# taz.de -- Geplante Grundgesetzänderung: Poker um die Grundsteuer
       
       > Für die anstehende Reform brauchen Union und SPD die Zustimmung der
       > Opposition. Sie setzen dabei auf die Last des fehlenden Geldes.
       
 (IMG) Bild: Ob Grundsteuer oder Mülltonne: Alles muss seine Ordnung haben
       
       BERLIN taz | Es ist eine erstaunliche Situation: Die Bundesregierung möchte
       die Zustimmung der Opposition zu einer Verfassungsänderung, ohne ihr
       Gegenleistungen anzubieten. Und möglicherweise kommen Union und SPD damit
       sogar durch.
       
       Es geht um die [1][Reform der Grundsteuer] auf alle Grundstücke und
       Gebäude, die pro Jahr rund 15 Milliarden Euro einbringt. Diese fließen den
       Städten und Gemeinden zu. Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts
       muss das veraltete Berechnungsverfahren modernisiert werden, sonst darf die
       Steuer ab 2020 nicht mehr erhoben werden.
       
       Die drei Gesetze sind an diesem Donnerstag [2][zur ersten Lesung im
       Bundestag], darunter eine Änderung des Grundgesetzes, die den Ländern eine
       weitgehende Abweichung von der Bundesregelung ermöglicht. Vor allem die
       bayerische CSU-Landesregierung hat das durchgesetzt.
       
       Nun kommt es auf die Opposition an. Mindestens 77 Abgeordnete von AfD, FDP,
       Linken oder Grünen müssten mit der Koalition stimmen, um die für die
       Grundgesetzänderung nötige Zweidrittelmehrheit zu erreichen. Gingen AfD
       oder FDP komplett mit, wäre die Hürde genommen. Grüne oder Linke alleine
       reichen nicht.
       
       ## „Es geht um 60 Milliarden Euro“
       
       Bei den Fraktionen von Union und SPD scheint die Hoffnung vorzuherrschen,
       keinen Preis für die Zweidrittelmehrheit zahlen zu müssen. „Der Druck, der
       Grundsteuerreform und der Verfassungsänderung zuzustimmen, lastet auf
       allen“, sagte Bernhard Daldrup, SPD-Parlamentarier aus dem
       nordrhein-westfälischen Warendorf. Er spielt damit unter anderem auf die
       Bundesländer mit liberaler und grüner Regierungsbeteiligung an, deren
       Kommunen wie alle anderen auch auf die Grundsteuereinnahmen angewiesen
       sind.
       
       „Es geht um rund 60 Milliarden Euro im Verlauf einer Legislaturperiode“, so
       Daldrup. „Deshalb frage ich mich, wie stark die Verhandlungsposition der
       Opposition in dieser Frage ist.“ Auch die Fraktionsspitze der Union hofft
       auf den „heilsamen Druck“, den der drohende Verlust von 15 Milliarden Euro
       ausübt.
       
       Ob dieses Kalkül aufgeht, ist offen. Noch hat die FDP keine Lust, einfach
       Ja zu sagen. Fraktionsvize Christian Dürr signalisiert einerseits
       „Gesprächsbereitschaft“, fordert andererseits aber ein Zugeständnis bei der
       Grunderwerbssteuer. Dort wollen die Liberalen ebenfalls eine
       Öffnungsklausel für die Bundesländer durchsetzen, damit diese einen
       Freibetrag für Häuslebauer einführen können.
       
       Die AfD lehnt den Vorschlag der Koalition komplett ab, inklusive
       Verfassungsänderung. Mit der Zustimmung der Linken kann die Regierung
       ebenfalls nicht rechnen.
       
       ## Keine Umlage auf die Mieten
       
       Und was sagen die Grünen? Dort quält man sich mit der Positionierung.
       „Fiele die Grundsteuer im kommenden Jahr weg, wäre das katastrophal für die
       finanzielle Lage der Kommunen“, erklärte Finanzsprecherin Lisa Paus.
       „Deshalb sind wir grundsätzlich bereit, eine Reform zu ermöglichen. Zum
       jetzigen Zeitpunkt ist es aber zu früh, sich festzulegen.“
       
       Sie fordert, dass die Regierung die Umlage der Grundsteuer auf die Mieten
       abschaffen solle. Doch nach einer harten Bedingung für die Zustimmung zur
       Verfassungsänderung klingt das nicht.
       
       Trotz erheblicher Magenschmerzen könnten die Grünen das Ansinnen der
       Regierung auch deshalb unterstützen, weil ihre Landesminister*innen die
       Lage vor Ort genau kennen. Monika Heinold, grüne Finanzministerin von
       Schleswig-Holstein, unterstützt den Gesetzentwurf: „Für die Kommunen sind
       die Einnahmen aus der Grundsteuer existenziell.“ Je näher das Jahresende
       rückt, und damit der drohende Wegfall von 15 Milliarden, könnte diese
       Haltung mehr Anhänger*innen gewinnen – auch bei der FDP.
       
       26 Jun 2019
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Koalitionsausschuss-in-Berlin/!5603185
 (DIR) [2] https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2019/kw26-de-grundsteuer-648982
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Hannes Koch
       
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