# taz.de -- Lindners Plan zum Inflationsausgleich: Die Reserven gerecht verteilen
       
       > Der Finanzminister will die kalte Progression mit Steuerentlastungen
       > auffangen. Davon profitieren ärmere Haushalte – aber auch Wohlhabende.
       
 (IMG) Bild: Lindner bei der Vorstellung seiner Eckpunkte eines Inflationsausgleichsgesetzes
       
       Das haben wir schon immer so gemacht: So begründet der Finanzminister
       seinen Vorschlag zu Entlastungen bei der Einkommensteuer. „Der
       Inflationsausgleich entspricht der ständigen Staatspraxis seit einigen
       Jahren.“ So [1][Christian Lindner bei der Vorstellung seiner Steuerpläne].
       Der FDP-Chef möchte verhindern, dass Menschen mit steigenden Einkommen in
       höhere Steuersätze rutschen, obwohl ihnen inflationsbereinigt gar nicht
       mehr Geld zur Verfügung steht.
       
       Damit folgt er tatsächlich dem Vorbild seiner Vorgänger Schäuble und
       Scholz, die in der Großen Koalition seit 2016 Jahr für Jahr entsprechende
       Anpassungen vorgenommen haben. Besser wird Lindners Vorhaben dadurch aber
       nicht. Die Praxis der vergangenen Jahre begründet noch keinen Automatismus,
       und in der sehr speziellen Situation des Jahres 2022 taugt Tradition nur
       bedingt als Argument.
       
       Die Ampelkoalition hat in diversen Politikfeldern von gewohnten Wegen
       abweichen müssen – warum sollte es ausgerechnet in der Steuerpolitik anders
       sein? Die [2][steigenden Preise] werden in den nächsten Monaten bis weit in
       die Mittelschicht hinein gravierende Probleme verursachen. Das kann nicht
       minder gravierende Folgen nach sich ziehen – für den sozialen Zusammenhalt,
       die Stabilität des demokratischen Systems und die Solidarität mit der
       Ukraine.
       
       Durch die Dogmen des Finanzministers (keine neuen Steuern, kaum neue
       Kredite) sind die Mittel der Bundesregierung begrenzt. Umso wichtiger wäre
       es, das wenige, das zu verteilen ist, dorthin zu geben, wo es dringend
       benötigt wird. Bei Lindners Vorhaben wäre das nur zum Teil der Fall. Manche
       Geringverdienende würden ein bisschen profitieren, Normalverdienende etwas
       mehr und Gutverdienende am meisten.
       
       Erst mal ist der Vorstoß des Finanzministers nicht mehr als ein Vorschlag,
       zwar öffentlichkeitswirksam präsentiert, mit den Koalitionspartnern aber
       offenbar nicht abgestimmt. Außerordentlich vertrauenerweckend agieren aber
       auch SPD und Grüne in der Sache nicht. Aus der zweiten Reihe kommt zwar
       Kritik an den Lindner-Plänen. Aus den Spitzen gibt es bisher aber jenseits
       der beiden beschlossenen Entlastungspakete nicht mehr als Ankündigungen.
       
       Der grüne Vizekanzler Habeck wird am Montag die Höhe der [3][Gasumlage]
       präsentieren, die zunächst ohne sozialen Ausgleich alle Gaskund*innen
       gleich belasten wird. Kanzler Scholz versprach im Juli zwar in seiner
       „You’ll never walk alone“-Rede, dass der Staat niemanden mit seinen
       Problemen allein lasse. Wo es um konkrete Maßnahmen geht, spielt er auf
       Zeit – und eine Übergewinnsteuer zur Gegenfinanzierung lehnen er wie
       Lindner ohnehin ab. Der Herbst könnte also hart werden. Stand jetzt liegt
       das aber auch nicht nur am Finanzminister.
       
       10 Aug 2022
       
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