# taz.de -- Ampel-Pläne gegen die Pandemie: Vier Maßnahmen gegen vierte Welle
       
       > 3G am Arbeitsplatz, 3G in der Bahn: Der Bundestag will am Donnerstag den
       > Infektionsschutz verschärfen. Unklar ist, wie sich der Bundesrat verhält.
       
 (IMG) Bild: Ganz schön nah: Studierende auf dem Weg zur Universität in Berlin
       
       BERLIN taz | Der Bundestag reagiert auf die massiv steigenden
       Corona-Infektionen und verschärft am Donnerstag das
       Infektionsschutzgesetz. Das Robert-Koch-Institut (RKI) meldete am
       Mittwoch einen Rekordstand von 52.826 Coronaneuinfektionen. Damit stieg
       der Inzidenzwert auf 319.
       
       Die Ampelkoalition in spe reagiert auf die dramatische Entwicklung, indem
       sie vier Maßnahmen direkt per Gesetz bundesweit anordnet: Zutritt zum
       Arbeitsplatz nur für Getestete, Geimpfte und Genesene (3G),
       Homeofficepflicht, 3G im öffentlichen Verkehr und verschärfte Testpflichten
       in Gemeinschaftseinrichtungen.
       
       Diese Neuerungen sollen ab dem Inkrafttreten des Änderungsgesetzes gelten,
       vermutlich ab kommenden Montag. Eine Umsetzung durch die Bundesländer ist
       nicht erforderlich. Allerdings könnte der Bundesrat am Freitag die Reform
       blockieren, [1][weil die Befugnisse der Länder zu Shutdown-Maßnahmen
       beschnitten werden.]
       
       Den Plänen zufolge muss der Arbeitgeber die Einhaltung der 3G-Pflicht
       überwachen. Entgegen ersten Ankündigungen ist im Gesetzentwurf kein Recht
       des Arbeitgebers zur Abfrage des Impfstatus mehr enthalten. Dies soll wohl
       in einer Verordnung von Noch-Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) geregelt
       werden.
       
       ## Bei Büroarbeit Homeoffice
       
       Wenn die Beschäftigten Büroarbeiten verrichten, muss ihnen das Unternehmen
       Homeoffice anbieten. Ausnahmen gibt es nur, wenn „zwingende
       betriebsbedingte“ oder persönliche Gründe entgegenstehen. Wer zu Hause zum
       Beispiel keinen Schreibtisch hat, muss auch nicht dort arbeiten.
       
       3G im öffentlichen Verkehr soll für Busse, Bahnen, Fähren und für in
       Deutschland startende Flugzeuge gelten. Die Einhaltung müssen die
       jeweiligen Betreiber kontrollieren, also etwa die DB oder Verkehrsverbünde.
       „Stichprobenartige“ Kontrollen sollen laut Gesetzentwurf genügen. Verdi
       kritisierte bereits: „Es ist schlicht nicht möglich, einen Bus zu steuern
       und zugleich die Nachweise zu sichten und deren Echtheit zu kontrollieren.“
       
       Für die Beschäftigten und Besucher:innen in folgenden Einrichtungen
       soll eine verschärfte Testpflicht gelten: Krankenhäuser, Arztpraxen,
       Rettungsdienste, Pflegeheime, Schulen, Kitas, Gefängnisse, Asyl- und
       Obdachlosenheime. Ungeimpfte Beschäftigte müssen sich täglich testen
       lassen, Geimpfte nur zweimal pro Woche. Hier ist ein Auskunftsrecht der
       Arbeitgeber vorgesehen. Die Daten dürfen nur für Hygienekonzepte benutzt
       werden und sind nach sechs Monaten zu löschen.
       
       [2][Eine Impfpflicht, zum Beispiel für die Beschäftigten von Pflegeheimen
       und Kliniken], wurde in Ampel-Kreisen zwar diskutiert, aber nicht in den
       Gesetzentwurf aufgenommen. SPD und Grüne sind dafür, die FDP zögert noch
       und plant zunächst eine fraktionsinterne Expertenanhörung. Die meisten
       Coronamaßnahmen sollen aber wie auch bisher von den Bundesländern
       angeordnet werden.
       
       Hier stellt der Bund im Infektionsschutzgesetz nur den „Instrumentenkasten“
       zur Verfügung, den die Länder in Coronaverordnungen der Landesregierungen
       nutzen können. Für Ärger sorgte, dass die Ampel den Status der
       „[3][epidemischen Lage nationaler Tragweite]“ nicht verlängern will. Dies
       würde die Handlungsmöglichkeiten der Länder verschlechtern, hieß es.
       
       Die Ampel will den Ländern noch sieben Maßnahmen zubilligen, zum Beispiel
       die Anordnung von Maskenpflicht, Abstandsgeboten und Hygienekonzepten.
       Außerdem sollen die Länder den Zugang zu öffentlichen Angeboten mit 3G- und
       2G-Regeln beschränken können. Auch zu Kontaktbeschränkungen, also zu der
       Frage, wer wie viele Menschen treffen darf, sollen die Länder
       Entscheidungen treffen können.
       
       Auf Druck der Länder wurde am Montag eine Öffnungsklausel reaktiviert.
       Danach können Landtage eine Art epidemische Lage auf Landesebene
       feststellen, was den Ländern Zugriff auf weitere Instrumente ermöglicht.
       Die Länder könnten dann Diskotheken und andere Freizeiteinrichtungen
       schließen, sie könnten auch Kultur- und Sportveranstaltungen untersagen.
       
       Auch nach diesem Kompromissangebot sollen die Länder aber keine
       Ausgangssperren mehr beschließen können, auch die Schließung von Schulen,
       Gaststätten, Einzelhandel und Hotels wäre tabu. Reisen und sportliche
       Betätigung dürften nicht verboten werden.
       
       ## Union für Optionen für Länder
       
       Die CDU/CSU hält das für falsch: Die Länder bräuchten angesichts der
       dramatischen Lage möglichst viele Optionen. Die Union will im Bundestag
       deshalb eine Verlängerung der „epidemischen Lage von nationaler Tragweite“
       beantragen.
       
       Gleichzeitig schrieb NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst einen Brief [4][an
       Bundeskanzler in spe Olaf Scholz (SPD),] über den das Redaktionsnetzwerk
       Deutschland berichtete. Wüst droht darin mit einer Blockade im Bundesrat,
       wenn den Länder nicht mehr Flexibilität zugebilligt wird.
       
       Wenn sich die zehn Länder enthalten, in denen CDU oder CSU (mit)regieren,
       wäre die Reform tatsächlich gescheitert. Eventuell wird es daher noch
       weitere Zugeständnisse der Ampelfraktionen geben.
       
       17 Nov 2021
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
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