# taz.de -- Onlinewahlkampf der Grünen: Die Klischees blühen
       
       > Innovativ, klassisch oder peinlich? Wir analysieren, wie sich die
       > Parteien während des Europawahlkampfs im Netz schlagen. Dieses Mal: die
       > Grünen.
       
 (IMG) Bild: Blümchen, Herzchen und Sternchen: Die Homepage der Grünen während des Europa-Wahlkampfs.
       
       ## Die Parteiseite
       
       Die Grünen wissen, wie es im Netz läuft: Wenig Text, viele Farben, große
       Flächen, riesige Fotos – bloß keine Überforderung. Das Wichtigste zur
       Europawahl in zwei Minuten [1][versprechen sie auf ihrer Homepage], die
       ganz im Zeichen der Europawahl steht. Ist eben kurzweilig hier im Internet.
       Auf dem Header-Foto ist ein Tablet abgebildet. Beim Klick darauf gibt es
       multimedia Slides. Auch hier gilt: Ein in grün-gelb getunktes Europa bei
       Nacht hinter Sternchen und Schnörkel-Schrift, wo die Grünen Europa ein Herz
       schenken.
       
       Statt Text gibt es Bilder und Videos der drei Spitzenkandidaten, dazu
       wieder Bilder von Schlacht-Hühnchen, Lobbybüros in Brüssel und drehenden
       Windrädern. Ansonsten gelbt und grünt es etwas zu viel auf der Seite, die
       Klischees blühen. Vor einer Gänseblümchenwiese leuchtet ein Satellitenbild
       der EU hinter blassen Sternchen für ein besseres Europa.
       
       Für die Europawahl gibt es einen eigenen Menüpunkt mit Themenseiten zum
       Freihandelsabkommen und Flüchtlingsschutz. Ansonsten wurden die Kernthemen
       schlicht europäisiert: Gentechnik und Klimakiller stoppen, Snowden zur
       NSA-Skandal-Aufarbeitung holen. Wenn es um Mindestlohn geht, gibt es den
       Verweis auf [2][die alte Kampagne der Bundestagswahl].
       
       ## Social-Media-Präsenz
       
       [3][Twitter ist für die Grünen] vor allem ein Sammelbecken an Retweets.
       Lieber teilen, als selbst tippen. Wahlplakate werden zur Schau gestellt, es
       wird informiert, welches Parteimitglied wo wahlkampft: KGE chattet bei dpa,
       Jan Albrecht gibt Interviews auf der re:publica-Konferenz. Aha.
       Informationsteilung statt Community-Management.
       
       Die Grünen rufen ihre Fans auf, für ein bisschen Social-Media-Reichweite zu
       spenden. [4][Ein passendes Formular mit Einzugsermächtigung] steht auf der
       Webseite bereit. Für 10 Euro kann die Partei bis zu 5.000 Menschen über
       Facebook erreichen.
       
       Dabei kann die Partei ganz gut facebooken: Jeder Post hat einen knackigen
       Text mit These und Teil-tauglichem Bild. Das wird belohnt: Ein Huhn mit
       Sprechblase „Ich will kein Chlor“, wurde über 800 Mal geteilt.
       
       ## Das Oberhaupt
       
       Das ist so eine Sache bei den Grünen. Da gibt es Rebecca Harms und Sven
       Giegold in einer Art Doppelspitze, „Gesicht und Stimme“ im Wahlkampf. Dazu
       kommt noch eine dritte, mit der die Grünen werben, Ska Keller. Sie ist auf
       Listenplatz drei der Europaliste der deutschen Grünen. Ein Platz ist nicht
       genug, weshalb sie Spitzenkandidatin auch auf Platz eins der Liste der
       europäischen Grünen steht. Verwirrt? Macht nix, Ska Keller soll eh im Süden
       der EU Wahlkampf machen und für Stimmen der Jugendlichen dort sorgen.
       
       Die Twitter-Kanäle der Spitzenkandidaten sind im Vergleich zum
       Partei-Account spannender. [5][RebHarms] hat sich in den Begriff des
       Chlorhuhns verliebt, der in gefühlt jedem dritten Post vorkommt. Immerhin
       twittert sie selbst. [6][Schönster Zwitscher]: „Noch ne halbe Stunde und
       ich könnte ghostkandidat #tvDuell“ [7][Sven_giegold] twittert mehrerfach am
       Tag, meist knallharte Inhalte (CO2-Konzentration erstmals einen Monat lang
       über 400ppm (Mauna Loa observatory). #wachtendlichauf). Zum Auflockern ein
       [8][Bild mit grünem Teddy-Maskottchen] und [9][Selfie].
       
       Passend dazu: Das [10][Sammelbecken] der Europawahl-Kandidatinnen Tweets.
       Rebecca Harms schickt Grüße aus Frankfurt nach Frankreich, Jan Albrecht
       fotografiert selbst gemalte Plakate und wirbt für sein neues Buch.
       
       Dafür ist die Seite der Grünen im EU-Parlament, [11][Greens2014], eine
       Augenweide. Hier wurde sich beim multimedialen Storytelling so richtig
       ausgetobt. Kein Wunder, hat ja auch eine Agentur gemacht, die sonst als
       Kunden ThyssenKrupp, Porsche, Evonik und die DekaBank listet.
       
       Zurück zur Seite. Da schiebt sich beim Scrollen ein Rolladen vor ein
       spanisches Geschäft, über die Deep Water Horizon legt sich ein verölter
       Pelikan und über Pferdefleisch-Lasagne ziehen sich Gen-Food-Dosen. Blöd
       nur, dass übers großflächige Arktis Foto, schreiende Flüchtlinge und
       Riesen-Bohne ständig ein unübersichtliches Menü auf poppt. Wenn man sich
       dem Menü dann annimmt, kommen zu den wichtigsten Themen die Grüne Position.
       Als Schmankerl gibt’s die Übersicht: Was die Grünen in dem Punkt erreicht
       haben und was nicht. Das ist Service.
       
       ## Die Kleinigkeiten
       
       Für den ultimativen Grünen-Fan gibt es auf Facebook einen
       [12][Plakat-Generator]. Eigenes Foto hochladen, politischer Text dazu. Wer
       nicht weiß, was schöne Forderungen sind, lässt sich von Beispielen
       inspirieren: „Ich will, dass Brüssel mir zuhört“ oder „Ich will grünen
       Strom.“
       
       ## Der Peinlichkeitsfaktor
       
       Weil bei den Grünen Bilder mehr als Worte sagen, heißt es: Dein Bild stoppt
       TTIP. Die Grünen veranstalten einen Wettbewerb: [13][Wer schickt das
       schönste Anti-Freihandelsabkommen-Bild]? Preisgeld: 1.500 Euro. Die Chancen
       sind gut: Bisher sind weniger als 30 Bilder eingeschickt worden. [14][Sven
       Giegold macht übrigens auch mit]. Ein grob ausgeschnittener Martin Schulz
       und ein daneben geklatschter Geldsack zeigen, dass Giegold mit dem
       Photoshop-Zauberstab noch experimentiert.
       
       ## Gesamteindruck
       
       Ein Multimedia-Element peppt die Seite zur EU-Wahl auf, mehr Budget für
       eine Überarbeitung war dann wohl nicht drin. Dafür punktet die
       Fraktionsseite der Grünen im EU-Parlament mit Spielerei und Inhalt.
       Großartig viel Politik scheinen die Grünen den Wählern nicht zuzutrauen.
       Bunte Bilder ersetzen lästigen Text. Die Bildsprache: Freilaufende Kühe,
       Huhn, Huhn, Huhn (auch: Das TTIP-Chlorhühnchen), drehende Windräder,
       Blümchen, genfreie Spaghetti, knuffige Eisbären auf Eisschollen. Grün,
       grün, grün ist alles was ich habe. Dazu passend: Der Kommunalwahlspot
       [15][der baden-württembergischen Grünen in Weingarten]. Auf Bobbycars, mit
       grüner Sonnenbrille und Blumenpötten ziehen sie durch die Stadt und sagen
       im Chor: Wir sehen alles durch die grüne Brille.
       
       13 May 2014
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.gruene.de/
 (DIR) [2] http://2minuten.gruene.de/warum-gruene-waehlen.html
 (DIR) [3] http://twitter.com/Die_Gruenen
 (DIR) [4] http://www.gruene.de/service/deine-spende-fuer-eine-wahlkampfaktion/deine-spende-fuer-ein-gruenes-internet.html
 (DIR) [5] http://twitter.com/RebHarms
 (DIR) [6] http://twitter.com/RebHarms/statuses/464490230478028800
 (DIR) [7] http://twitter.com/sven_giegold
 (DIR) [8] http://twitter.com/sven_giegold/statuses/464750104420040704
 (DIR) [9] http://twitter.com/sven_giegold/statuses/458624553359802369
 (DIR) [10] http://twitter.com/Die_Gruenen/lists/ep2014-kandidatinnen
 (DIR) [11] http://www.greens2014.eu/de
 (DIR) [12] http://www.facebook.com/EuropeanGreens/app_343654152440192?sk=app_343654152440192
 (DIR) [13] http://www.dein-bild-stoppt-ttip.de/
 (DIR) [14] http://twitter.com/sven_giegold/status/460734496380162048/photo/1/large
 (DIR) [15] http://www.youtube.com/watch?v=01_uHwJlEP4
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Julia Neumann
       
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