# taz.de -- Bundeswehr-Werbekampagne „Explorers“: Kriegstüchtig ohne Krieg
       
       > Die neue Social-Media-Kampagne der Bundeswehr soll junge Leute für den
       > Dienst an der Waffe begeistern. Und bleibt dabei recht oberflächlich.
       
 (IMG) Bild: Oberstabsgefreiter Taube mit VR-Brille – ob er Ego-Shooter zockt?
       
       Die Gesellschaft soll wieder wehrtüchtig werden. SPD-Verteidigungsminister
       [1][Boris Pistorius stellt eine neue Wehrpflicht] vor, FDP-„Eurofighterin“
       Marie-Agnes Strack-Zimmermann fordert eine intensive Aufrüstung und der
       [2][Rüstungskonzern Rheinmetall spielt nun auch im Fußball mit].
       
       Und damit nicht genug, denn die Bundeswehr spricht verstärkt die Jugend an.
       Dafür präsentiert sie sich als Spielplatz für Abenteuerlustige, als
       Erlebnis in der Natur und als Ort für Technikbegeisterte. In ihrer neuen
       Tiktok-Kampagne [3][„Explorers – Roadtrip durch die Bundeswehr“] arbeitet
       sie gezielt mit Influencer:innen. Doch von Krieg und den Gefahren ist dort
       keine Rede.
       
       In der analogen Welt liest man aktuell an vielen Bushaltestellen Fragen wie
       „Wie TikTokt die Bundeswehr?“ oder „Wie schmeckt die Bundeswehr?“ Daneben
       sieht man die Gesichter der „Explorers“-Kampagne: Selma ist für lustige
       Tiktok-Videos bekannt, die Österreicherin Tina Neumann hingegen gibt
       Schminktipps und zeigt sich gerne im Fitnessstudio. Der Kölner Koch Can
       Akpinar stellt die Arbeit in der Küche vor, und der bayrische Tizian Häger
       versucht sich als Komiker und Sportler.
       
       Zusammen mit der Bundeswehr machen die vier einen Roadtrip durch
       Deutschland und absolvieren an 18 Stützpunkten Challenges. Sie machen
       Liegestütze, entfachen ein Feuer, robben durch den Schlamm, schwimmen durch
       Flüsse und üben den Fallschirmsprung. Dabei fallen Sätze wie „Kameradschaft
       ist bei der Bundeswehr sehr wichtig“ und „Du musst keine Angst vor
       überhaupt nichts haben.“
       
       ## Wenig informativ
       
       Als erste Arbeitgeberkampagne der Bundeswehr werden auch Berufe wie
       Brückenbauer oder Mechaniker vorgestellt. Dafür wurde eigens der
       [4][Tiktok-Kanal @bundeswehrkarriere] angelegt und die Videos werden auch
       auf Instagram und dem [5][Youtube-Kanal „Bundeswehr Exclusive“] verbreitet.
       Das alles ist offensichtliche Werbung, modern und schnell inszeniert. In
       fünfminütigen oder kürzeren Videos lassen sich Inhalte nur beschränkt
       vermitteln und so bleibt die Kampagne oberflächlich und nur wenig
       informativ.
       
       Die Produktion übernimmt die Düsseldorfer Kreativagentur Castenow.
       „Explorers“ ist zwar die erste Arbeitgeberkampagne der Bundeswehr, doch
       [6][nicht die erste Zusammenarbeit mit der Agentur]. Das Budget für die
       Kampagne liegt laut Bundeswehrinformationen bei sechs Millionen Euro,
       bezahlt aus den Haushaltsmitteln für das Bundesministerium der
       Verteidigung. Eine enorme Summe für einen Roadtrip.
       
       Dabei variiert die Resonanz der Tiktok-Videos stark. Während einzelne
       Videos knapp fünf Millionen Aufrufe haben, schaffen andere nicht einmal
       5.000. Eine Sprecherin des Verteidigungsministeriums sagte auf Anfrage der
       taz, dass die Bundeswehr „bisher sehr zufrieden“ mit der Kampagne sei. „Die
       Community beteiligt sich nicht nur sehr rege an den täglichen Erlebnissen
       und Einblicken der Creator und Creatorinnen in die Bundeswehr, sondern
       nutzt auch aktiv Mit-mach-Optionen wie Votings und Liveevents.“
       
       ## Kommentare von Rechten
       
       Nicht nur das Publikum beteiligt sich aktiv an der Kampagne, auch die
       Moderation der Bundeswehr ist äußerst schnell. Sie reagiert auf Fragen und
       leitet direkt zu Infoseiten weiter. „Ruf gerne mal direkt unsere
       Karriereberatung an, die können dir alle deine Fragen beantworten“,
       kommentiert die Bundeswehr unter einem Video.
       
       Auf den Kommentar „Irgendwann will ich auch zur Bundeswehr“ antwortet sie
       mit „Mega, wie lang hast du noch bis zu deinem Abschluss?“ Es fehlt nur
       noch, dass das Formular für den Dienstantritt gleich mitgeschickt wird.
       Häufig reagiert die Moderation auch nur mit einem Smiley oder einer
       Nachfrage.
       
       Aber nicht jede dieser Interaktionen ist harmlos. So diskutiert die
       Bundeswehr auch mit dem User „real.germanpatriot“ über U-Boote. Schaut man
       auf dessen Profil, stößt man bereits im ersten Video auf einen Totenschädel
       der SS-Totenkopf-Division; das Zeichen der Divisionen, die die
       Vernichtungslager maßgeblich betrieben. In einem anderen Video fordert der
       User deutsche Kolonien zurück. Bis man diese Inhalte findet, sind es
       lediglich zwei simple Klicks. Die sind auch der Moderation der Bundeswehr
       zuzutrauen.
       
       „Uns ist die tägliche Betreuung des Communitymanagements sehr wichtig, um
       die Einhaltung der Netiquette für den Umgang miteinander auf unseren
       Kanälen zu gewährleisten“, so die Sprecherin. Die Profile hinter den
       Beiträgen zu prüfen, gehört wohl nicht dazu. Zwar sind es Tausende
       Kommentare, doch wenn die Bundeswehr ihr Image reparieren will, muss sie
       diese Arbeit leisten.
       
       ## Werbung mit sicherem Abstand
       
       Auch wird weder in den Kommentarspalten noch in den Videos von Krieg
       gesprochen. Wo sind die Geschosse und Explosionen, die einem um die Ohren
       fliegen? Wo sind die Eindrücke derer, die tatsächlich im Krieg sind oder
       waren? Oder diejenigen, die an [7][PTBS] und Verletzungen leiden? Wo sind
       die Gespräche mit Angehörigen von einem der 59 Bundeswehrsoldat:innen, die
       allein in Afghanistan starben? Oder die Einordnungen des
       [8][Rechtsextremismus im Kommando Spezialkräfte]?
       
       Darauf antwortet die Sprecherin: „Jede und jeder, die und der sich für die
       militärische Laufbahn der Bundeswehr entscheidet, weiß um die Gefahr, im
       Falle einer Landes- und Bündnisverteidigung oder einem Auslandseinsatz
       verwundet oder getötet zu werden“, und fügt hinzu: „Die Herausforderungen,
       Risiken und Gefahren des Soldatenberufs werden in den umfangreichen
       Beratungsgesprächen durch die Karriereberatungsbüros aufgezeigt.“
       
       Doch vor jeder Beratung stellt „Explorers“ die Bundeswehr als Spielplatz
       dar und kommuniziert die tatsächlichen Gefahren nicht deutlich genug. In
       anderen [9][Bundeswehrserien wie „Mali“] werden die Gefahren immerhin als
       solche präsentiert. Doch bei „Explorers“ ist Karriere das große Stichwort,
       das Voran- und Weiterkommen, der Weg nach oben. Eine mögliche Stufe auf
       dieser Karriereleiter ist das Töten anderer. Das Problem mit „Explorers“
       ist nicht, dass die Bundeswehr Werbung macht, sondern vielmehr, wie sie es
       macht – aus sicherer Distanz.
       
       8 Jul 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Plaene-zu-neuer-Wehrpflicht/!6016921
 (DIR) [2] /Sportswashing-von-Rheinmetall/!6013854
 (DIR) [3] https://www.karrierekaserne.de/explorers-roadtrip-durch-die-bundeswehr
 (DIR) [4] https://www.tiktok.com/@bundeswehrkarriere
 (DIR) [5] https://www.youtube.com/@BundeswehrExclusive
 (DIR) [6] /Werbung-der-Bundeswehr/!5598160
 (DIR) [7] /Psychische-Traumata-und-PTBS/!5950529
 (DIR) [8] /Rechtsextremismus-beim-KSK/!5775003
 (DIR) [9] https://www.youtube.com/playlist?list=PL0nyHde37tIZGqcsRjKLc0WkPwIQZdT4T
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Martin Seng
       
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