# taz.de -- Berliner Landesverfassungsgericht: Posten-Besetzung von CDU blockiert
       
       > Die Berliner Grünen schlagen die NSU-Opferanwältin Seda Başay-Yıldız als
       > neue Verfassungsrichterin vor. Die CDU stellt sich entschieden dagegen.
       
 (IMG) Bild: Die ideale Kandidatin? Anwältin Seda Başay-Yıldız
       
       BERLIN taz | | Das Landesverfassungsgericht braucht [1][dringend neue
       Richter:innen.] Von den insgesamt neun Plätzen sind aktuell nur sieben
       besetzt. Davon wiederum müssten vier Stellen dringend mal wieder
       ausgewechselt werden. Und das hätte schon 2021 passieren müssen – denn da
       war die maximale Amtszeit der aktuell noch tätigen Richter:innen
       überschritten.
       
       Eine geeignete Kandidatin gäbe es: Nach Medienberichten hat die
       Grünen-Fraktion Seda Başay-Yıldız vorgeschlagen. Başay-Yıldız ist 48 Jahre
       alt, hat eine kleine Tochter, ist in Marburg aufgewachsen und arbeitet seit
       2003 als Rechtsanwältin in Frankfurt am Main. Schon seit vielen Jahren
       engagiert sie sich für die Opfer von rechtsextremer und rassistischer
       Gewalt.
       
       Die Grundvoraussetzungen für das Amt erfüllt Başay-Yıldız, darüber hinaus
       brächte sie wohl auch eine Perspektive mit, die ihre potenziellen
       Kolleg:innen nicht haben: Denn Berlins Verfassungsgerichthof ist bisher
       wenig divers. Keiner der Richter:innen hat einen Migrationshintergrund.
       Um die Stelle zu bekommen, müsste Başay-Yıldız im Abgeordnetenhaus mit
       Zweidrittelmehrheit gewählt werden.
       
       ## CDU stellt sich quer
       
       Dort bekommen die Grünen aber anscheinend großen Gegenwind: Wie der
       Tagesspiegel berichtet, soll die CDU bereits seit Monaten den
       Personalvorschlag blockieren. Hintergrund sei wohl [2][ein ehemaliger
       Mandant]: Başay-Yıldız soll 2018 als Strafverteidigerin einen Islamisten
       vertreten haben, Sami A., dessen Abschiebung nach Tunesien im selben Jahr
       vom Oberverwaltungsgericht Münster für „evident rechtswidrig“ erklärt
       worden war.
       
       Der 1997 als Student nach Deutschland gekommene Sami A. soll sich in
       Deutschland als salafistischer Prediger betätigt haben. Die Vorwürfe, dass
       er der Leibgarde des 2011 getöteten Al-Qaida-Chefs Osama bin Laden angehört
       haben soll, hat Sami A. stets bestritten, die Bundesanwaltschaft stellte
       ein Ermittlungsverfahren mangels hinreichenden Tatverdachts ein. Vor seinem
       Abschiebungsprozess lebte er in Bochum.
       
       ## Drohbriefe vom „NSU 2.0“
       
       Die Bild titelte damals, Başay-Yıldız würde „Osama Bin Ladens Leibwächter“
       verteidigen. Die Anwältin und ihre Familie erhielten um diese Zeit herum
       [3][mehrere Morddrohungen]. Sie wurde als „miese Türkensau“ bezeichnet,
       unterzeichnet wurde teilweise mit „NSU 2.0.“. Der Verfasser der Drohungen
       wurde [4][4 Jahre später verurteilt]. Im NSU-Prozess hat Başay-Yıldız von
       2013 bis 2018 als Opferanwältin die Familie von Enver Şimşek vertreten, ein
       Blumenhändler aus Nürnberg, den der NSU im September 2000 erschossen hatte.
       Er war das erste Opfer des NSU.
       
       Den Stand bei der Entscheidung über ihre mögliche Berufung als Richterin am
       Landesverfassungsgericht wollen die Grünen aktuell nicht kommentieren: „Wir
       sind in konstruktiven Gesprächen. Zu Personalfragen und Details interner
       Verhandlungen äußern wir uns nicht“, heißt es dazu von Werner Graf, dem
       grünen Fraktionsvorsitzenden auf eine Anfrage der taz am Montag.
       
       17 Jun 2024
       
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 (DIR) Luise Greve
       
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