neuwahlen
       
       PARIS taz | Als Konsequenz der Niederlage der Liste der Regierungsparteien
       in Frankreich hat Staatspräsident Emmanuel Macron noch am Sonntagabend kurz
       nach Bekanntwerden der Hochrechnungen angekündigt, dass er das Parlament
       auflöst, um den Bürgern bei einer Neuwahl „das Wort zu erteilen“. Das
       entspricht seiner Kompetenz als Staatschef, war aber keineswegs zwingend.
       Die Wahl der Abgeordneten der Nationalversammlung soll bereits am 30. Juni
       und am 7. Juli stattfinden. Genau das hatte die siegreiche extreme Rechte
       von ihm gefordert. Die anderen Parteien fühlen sich überrumpelt.
       
       In Frankreich waren am Sonntag 49,5 Millionen Stimmberechtigte zur Wahl von
       81 Abgeordneten im EU-Parlament aufgerufen. Bereits seit Monaten hatte sich
       in allen Umfragen für die Europawahl [1][ein kräftiger Rechtsrutsch]
       abgezeichnet. Laut den Hochrechnungen entspricht er weitgehend den
       Prognosen: Das rechtspopulistische Rassemblement National (RN) konnte
       seinen Stimmenanteil laut Angaben des Senders TF1 auf mehr als 32 Prozent
       steigern und ist damit weit vor der Liste der Regierung (15,2 Prozent) mit
       Abstand die stärkste politische Kraft des Landes.
       
       RN-Spitzenkandidat Jordan Bardella forderte als innenpolitische Konsequenz
       von Staatspräsident Emmanuel Macron die Auflösung der Nationalversammlung
       und die Organisation einer Neuwahl der französischen Abgeordneten. Die
       Liste der Regierungsparteien, die schließlich weniger als die Hälfte der
       Stimmen des RN erhalten hat, [2][ist bei dieser EU-Wahl abgestraft worden].
       Weder der persönliche Einsatz von Premierminister Gabriel Attal für die
       wenig markante Spitzenkandidatin Valérie Hayer, noch eine Intervention von
       Staatspräsident Emmanuel Macron, der drei Tage vor der Wahl vor der für ihn
       beängstigenden Perspektive eines Vormarschs der nationalistischen Rechten
       vor der unsicheren Epoche eines Kriegs auf dem Kontinent warnte, konnten
       eine spürbare Tendenzwende bewirken.
       
       Im Gegenteil hatte man den Eindruck, dass ein Drittel der Wähler, [3][die
       den Rechtspopulisten ihre Stimme gaben], diese Wahl in ein Plebiszit der
       Unzufriedenheit mit der Regierung und dem Präsidenten verwandeln wollten.
       
       Dem Spitzenmann von Marine Le Pens Rassemblement, dem erst 28-jährigen
       Bardella, erlaubt es der Wahlsieg, von der Rolle eines Juniors in die eines
       Spitzenpolitikers zu wachsen. Marine Le Pen, die dieses Mal nur auf einem
       der hintersten Plätze der RN-Liste kandidierte, präsentiert ihn für den
       Fall ihrer Wahl zur Staatspräsidentin 2027 bereits als ihren zukünftigen
       Premierminister. Vielleicht aber ist er im Lager der Rechtspopulisten nun
       so populär, dass er seiner Chefin und Lehrmeisterin in drei Jahren
       ernsthaft Konkurrenz machen kann.
       
       ## Extreme Rechte erreichen fast 40 Prozent
       
       Der Rechtsrutsch in Frankreich ist fast ein politischer Erdrutsch, denn
       insgesamt vereinigen die Listen der extremen Rechten in Frankreich fast 40
       Prozent der Stimmen auf sich. Das ist eine historische Verschiebung der
       Kräfteverhältnisse. Die massiven Stimmengewinne der extremen Rechten, die
       neben dem RN auch mit der separaten Liste von Reconquête mit der
       Le-Pen-Nichte Marion Maréchal an der Spitze antrat und dank etwas mehr als
       5 Prozent voraussichtlich 4 Sitze gewinnt, gingen auch auf Kosten der
       Konservativen (Les Républicains).
       
       Diese hatten dmit dem bisherigen EU-Abgeordneten François-Xavier Bellamy
       einen schlagfertigen und europapolitisch kompetenten Spitzenkandidaten.
       Aber konnten dennoch dem Trend ihrer früheren Sympathisanten nach weiter
       rechts nicht viel entgegensetzen. Mit noch 7 Prozent verteidigte Bellamy 6
       Sitze für seine Fraktion.
       
       Profilieren konnte sich in diesem EU-Wahlkampf der Spitzenkandidat der
       sozialdemokratischen Linken, Raphaël Glucksmann. Seine Liste landet mit
       14,3 Prozent nur kanpp hinter den Macronisten auf dem dritten Platz. Der
       Gründer der linksliberalen Partei Place publique wird zum Hoffnungsträger
       der Sozialisten, die sich seit der Präsidentschaft von François Hollande in
       der Talsohle befanden.
       
       Glucksmann ist das neue Aushängeschild der Linken, er kann sich Chancen
       ausrechnen, 2027 bei den nächsten Präsidentschaftswahlen anstelle von
       Jean-Luc Mélenchon von der sehr linken La France insoumise (LFI) die
       derzeit gespaltene Linke zu repräsentieren. LFI (8,3 Prozent) hatte sich
       mit der Solidarität mit Palästina als Kampagnenschwerpunkt marginalisiert.
       Einen Rückschlag haben die Grünen erlitten. Zunächst war noch nicht mal
       sicher, ob sie die Schwelle von 5 Prozent erreicht haben, die es für
       Sitzgewinne braucht.
       
       9 Jun 2024
       
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