# taz.de -- Urteil gegen mutmaßliche Linksextreme: Mehr als 5 Jahre Haft für Lina E.
       
       > Die Autonome Lina E. und weitere Mitangeklagte werden wegen Angriffen auf
       > Neonazis zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Faeser warnt vor
       > Radikalisierung.
       
 (IMG) Bild: Lina E. (M.) am Mittwoch im Oberlandesgericht Dresden
       
       BERLIN dpa/afp/epd/taz | Im Prozess gegen die [1][mutmaßliche
       Linksextremistin Lina E.] und drei weitere Angeklagte hat das sächsische
       Oberlandesgericht in Dresden mehrjährige Haftstrafen verhängt. Das Gericht
       verurteilte die 28-Jährige am Mittwoch unter anderem wegen der
       Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung zu einer Freiheitsstrafe
       von fünf Jahren und drei Monaten.
       
       Die mitangeklagten Männer erhielten Haftstrafen zwischen zwei Jahren und
       fünf Monaten sowie drei Jahren und drei Monaten wegen Mitgliedschaft
       beziehungsweise Unterstützung einer kriminellen Vereinigung.
       
       Mit dem Urteil blieb das Gericht [2][unter der Forderung der
       Bundesanwaltschaft], die für E. acht Jahre Freiheitsstrafe gefordert hatte.
       Sie hatte der Studentin aus Leipzig „massive Gewalt“ vorgeworfen. Lina E.
       und ihr untergetauchter Freund Johann G. gelten demnach als Rädelsführer.
       Die Verteidiger der aus Hessen stammenden Studentin hatten in fast allen
       Punkten Freispruch gefordert.
       
       Den Angeklagten waren mehrere Überfälle auf Neonazis oder mutmaßliche
       Anhänger der rechten Szene in Wurzen, Leipzig und im thüringischen Eisenach
       mit Schwerverletzten zwischen 2018 und 2020 vorgeworfen worden. [3][E.
       sitzt seit November 2020 in Untersuchungshaft]. Die drei anderen
       Beschuldigten sind auf freiem Fuß.
       
       Der Vorsitzende Richter betonte in seiner Urteilsbegründung, dass der Kampf
       gegen Rechtsextremismus keine Gewalt rechtfertige. „Auch ein gewalttätiger
       Nazi wird nicht durch seine Taten vogelfrei“, sagte der Richter.
       
       ## Unterstützer:innen applaudieren Lina E. und Mitangeklagten
       
       Das Urteil wurde im Gerichtssaal von rund 100 Unterstützern der Angeklagten
       verfolgt. Sie hatten Lina E. und die drei Mitangeklagten mit langem Applaus
       begrüßt. Nach dem Urteil wurde der Prozess kurzzeitig wegen Unruhe
       unterbrochen. Einige der etwa 100 Zuhörer im Saal riefen etwa „Scheiß
       Klassenjustiz“ und „Schweinesystem“.
       
       Bereits im Vorfeld hatten Teile der linksradikalen Szene Proteste gegen die
       Verurteilung von Lina E. und den drei Mitangeklagten angekündigt.
       [4][Sachbeschädigungen und Brandstiftungen seien danach zu befürchten],
       erklärte der sächsische Verfassungsschutz vor dem Urteilsspruch. Es sei mit
       Anreisen von Linksextremen „aus dem gesamten Bundesgebiet zu rechnen“.
       
       ## Faeser sieht wachsende Gefahr durch Linksextremismus
       
       Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sieht eine zunehmende Gefahr durch
       linksextreme Gewalttäter. „In linksextremistischen Gruppen sind
       Hemmschwellen gesunken, politische Gegner auch mit äußerster Brutalität
       anzugreifen“, sagte die Politikerin in Bezug auf das Urteil im Fall der
       mutmaßlich linksextremen Lina E. am Mittwoch. „Im demokratischen
       Rechtsstaat darf es keinen Raum für Selbstjustiz geben“, hieß es in einer
       Mitteilung. Kein Ziel rechtfertige politische Gewalt.
       
       Faeser mahnte, die Radikalisierungs- und Gewalt-Spirale dürfe sich nicht
       weiterdrehen. „Unsere Sicherheitsbehörden haben die gewaltbereite
       linksextremistische Szene sehr genau im Blick und werden weiter konsequent
       handeln“, hieß es. Die Behörden würden zudem die linksextremistische Szene
       in den kommenden Tagen und Wochen weiter in den Fokus nehmen.
       
       ## Justizminister begrüßt das Urteil
       
       Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) hat das Dresdner Urteil gegen
       die Studentin Lina E. wegen mehrerer Angriffe auf Rechtsextreme begrüßt.
       „Extremismus bekämpft man nicht mit Extremismus. Wir müssen unsere liberale
       Demokratie schützen vor ihren Feinden, doch nicht mit Selbstjustiz“,
       schrieb der Politiker am Mittwoch auf Twitter. Recht und Gesetz gelten für
       alle, hieß es weiter. „Wo die Grenzen der Rechtsordnung überschritten
       werden, sind Staatsanwaltschaft & Polizei gefordert.“
       
       Der Verfassungsschutz sieht bei einigen Linksextremisten aktuell ein hohes
       Radikalisierungsniveau und sinkende Hemmschwellen, wenn es um den Einsatz
       von Gewalt geht. „Besorgniserregend ist auch, dass eine zunehmende Anzahl
       gewalttätiger Linksextremisten versucht, sich der Strafverfolgung zu
       entziehen und möglicherweise untergetaucht ist“, sagte der Präsident des
       Bundesamtes für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang, am Mittwoch nach der
       Urteilsverkündung im Strafverfahren des Oberlandesgerichts Dresden.
       
       Der Chef des Inlandsgeheimdienstes fügte hinzu: „Die Schwelle zum
       Terrorismus sehen wir aktuell noch nicht überschritten, aber wenn sich die
       Radikalisierungsspirale weiterdreht und die Taten immer brutaler und
       hemmungsloser werden, dann rückt der Moment näher, in dem man auch von
       Linksterrorismus sprechen muss.“
       
       31 May 2023
       
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