# taz.de -- Gedenken zum 9. Mai: Putins Hurra, Makeievs Blumen
       
       > Putins Propaganda-Rede zum "Tag des Sieges" steht in grellem Kontrast zum
       > Stand der Erinnerungskultur in der Ukraine und anderswo.
       
 (IMG) Bild: Verteidigungsminister Sergei Schoigu (l.) und Wladimir Putin bei der Militärparade auf dem Roten Platz
       
       So erwartbar wie schlicht: Nichts Neues im Osten und in der Rede des
       russischen Präsidenten Wladimir Putin zum [1][9. Mai], dem 78. Jahrestag
       des Sieges der Roten Armee über Nazideutschland. Der Kremlchef zieht eine
       direkte Linie von damals bis in die Gegenwart. Auch jetzt sei Russland das
       Opfer, gegen das der Westen, getrieben von aggressivem Nationalismus und
       Russophobie, einen Krieg entfesselt habe. Dessen Ziel sei kein Geringeres
       als der Zusammenbruch Russlands.
       
       Kyjiw sei zu einer Geisel und Verhandlungsmasse der „westlichen Herren“
       geworden. Der Überfall auf die Ukraine wird von Putin zur schicksalhaften
       Entscheidungsschlacht stilisiert, Russlands tapferen Kämpfern der
       „militärischen Spezialoperation“ gebühre Stolz. Sie seien in höherem und
       heiligem Auftrag unterwegs – dem Kampf gegen den Faschismus, der als
       Begründung für das Vorhaben herhalten muss, Moskaus Nachbarn samt seiner
       Bevölkerung auszulöschen.
       
       Auch wenn sich seit dem Beginn von Putins Angriffskrieg am 24. Februar 2022
       nichts an diesem Narrativ geändert hat, sollte es gerade in diesen Tagen
       besonders aufmerksam zur Kenntnis genommen werden. Zweifellos: Man kann
       sich an dem Begriff des „Raschismus“, einer Anleihe aus dem Englischen
       „Russian fascism“, abarbeiten, der als Terminus seit Kurzem auch in die
       ukrainische Gesetzgebung Eingang gefunden hat. Dasselbe gilt für eine
       Neujustierung der [2][ukrainischen Erinnerungskultur] im Hinblick auf das
       Ende des Zweiten Weltkriegs. Oder die Geste des ukrainischen Botschafters
       Oleksii Makeiev, [3][Blumen in der Neuen Wache in Berlin] anstatt an
       sowjetischen Gedenkstätten niederzulegen.
       
       Doch statt kontrovers zu diskutieren, steht derlei Gebaren sofort unter dem
       Generalverdacht, den Holocaust relativieren zu wollen. Einige wussten es
       schon immer, spätestens jedoch seit 2014: Das ist sie eben, die
       „faschistische Junta“, die sich in Kyjiw an die Macht geputscht hat. In der
       Ukraine hat die Debatte nicht nur über die eigene Geschichte längst
       begonnen und sie wird weitergehen. Dem setzt Wladimir Putin in Moskau ein
       „Für den Sieg, hurra!“ entgegen. Es ist dies eine Ansage, die es ernst zu
       nehmen gilt.
       
       9 May 2023
       
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 (DIR) Barbara Oertel
       
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