# taz.de -- Festnahme eines NSU-2.0-Verdächtigen: Innenminister Beuth atmet auf
       
       > Nach dem Fahndungserfolg im NSU-2.0-Komplex verbreitet Hessens
       > Innenminister Zuversicht. Doch zentrale Fragen bleiben offen.
       
 (IMG) Bild: Nach der Festnahme eines Tatverdächtigen erleichtert: Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU)
       
       FRANKFURT AM MAIN taz | Nach dem [1][Fahndungserfolg im NSU-2.0-Komplex]
       gibt sich Hessens Innenminister Peter Beuth erleichtert: „Sollte sich der
       Verdacht erhärten, könnten Dutzende unschuldige Opfer sowie die gesamte
       hessische Polizei aufatmen. Die Drohschreiben hatten einen sehr
       schwerwiegenden Verdacht auf die Polizei gelenkt“, erklärte der
       CDU-Politiker am Morgen nach der Verhaftung eines 53-jährigen
       Tatverdächtigen in Berlin.
       
       Seit [2][im Jahr 2018 die ersten Drohschreiben] an die Frankfurter
       Rechtsanwältin Seda Başay-Yıldız publik wurden, steht Beuth und mit ihm die
       hessische Polizei unter Druck. Denn die Ermittlungen zu den teils
       rassistischen und menschenverachtenden Morddrohungen gegen insgesamt 32
       Personen und 60 Institutionen brachten erhebliche Missstände in der
       hessischen Polizei ans Tageslicht. Die Fahnder mussten feststellen, dass
       wiederholt sensible persönliche Daten der Opfer rechtswidrig von
       Polizeicomputern in Frankfurt und Wiesbaden abgerufen worden waren. Sie
       stießen auf rechte Chatgruppen, in denen Polizeibeamte Nazisymbole und
       rassistische Parolen ausgetauscht hatten.
       
       Von Anfang an stand der Umgang mit Betroffenen und Öffentlichkeit in der
       Kritik. Die Adressaten der Drohschreiben sowie Abgeordnete des
       Innenausschusses erfuhren mehrfach wichtige Informationen nicht vom
       Minister, sondern aus den Medien. Der [3][Landespolizeipräsident musste
       gehen], weil er Beuth angeblich nicht über Ermittlungsdetails informierte.
       
       Beuth feuerte ihn, ernannte im Anschluss einen Sonderermittler und
       veranlasste eine umfangreiche Untersuchung rechter Umtriebe in der
       hessischen Polizei. Mehrere Beamte wurden entlassen, noch immer sind
       zahlreiche Straf- und Disziplinarverfahren gegen ehemalige oder
       suspendierte Polizisten anhängig.
       
       ## Nicht nur Betroffene äußern Zweifel
       
       Wie sehr der Imageschaden der Polizeiarbeit in Hessen zugesetzt hat,
       beklagte zuletzt der Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Jens
       Mohrherr, in der Frankfurter Rundschau: „Es belastet die Kolleginnen und
       Kollegen. Einer hat mir mal gesagt: Das ist, als ob man mir eine Bleiweste
       umhängt, wenn ich jeden Tag in den Dienst komme. Es wiegt auch schwer, wenn
       sich Kolleginnen und Kollegen in Frankfurt beschimpfen lassen müssen, sie
       kämen vom,Nazirevier'“, so der Gewerkschafter gegenüber der FR.
       
       Innenminister Beuth verbreitete nach der Festnahme des Tatverdächtigen
       Zuversicht: „Die jahrelangen widerlichen Drohungen und Einschüchterungen
       gegen Personen des öffentlichen Lebens können nun in einem
       rechtsstaatlichen Verfahren geahndet werden“, sagte Beuth am
       Dienstagmorgen. Doch nicht nur die Betroffenen äußern Zweifel. „Wie soll
       der Berliner Tatverdächtige ohne Bezug zur Polizei an sensible Daten
       gekommen sein, die aus Polizeicomputern abgefragt wurden“, fragte etwa die
       Linken-Politikerin Janine Wissler in einer ersten Reaktion gegenüber der
       taz.
       
       Für die SPD-Landtagsfraktion erklärte Günter Rudolph: „Solange mögliche
       Verbindungen zwischen dem mutmaßlichen Täter und potenziellen Helfern
       innerhalb von Polizeibehörden nicht ausermittelt sind, ist der Komplex ‚NSU
       2.0‘ nicht abgeschlossen. Zur vollständigen Aufklärung gehört eine Antwort
       auf die Frage, wie ein Rechtsextremist aus Berlin an Daten aus dem
       hessischen Polizeiinformationssystem kommen konnte“, so Rudolph.
       
       4 May 2021
       
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