# taz.de -- Finanzpolitik der Ampel-Regierung: Via Trampelpfad zum Geld
       
       > Die Ampelkoalition hat Großes vor – und ein Finanzierungsproblem. Um die
       > Schuldenbremse einzuhalten, greift sie auf Tricks zurück.
       
 (IMG) Bild: Wer finanziert das? Viele Elektroautos brauchen viele Ladesäulen: Neufahrzeuge bei VW in Zwickau
       
       BERLIN taz | Etwa 450.000 Elektroautos rollen auf Deutschlands Straßen. Bis
       2030 sollen es 15 Millionen sein, [1][hat sich die neue Ampelregierung
       vorgenommen]. Eine deutliche Steigerung, aber es ist auch klar: Deutschland
       hat seinen Verkehr in den vergangenen 30 Jahren nicht klimafreundlicher
       gemacht, jetzt muss also viel passieren. Neben willigen
       Autokäufer:innen und -leiher:innen braucht es dafür viele Ladesäulen
       für Elektrofahrzeuge, doch die Privatwirtschaft ist zögerlich. Solange die
       Zahl der E-Autos überschaubar ist, lohnt sich das Geschäft nicht
       ausreichend. Es wäre ein klassischer Fall für den Aufbau einer soliden
       öffentlichen Infrastruktur – [2][nur hat die Bundesregierung ein
       Finanzierungsproblem.]
       
       Um das zu lösen, will die Bundesregierung also teilweise nicht den
       Bürgersteig nehmen, sondern Trampelpfade. Sprich: Statt Geld aus dem
       Bundeshaushalt freizugeben, bei dem ab 2023 wieder eine Schuldenbremse und
       damit auch Investitionsbremse greift, will sie über Umwege Geld beschaffen.
       
       Das geht zum Beispiel über öffentliche Unternehmen, die nicht von der
       Schuldenbremse betroffen sind. Ein solches kann sich der neue
       Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) etwa für den Ladesäulenausbau
       vorstellen. In anderen Fällen gibt es die Konzerne natürlich schon, etwa
       die Deutsche Bahn, die neue Kredite für den Schienenausbau aufnehmen darf,
       ohne das öffentliche Schuldenlimit zu sprengen. Letzteres will vor allem
       die FDP nicht zulassen, die mit Finanzminister Christian Lindner in der
       Frage auch die Oberhand hat.
       
       Der hat [3][am Montag einen weiteren Finanzierungstrampelpfad umgesetzt],
       der im Ampelkoalitionsvertrag vorgezeichnet war: die Umschichtung von 60
       Milliarden Euro, die eigentlich in Coronahilfen fließen sollten, aber nicht
       abgegriffen wurden. Das Bundeskabinett nahm Lindners Nachtragshaushalt an,
       nach dem das Geld nun in den Energie- und Klimafonds fließt.
       
       Der Fonds wurde 2010 als Sondervermögen des Bundes eingerichtet. In ihn
       fließen die Einnahmen, die der Bund durch die Versteigerung der
       CO2-Zertifikate im EU-Emissionshandel erhält. Kraftwerksbetreiber und
       Industrieunternehmen zahlen für jede Tonne Kohlendioxid im Europäischen
       Emissionshandel – und damit auch in den Fonds.
       
       ## Die sogenannten Schattenhaushalte
       
       Außerdem nimmt Deutschland durch den nationalen Emissionshandel Geld für
       den Fonds ein, wo man auch für Tanken und Heizen mit fossilen Brennstoffen
       einzahlen muss. Vor allem soll der Fonds Hilfe leisten für die ökologische
       Gebäudesanierung, erneuerbare Energie und Effizienz.
       
       Solche Umwege bei der öffentlichen Finanzierung sind nicht unumstritten,
       weil der Bundestag sie nicht kontrolliert. Negativ konnotiert ist deshalb
       oft von Schattenhaushalten die Rede. Laut einer Berechnung des Thinktanks
       Agora Energiewende vom November könnte der Trick immerhin zum Ziel führen,
       also genug Geld mobilisieren. „Der Klimaerfolg hängt maßgeblich von der
       Finanzplanung der neuen Bundesregierung ab“, sagte deren damaliger Chef
       Patrick Graichen. Der hat mittlerweile etwas direkteren Einfluss. Er ist
       jetzt Staatssekretär in Habecks Wirtschaftsministerium.
       
       14 Dec 2021
       
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 (DIR) Susanne Schwarz
       
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