# taz.de -- Hasskriminalität im Internet: Razzien gegen Hass-Postings
       
       > In 14 Bundesländern fanden Wohnungsdurchsuchungen statt.
       > Sicherheitsbehörden appellieren an die Bevölkerung, Hass-Posts zur
       > Anzeige zu bringen.
       
 (IMG) Bild: Hass!
       
       BERLIN taz | Verleumdungen, Beschimpfungen, Bedrohungen über soziale
       Medien: Ermittler:innen sind am Mittwoch in 14 Bundesländern gegen
       Hasskriminalität im Internet vorgegangen. Laut Bundesinnenministerium gab
       es insgesamt mehr als 90 Maßnahmen. Bei den Razzien wurden die
       Beschuldigten nach Beweisen für Aufforderungen zu Straftaten, Nötigungen
       oder Volksverhetzung im Netz durchsucht.
       
       „Hass und Hetze im Internet gefährden unsere Demokratie und bereiten den
       Nährboden für extremistische Gewalt“, erklärte Bundesinnenministerin Nancy
       Faeser (SPD) anlässlich des 8. Aktionstages gegen Hasspostings. Man müsse
       klare Grenzen aufzeigen und Täter:innen aus ihrer vermeintlichen
       Anonymität holen. Die Maßnahmen sollten „ein deutliches Zeichen gegen Hass
       und Hetze in Messengerdiensten, sozialen Netzwerken und Foren“ setzen, so
       Faeser.
       
       Das Bundeskriminalamt koordinierte die bundesweiten Maßnahmen, darunter
       Wohnungsdurchsuchungen und Vernehmungen. In Berlin etwa wurde das
       Mobiltelefon eines Mannes beschlagnahmt, der antisemitischen Hass via
       Twitter verbreitet hatte. In Hessen gab es neun Durchsuchungen und
       Vernehmungen. In Bayern durchsuchten die Beamten acht Objekte,
       beschlagnahmten dabei unter anderem Mobiltelefone und Laptops.
       
       Welche [1][gravierenden Auswirkungen] Hassposts und Bedrohungen im Netz
       haben können, zeigte vor einigen Monaten der Fall der österreichischen
       [2][Ärztin Lisa-Maria Kellermayr.] Kellermayr wurde sowohl im virtuellen
       Raum als auch im realen Leben beschimpft, beleidigt und bekam
       Morddrohungen. Von den zuständigen Stellen bei Polizei und Justiz fühlte
       sie sich im Stich gelassen. Die Ärztin hatte Coronamaßnahmen verteidigt und
       wurde deshalb systematisch von Impfgegner:innen angegriffen. [3][Ende
       Juli nahm sie sich das Leben.]
       
       ## Opfer bringen Hass-Posts nicht zur Anzeige
       
       Auch in Deutschland sorgte der Fall für Entsetzen und Betroffenheit. Grüne
       und Linke forderten, dass die zuständigen Behörden digitale Gewalt ernst
       nehmen und aktiv ahnden. Expert:innen sprachen sich für mehr
       ausgebildete Fachkräfte bei Ermittlungsbehörden und Justiz aus sowie für
       Spezialstaatsanwaltschaften und mehr Unterstützung für die Opfer.
       
       Für Josephine Ballon von der Organisation HateAid haben der Aktionstag und
       die Razzien eine „wichtige Signalwirkung.“ „Sie signalisieren Betroffenen,
       die nach unserer Erfahrung noch immer selten überhaupt Anzeige erstatten,
       dass es sinnvoll ist, sich zu wehren, und schrecken potenzielle Täter ab,
       die sich auf die Anonymität im Internet und das Desinteresse der
       Strafverfolgungsbehörden verlassen“, sagte Ballon der taz.
       
       Leider sei eine Durchsuchung in diesen Fällen manchmal das einzige Mittel,
       um die Taten aufzuklären, da Geräte eingesehen werden müssen, um den
       Tatnachweise mit der erforderlichen Sicherheit führen zu können.
       
       ## Hohe Dunkelziffer vermutet
       
       Laut Bundesinnenministerium verzeichnen die Polizeibehörden in Deutschland
       jedes Jahr mehr als 2.000 politisch motivierte Straftaten im Internet.
       Allerdings vermutet man eine hohe Dunkelziffer: Strafrechtlich relevante
       Posts würden nicht angezeigt, nur den Netzwerkbetreibern gemeldet, oder in
       geschlossenen Foren und Diskussionsgruppen geäußert.
       
       Im Kampf gegen [4][Hasskriminalität im Netz] seien die Sicherheitsbehörden
       auf die Mithilfe der Bürger:innen angewiesen. Der Appell: strafbare
       Inhalte zur Anzeige bringen und bei den Anbietern sozialer Netzwerke melden
       mit der Aufforderung, diese zu löschen. „Hass und Hetze im Netz sind
       Nährboden für Radikalisierung und Impulsgeber für Gewalttaten“, teilte das
       Bundeskriminalamt mit.
       
       30 Nov 2022
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Tanja Tricarico
       
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