# taz.de -- Linke Absage an Rot-Rot-Grün: „SPD ist nicht regierungsfähig“
       
       > Eigentlich möchte der Reformer-Flügel der Linken mit den Sozialdemokraten
       > regieren. Jetzt ist die SPD einigen von ihnen zu rechts geworden.
       
 (IMG) Bild: Ganz schön weit nach rechts gerückt, dieser Gabriel mit seiner SPD
       
       Die SPD anzupöbeln ist für Linke-Politiker in etwa so gewöhnlich wie für
       andere Menschen das Zähneputzen. Oskar Lafontaine hat die Linkspartei nur
       in den Bundestag geführt, um Gerhard Schröder aus dem Kanzleramt zu jagen.
       
       Sahra Wagenknecht beschimpfte die SPD-Spitze auf dem letzten Parteitag als
       „trübe Brühe“. Und als der Linken-Vorstand jüngst einen Beschluss zur
       Griechenland-Krise fassen wollte, fiel ihm erst kurz vor der Abstimmung ein
       gewisses Ungleichgewicht auf: Während die Sozialdemokraten über ganze
       Absätze ihr Fett wegbekamen, wurde die CDU nicht mit einem Wort erwähnt.
       
       Die neueste Attacke wird das Verhältnis zwischen Linkspartei und
       Sozialdemokraten nun noch einmal gehörig abkühlen. „Die Bundes-SPD ist
       angesichts ihres mit der Union geführten Überbietungswettbewerbs für uns
       zurzeit nicht regierungsfähig“, schreiben Fraktionsvize Jan Korte und
       Dominic Heilig, Chef der Parteiströmung Forum Demokratischer Sozialismus
       [1][in einem Papier], das der taz vorliegt.
       
       Für Linken-Verhältnisse mag das nicht allzu gewagt klingen. Trotzdem ist
       das Schreiben ein Wendepunkt: Korte und Heilig gehören dem Reformerflügel
       ihrer Partei an. Sie verteufeln Sigmar Gabriel und Co eigentlich nicht,
       sondern würden gern mit der SPD regieren. Sie pflegen Kontakte zu
       Sozialdemokraten, suchen nach Gemeinsamkeiten und werben bei ihren eigenen
       Leuten für ein Regierungsbündnis mit SPD und Grünen.
       
       ## Eine Generalabrechnung
       
       Jetzt aber haben sie keine Lust mehr. Weil die SPD nach rechts rückt,
       rücken sie von der SPD ab. Ob [2][Griechenland-Krise],
       [3][Vorratsdatenspeicherung] oder [4][Asylrechtsverschärfung] – „mit viel
       Schaum vor dem Mund“ arbeite Gabriel an einer „Verschiebung
       sozialdemokratischer Programmatik“.
       
       Das kommt eine Generalabrechnung gleich. Das Projekt Rot-Rot-Grün, in
       großen Teilen der drei Parteien ohnehin vorerst abgeschrieben, wird damit
       für die Bundestagswahl 2017 noch unwahrscheinlicher.
       
       Auch wenn Korte und Heilig beteuern, einen anderen Plan zu verfolgen: „Ein
       Politikwechsel in diesem Land gelingt nur, wenn die Linke massiv gestärkt
       wird“, schreiben sie. Um zuzulegen, müsse ihre Partei deutlicher machen,
       dass sie von der aktuellen Regierungspolitik nichts hält. So wollen sie die
       SPD im Bundestag vor sich hertreiben.
       
       ## Kalkül auf Landtagsebene
       
       Nach Möglichkeit zusammen mit den Grünen: „Wir werben für ein systematisch
       etabliertes strategisches Bündnis“, schreiben die Autoren. Gemeinsame
       Anträge, gemeinsame Pressekonferenzen, verbindliche Absprachen. „Es geht
       auch um Kleinigkeiten“, sagt Korte. „Zum Beispiel auch mal für Redner der
       jeweils anderen Fraktion zu klatschen, wenn wir uns in bestimmten Punkten
       inhaltlich einig sind.“
       
       Mit dieser Strategie wollen er und Heilig ihre Genossen in den Ländern
       unterstützen: In 6 Bundesländern stehen 2016 Landtagswahlen an. Schneidet
       die Linkspartei stark ab, könnte sie in Sachsen-Anhalt, Berlin und
       Mecklenburg-Vorpommern zusammen mit der SPD regieren. In allen drei Ländern
       sind die Vorbehalte kleiner als im Bund. „Ein Erfolg in den Ländern erhöht
       den Druck auf eine irrlichternde Bundes-SPD“, schreibt das Duo.
       
       Damit der Plan aufgeht, müssen aber die Grünen mitspielen. Deren
       Fundi-Flügel, der prinzipiell ebenfalls auf Rot-Rot-Grün setzt, wusste
       vorab nichts vom Vorstoß der Linken. Die erste Reaktion fällt entsprechend
       verhalten aus. “Unbenommen der berechtigten Kritik müssen alle drei
       Parteien ihre Hausaufgaben machen, wenn Rot-Rot-Grün jemals eine Chance
       haben soll“, sagte die Grünen-Abgeordnete Agnieszka Brugger.
       
       „Anstatt immer nur die Unterschiede öffentlich zu betonen, sollten die
       R2G-VordenkerInnen lieber die Gemeinsamkeiten stärken und auch darauf
       schauen, wo die jeweiligen Versäumnisse sind.“ Immerhin: „Mehr organisierte
       Zusammenarbeit“ in der Opposition könne sie sich schon vorstellen.
       
       7 Jul 2015
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /fileadmin/static/pdf/Linke-und-Gruene-Paper.pdf
 (DIR) [2] /SPD-und-Griechenland/!5209413
 (DIR) [3] /SPD-fuer-Vorratsdatenspeicherung/!5205394
 (DIR) [4] /Neues-Bleibe--und-Abschieberecht/!5208168
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Tobias Schulze
 (DIR) Astrid Geisler
       
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