# taz.de -- „Konzertierte Aktion“ der Regierung: Ouvertüre gegen Inflation
       
       > Mit einer „konzertierten Aktion“ will die Koalition gegen steigende
       > Preise vorgehen. Doch selbst der Kanzler dämpfte erstmal die Erwartungen.
       
 (IMG) Bild: Konzertiert: Kanzler Scholz (Mitte), DGB-Chefin Fahimi und Arbeitgeberpräsident Dulger
       
       BERLIN taz | Die Ouvertüre verlief harmonisch: Über zwei Stunden traf sich
       Bundeskanzler Olaf Scholz am Montag mit Gewerkschafter:innen,
       Vertreter:innen von Wirtschaftsverbänden und Wissenschaftler:innen
       im Kanzleramt, um Maßnahmen gegen die steigende Inflation zu besprechen.
       Anschließend lobte Scholz den guten Auftakt der von „mir angeregten
       [1][konzertierten Aktion]“. Er hob allerdings hervor, dass die Krise nicht
       in wenigen Monaten vorüber sei. „Wir stehen vor einer historischen
       Herausforderung“, so der Kanzler. Beim ersten Treffen sei es zunächst darum
       gegangen, ein gemeinsames Verständnis für die aktuellen Inflationstreiber
       zu entwickeln. In den nächsten Monaten werde man dann gemeinsame
       Instrumente entwickeln.
       
       Dieses gemeinsame Verständnis dürfte im Sinne der Gewerkschaften sein. Man
       sei sich einig, dass die Auslöser der gegenwärtigen Preissteigerungen ganz
       klar nicht die Löhne seien, sagte die [2][DGB-Vorsitzende Yasmin Fahimi].
       Eine Diskussion über eine Lohn-Preis-Spirale in der derzeitigen Situation
       sei falsch, einseitig und faktisch nicht gegeben. Damit baute die
       Ex-SPD-Politikerin etwaigen Diskussionen über Lohnzurückhaltung schon mal
       vor.
       
       Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger bestätigte die Analyse. „Löhne sind
       aktuell kein Inflationstreiber.“ Er nannte vielmehr Energiekosten,
       Rohstoffknappheit und fehlende Vorprodukte durch unterbrochene
       Lieferketten. Man habe darüber gesprochen, wie man diese Probleme in den
       Griff bekomme, so Dulger. Hebel könnten etwa Entlastungen bei der
       Energiesteuer oder den Netzentgelten sein.
       
       Sowohl Fahimi als auch Dulger hoben hervor, dass die Menschen die
       Preissteigerungen im Portemonnaie spürten und man über weitere Entlastungen
       sprechen müsse. Fahimi lobte zwar die beiden Entlastungspakete der
       Bundesregierung: Ein durchschnittlicher Arbeitnehmerhaushalt werde um etwa
       1.000 Euro entlastet. „Das ist in jedem Fall hilfreich.“ Das reiche aber
       nicht, denn die monatlichen Belastungen gingen „deutlich darüber“ hinaus.
       Es bedürfe deshalb weiterer Gespräche, wie Energiekosten für Haushalte und
       Betriebe kleingehalten werden könnten.
       
       „Wir haben eine Beseitigung der kalten Progression vorgeschlagen“,
       berichtete Dulger. Auch die Befreiung von Einmalzahlungen von Steuern und
       Sozialversicherungsbeiträgen könne eine Option sein, so der
       Arbeitgeberpräsident. Das auszuhandeln sei Sache der Tarifparteien, „das
       passiert nicht im Kanzleramt.“ Die Bild am Sonntag hatte berichtet, dass
       die Regierung steuerfreie Einmalzahlungen statt Lohnerhöhungen anregen
       wolle. Im ARD-Sommerinterview dementierte Scholz, einen solchen Vorschlag
       gemacht zu haben.
       
       Die Fraktionsvorsitzende der Linksfraktion im Bundestag Amira Mohamed Ali
       kritisierte die konzertierte Aktion als Schaulaufen im Kanzleramt, mit dem
       Scholz von seiner politischen Verantwortung ablenke. „Das Problem unserer
       Zeit sind zu niedrige Löhne und Renten, nicht zu hohe“, so Mohamed Ali.
       
       Ein Gaspreisdeckel für private Haushalte, wie ihn die Linke und die
       DGB-Vorsitzende Fahimi forderten, würde dem Preiswahnsinn ein wirksames
       Stoppschild setzen. Fahimi hatte pro Person ein Grundkontingent an Energie
       mit Preisbindung vorgeschlagen. Aus dem Parteivorstand der Linken kam zu
       Jahresbeginn eine ähnliche Idee. Die Union unterstützt Scholz. „Es ist
       richtig, dass der Kanzler das zu seinem Thema macht“, sagte der
       stellvertretende Fraktionschef Jens Spahn. Der Vorstoß komme aber zu spät.
       
       4 Jul 2022
       
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