# taz.de -- Landgrabbing in Uganda: Urteil besser spät als nie
       
       > Dutzende Familien in Uganda verloren ihr Land zugunsten der Hamburger
       > Neumann Kaffee Gruppe. Die Betroffenen hoffen nun auf eine faire
       > Entschädigung.
       
 (IMG) Bild: Ernte der Kaffeebohnen auf einer Plantage in Uganda
       
       Peter Kayiira Baleke ist ein hartnäckiger Mann. Der 61-jährige ehemalige
       Dorflehrer aus Uganda ist die Stimme von 143 Familien, die im Jahr 2001 von
       dem Ackerland gewaltsam vertrieben wurden, auf den sich heute die
       Kaweri-Kaffeeplantage befindet. Betreiber der Plantage im Umfeld des Dorfes
       Kitemba im Distrikt Mubende ist die Hamburger Neumann Kaffee Gruppe (NKG).
       
       Gegen die NKG beziehungsweise gegen ihre Tochtergesellschaft, die
       Kaweri-Kaffeeplantage, und den ugandischen Staat läuft an Ugandas High
       Court ein langwieriger Prozess wegen gewaltsamer Landvertreibung und
       ausstehender Entschädigungszahlungen. Der könnte mit den für den 8. und 9.
       November angesetzten beiden Verhandlungstagen enden, hofft Peter Kayiira
       Baleke. Er gehört zu den Menschen, die damals [1][gewaltsam von der
       ugandischen Armee vertrieben] wurden.
       
       „Wir hoffen, dass das Gericht auf Grundlage der vorliegenden Fakten und den
       Zeugenaussagen den Prozess endlich mit einem Urteil beenden wird. 60 Tage
       hat das Gericht formal Zeit, das Urteil nach Ende des Prozesses zu fällen“,
       so Baleke anlässlich seines Besuchs Mitte September in Berlin. Dort traf er
       mit der Parlamentarier:innengruppe Ostafrika zusammen, die
       Interesse an einem Vorortbesuch im nächsten Jahr signalisierte. Das könnte
       auch auf der politischen Ebene noch einmal Bewegung in den Fall bringen,
       der von der Menschenrechtsorganisation FIAN begleitet wird.
       
       ## Gewaltsam vertrieben
       
       Zu den Fakten: Zwischen dem 17. und 21. August 2001 räumte die ugandische
       Armee mit Bulldozern und schwerem Gerät das 2.524 Hektar umfassende Areal
       in der Region Mubende, rund 172 Kilometer nordwestlich der ugandischen
       Hauptstadt Kampala. Dabei wurden je nach Quelle bis zu 4.000 Menschen
       gewaltsam vertrieben, die auf dem Land oft länger als zwölf Jahre als
       Kleinbauern gelebt und gearbeitet hatten.
       
       Sie waren formell durch den Uganda Land Act geschützt, das jenen, die mehr
       als zwölf Jahre auf freiem Land leben, ein Gewohnheitsrecht zubilligt.
       Dieses Gewohnheitsrecht wurde durch den ugandischen Staat verletzt, der
       über die ugandische Investitionsbehörde (Uganda Investment Authority UIA)
       das Land an die Kaweri Coffee Plantation Ltd. in Anschluss an die
       gewaltsame Räumung für den Zeitraum von 99 Jahren verpachtete.
       
       Auf dem Land entstand die bis dahin [2][größte Kaffeeplantage Ugandas], wo
       derzeit mehr als 500 Menschen in Vollzeit arbeiten, so die Neumann Kaffee
       Gruppe auf Anfrage der taz. Das Land sei damals in der Annahme gepachtet
       worden, dass es frei von jeglichen Ansprüchen sei. „Wir bedauern zutiefst,
       dass noch immer keine für alle Seiten zufriedenstellende Lösung gefunden
       werden konnte“, heißt es zudem in dem NKG-Schreiben.
       
       Für Gertrud Falk von der Menschenrechtsorganisation FIAN, die den Fall seit
       Jahren begleitet, ist das zu wenig. „NKG profitiert von der
       [3][Landvertreibung], hat seit 2004 direkte Gespräche mit den Vertriebenen
       und Peter Kayiira Baleke abgelehnt, keinerlei Verantwortung übernommen“,
       kritisiert die FIAN-Referentin gegenüber der taz.
       
       ## Hoffen auf faires Urteil
       
       Das bestreitet hingegen das Hamburger Kaffeeunternehmen. Das wirke „mit
       allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln intensiv auf die
       unterschiedlichen Stakeholder ein“. Dabei geht es im laufenden Prozess um
       Entschädigungszahlungen für die 401 gegen den Staat und die Kaweri Coffee
       Plantation Ltd. klagenden Familien. Von denen haben 258 Familien ein
       Entschädigungsangebot der ugandischen Regierung im September 2021
       akzeptiert.
       
       Doch das zugesagte Geld ist bis heute nicht ausgezahlt worden. Die
       restlichen 143 Familien, darunter auch die von Peter Kayiira Baleke, klagen
       hingegen auf Entschädigung für deren zerstörte Häuser sowie Zinsen und
       haben das niedrige Entschädigungsangebot der ugandischen Regierung damals
       abgelehnt. Nun hoffen sie auf ein faires Urteil des High Court in Mubende.
       Das könnte den spektakulären Fall mit einem Kompromiss beenden. Von dem
       würde auch die Neumann Kaffee Gruppe profitieren.
       
       18 Oct 2023
       
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