# taz.de -- EU-Regeln für Tech-Konzerne: Mehr Wettbewerb für Amazon und Co.
       
       > Das EU-Parlament will die großen Internetfirmen stärker regulieren. Mit
       > dem Digital Markets Act soll die Auswahl der Plattformen erleichtert
       > werden.
       
 (IMG) Bild: Hier wird vor Weihnachten viel los sein: Verteilzentrum des Online-Händlers Amazon
       
       BERLIN taz | Das EU-Parlament ebnete am Mittwoch den Weg für eine stärkere
       Regulierung von großen Tech-Konzernen und Onlineplattformen. Der
       sogenannte [1][Digital Markets Act] – kurz DMA – soll
       [2][wettbewerbsschädliches Verhalten von Großunternehmen wie Amazon,
       Microsoft Google oder Apple unterbinden].
       
       Der Alltag der EU-Bürger:innen ist längst durchdigitalisiert. Online wird
       eingekauft, werden Reisen gebucht, die Menschen informieren sich über
       digitale Kanäle. Allerdings passt die derzeitige [3][EU-Gesetzgebung], die
       Vorgaben für Digitalunternehmen macht, nicht mehr zum heutigen
       Nutzungsverhalten. Einige wenige Unternehmen haben längst eine
       marktbeherrschende Stellung eingenommen – und sich damit einen enormen
       Vorteil gegenüber kleineren Konkurrenten verschafft.
       
       Die EU bescheinigt großen Onlineplattformen wie Amazon oder Google eine
       sogenannte „Gatekeeper“-Funktion. Sie gelten als „Torhüter“ zwischen
       Nutzer:innen und den Angeboten der Unternehmen. Als sehr groß gelten
       Plattformen mit mindestens 45 Millionen Nutzer:innen in der EU. Der
       Ansatz des neuen EU-Regelwerks ist, genau dieses Ungleichgewicht zu
       beseitigen.
       
       Berichterstatter des EU-Parlaments zum Digital Markets Act ist Andreas
       Schwab (CDU), binnenmarktpolitischer Sprecher der EVP-Fraktion. Er setzt
       sich dafür ein, dass etwa die großen Digitalkonzerne nicht so leicht
       kleinere Konkurrenten aufkaufen können. Die EU-Kommission verspricht sich
       von diesem „Meilenstein“, wie die beiden EU-Kommissar:innen Margrethe
       Vestager und Thierry Breton den Digital Markets Act nannten, nicht nur mehr
       Verbraucherschutz.
       
       ## Zugang zu Daten der „Gatekeeper“
       
       Es geht ihnen auch um mehr Zugriff und Wettbewerb für Start-ups und
       kleinere Unternehmen, die digitale Anwendungen anbieten. So sollen diese
       Firmen Zugang zu bestimmten Daten der „Gatekeeper“ bekommen. Zudem werden
       die Auswahl verschiedener Plattformen sowie der Wechsel zwischen
       Dienstleistungen erleichtert.
       
       Ein zentrales Thema ist die Interoperabilität zwischen den Diensten. Für
       Verbraucher:innen geht es dabei um Wahlfreiheit. Beispielsweise, wenn
       sie verschiedene Messengerdienste nutzen, weil ihre Kontakte nicht
       übertragbar sind. Laut einer Erhebung der Verbraucherzentrale Bundesverband
       würden mehr als zwei Drittel der Befragten beispielsweise nicht den
       beliebten Messengerdienst Whatsapp verwenden, sondern lieber auf
       datenschutzfreundlichere Angebote wie Signal oder Threema ausweichen. Doch
       die Messengerdienste können derzeit nicht zusammenarbeiten, man kann also
       nicht einen Messenger für alle Anbieter verwenden.
       
       „Die Platzhirsche unter den Messengerdiensten und sozialen Netzwerken
       müssen nach dem Willen des Parlaments die plattformübergreifende Nutzung
       zulassen“, erklärte Patrick Breyer, EU-Parlamentarier der Piratenpartei und
       Schattenberichterstatter im Rechtsausschuss, anlässlich der ersten Lesung
       des EU-Gesetzes über digitale Märkte im Europäischen Parlament. Er setzt
       mit dem neuen Gesetz auf ein Ende der Abhängigkeit von „Quasi-Monopolisten“
       wie Facebook. Verstoßen die Tech-Giganten gegen die neuen Regelungen,
       drohen saftige Strafen, nämlich zehn Prozent des Jahresumsatzes. Auch Apple
       könnte beispielsweise dazu gezwungen werden, auf seinen iPhones Anwendungen
       der Konkurrenz zuzulassen.
       
       Der Binnenmarktausschuss des EU-Parlaments stimmte bereits am Dienstag für
       einen schärferen Gesetzesrahmen zu digitalen Diensten, den Digital Services
       Act, kurz DSA, den zweiten „Meilenstein“ zur Regulierung großer
       Onlinefirmen. Damit sollen Tech-Giganten wie Google oder Facebook dazu
       verpflichtet werden, stärker gegen Desinformationen und Hassnachrichten
       vorzugehen.
       
       ## „Neues Grundgesetz des Internets“
       
       Christel Schaldemose von den Sozialdemokraten im EU-Parlament ist
       federführend zuständig für den Entwurf. Dieses „neue Grundgesetz des
       Internets“ – wie die grüne Abgeordnete Alexandra Geese das Regelwerk für
       digitale Dienste bezeichnete – soll Meldeverfahren für mögliche verbotene
       Inhalte EU-weit harmonisieren.
       
       Während der ersten Jahreshälfte 2022 sollen dann die Verhandlungen mit den
       EU-Staaten für das Digitale-Märkte-Gesetz aufgenommen werden. Auch über das
       Gesetz für digitale Dienste wird im Januar im EU-Parlament abgestimmt. Die
       Verhandlungen mit den EU-Staaten dürften im kommenden Jahr langwierig und
       kompliziert werden.
       
       Auch die Digitalkonzerne dürften ihre Lobbytätigkeit auf europäischer Ebene
       in den kommenden Monaten deutlich ausweiten, um die Hürden, um ihre
       Marktmacht zu brechen, möglichst hoch zu halten.
       
       2022 wird also ein entscheidendes Jahr werden, wie die Nutzung von
       Internetdiensten für Verbraucher:innen und Unternehmen künftig aussehen
       wird. Auf wettbewerbsrechtlicher Ebene gibt es seit Jahren Beschwerden von
       kleineren Händlern, die die Marktmacht insbesondere von Amazon scharf
       kritisieren. Bisher liefen diese Beschwerden ins Leere. Die EU hofft auf
       ein Inkrafttreten 2023.
       
       15 Dec 2021
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://ec.europa.eu/info/strategy/priorities-2019-2024/europe-fit-digital-age/digital-markets-act-ensuring-fair-and-open-digital-markets_de
 (DIR) [2] /Zerschlagung-von-Google--Facebook/!5735665
 (DIR) [3] /EU-will-Konzerne-haerter-regulieren/!5739464
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Tanja Tricarico
       
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