# taz.de -- „Black Panther: Wakanda Forever“ im Kino: Mehr Power für Frauen muss warten
       
       > „Black Panther: Wakanda Forever“ führt den schwarzen Superheldenstoff
       > fort. Es ist ein Tribut an den verstorbenen Schauspieler Chadwick
       > Boseman.
       
 (IMG) Bild: Weit mehr als Trauer um den toten Bruder: Shuri (Letitia Wright) in „Black Panther: Wakanda Forever“
       
       Schon den Titel umweht eine Anmutung von Melancholie: „Wakanda Forever“ –
       das klingt mehr nach Beschwörung als Versicherung, mehr nach Abschied als
       nach Fortsetzung. Und eigentlich könnte das genau die richtige Tonsetzung
       sein für einen Superheldenfilm, dem unerwartet und unglücklicherweise der
       zentrale Superheld abhandenkam.
       
       [1][Chadwick Bosemans Tod im August 2020 im Alter von nur 43 Jahren] war an
       sich schon tragisch genug; dass damit seine als popkultureller Durchbruch
       gefeierte Figur des Black Panther, des ersten schwarzen Superhelden mit
       eigenem Franchise, im gerade beginnenden Höhenflug gestoppt wurde, verlieh
       ihm zusätzliches Pathos.
       
       Die Fortsetzung zu [2][„Black Panther“] im Rahmen der „Phase 4“ des Marvel
       Cinematic Universe war damals schon in Vorbereitung. Man kann sich
       vorstellen, in welches organisatorische und emotionale Chaos Bosemans Tod –
       er starb an den Folgen von Darmkrebs – auch die Drehbuchautoren Joe Robert
       Cole und Ryan Coogler gestürzt haben muss. Dass man dem Endergebnis nun
       genau das anmerkt, gehört unbedingt zu den sympathischen Seiten von „Black
       Panther: Wakanda Forever“.
       
       Der Film beginnt als Tribut, in gewisser Weise mehr an den Schauspieler als
       an seine Figur. Anders als sonst in Franchises und Serien üblich, haben die
       Marvel-Macher nicht einfach einen neuen Black-Panther-Darsteller besetzt,
       sondern lassen die Figur auch in der Filmhandlung unerwartet sterben. „Aus
       unbekannten Gründen“, hört man einen Nachrichtensprecher von außerhalb von
       Wakanda verlesen.
       
       Und während im üblichen Marvel-Intro nun die
       Chadwick-Boseman/Black-Panther-Porträts übereinander montiert werden, denkt
       man sich als Zuschauerin, dass das als Prämisse eines Blockbusters im Jahr
       2022 besonders spannend sein könnte: eine Welt, die sich dem Unerwarteten
       und Unvorhergesehenen entgegensetzen muss, nicht immer nur den guten alten
       „Baddies“ aus CIA-Korruption und den üblichen Weltherrschafts-Prätendenten.
       
       Ein Wakanda in der Krise, in dem der alte Mythos vom guten König nicht mehr
       geht und ein neuer, mit mehr Frauen in Leitungsposition, noch nicht
       etabliert ist – das wären doch Themen für interessantes Kino!
       
       ## Bösewicht von ungewöhnlicher Herkunft
       
       Während man Wakandas Frauenriege erst mal ausgiebig trauern sieht – die
       königliche Panther-Mutter Ramonda (Angela Bassett), die Macho-Generalin
       Okoye (Danai Gurira) und vor allem die kleine Schwester Shuri (Letitia
       Wright) –, macht sich irgendwo im Atlantischen Ozean ein Bösewicht von
       ungewöhnlicher Natur, besser gesagt Herkunft bemerkbar. Zwar stellt sich
       zunächst heraus, dass wieder einmal die CIA die Finger im Spiel hat, die am
       Ozeangrund nach Vibranium schürft, jenem Stoff, der Wakanda zum Status
       einer Supermacht verholfen hat.
       
       Aber dann wird die amerikanische Meeres-Expedition in einem Angriff quasi
       ausgelöscht. Die CIA (personifiziert in einem lustlosen Auftritt von Julia
       Louis-Dreyfus) verdächtigt Wakanda; Agent Everett K. Ross (Martin Freeman),
       seines Zeichens Wakanda-Sympathisant, weiß es besser.
       
       Der neue Antagonist, so stellt sich heraus, kommt aus den Tiefen des
       Meeres. Dort führt eine Gestalt namens Namor (mit großartig
       brütend-finsterer Ausstrahlung: Tenoch Huerta) das Königreich Talocan,
       dessen Ahnen vor den Brutalitäten der europäischen Kolonisation
       Mittelamerikas ins Meer geflohen sind. Ein blauer Saft machte ihnen die
       Unterwasseratmung möglich; die Details der Transformation bleiben trotz
       beschwörender Erklärungen etwas undeutlich. Ähnlich verhält es sich leider
       mit dem Plot, in dem sich nun Talocan und Wakanda als Antagonisten
       gegenüberstehen.
       
       ## Metaphern von Ausbeutung und Kolonialisierung
       
       So albern das Brimborium um die Superressource Vibranium, einen Stoff, der
       alles kann in den Bereichen Medizin, Technolgie und Energie, klingen mag,
       so spannend erschienen schon im ersten „Black Panther“ die Metaphern von
       Ausbeutung und Kolonialisierung, die sich darum im Superhelden-Universum
       stricken lassen.
       
       Michael Jordans Killmonger war damals der charismatische Gegenspieler zu
       Bosemans Black Panther, weil er mit der Wut der Exploitations-Erfahrung den
       Rohstoff für die Unterdrückten der Welt gewinnen wollte, wo Wakanda
       versuchte, seine Macht geheim zu halten. Dass sich in „Wakanda Forever“ nun
       zwei „Imperien“ mit gegensätzlicher Kolonialerfahrung direkt
       gegenüberstehen, gibt dem Konflikt noch einmal neue Konturen. Aus denen der
       Film dann leider so gar nichts macht.
       
       Stattdessen steht am Schluss wieder die Trauer im Vordergrund. Sosehr man
       das Boseman und seiner Figur gönnt, entpuppt sich „Wakanda Forever“ damit
       als herbe Enttäuschung. Das deklarierte Vorhaben, in der Comicwelt
       wahrzumachen, woran es in der Wirklichkeit noch oft fehlt – mehr Power für
       die Frauen, für die Kolonialisierten und bislang Übersehenen –, erweist
       sich in den Produktionsrealitäten Hollywoods als offenbar schwerer
       umsetzbar denn gedacht. Zu viele disparate Ideen werden nur angedeutet, zu
       viel Fäden führen immer nur zu den nächsten Events im Franchise.
       
       9 Nov 2022
       
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