# taz.de -- Zentral- und Landesbibliothek: Friedrichstraße bleibt tot
       
       > Berlins SPD stellt sich klar gegen die Idee, mit der ZLB in die Galeries
       > Lafayette zu ziehen. Stattdessen bringt man das ICC ins Spiel.
       
 (IMG) Bild: Dann eben Leerstand: Die Galeries Lafayette sollen Ende 2024 aus dem Quartier 207 ausziehen
       
       Ein Umzug der Zentral- und Landesbibliothek (ZLB) an die Friedrichstraße in
       Mitte wird immer unwahrscheinlicher. Jetzt hat die SPD-Fraktion im
       Abgeordnetenhaus klargestellt, was sie von der Idee des CDU-Kultursenators
       Joe Chialo hält: nämlich nichts. „Ich fand das ja zunächst charmant, dass
       die ZLB in das Gebäude der Kaufhauskette Galeries Lafayette zieht, aber
       nicht zu dem Preis“, sagt SPD-Fraktionsvize Melanie Kühnemann-Grunow der
       taz.
       
       Zuerst hatte die Berliner Morgenpost über das Veto der kulturpolitischen
       Fraktionssprecherin berichtet. Nach taz-Informationen ist ihre Absage an
       das Projekt dabei sowohl von SPD-Fraktionschef Raed Saleh als auch von
       Torsten Schneider, dem Parlamentarischen Fraktionsgeschäftsführer, gedeckt.
       Und Fakt ist: Ohne die Unterstützung der SPD-Fraktion dürfte die Initiative
       des vom Koalitionspartner CDU gestellten Kultursenators gestorben sein.
       
       Vor zwei Wochen war [1][Joe Chialo] mit der Idee an die Öffentlichkeit
       gegangen, die Immobilie nach dem Auszug des Lafayette Ende 2024 zu kaufen
       oder zu mieten, um hier die ZLB-Standorte an der Breiten Straße Mitte und
       am Halleschen Tor in Kreuzberg zusammenzufassen. Die Bibliothekslandschaft
       war [2][elektrisiert]. Haushaltsexpert:innen begegneten dem Vorschlag
       angesichts der Kosten von Anfang an mit Skepsis.
       
       Tatsächlich beläuft sich das der Kulturverwaltung unterbreitete Kaufangebot
       des Eigentümers Tishman Speyer auf 590 Millionen Euro. Das wäre fast
       [3][das Doppelte dessen], was der Investor selbst Anfang 2022 beim Kauf
       hingeblättert haben soll. „Das ist komplett unmoralisch, und ich frage
       mich, ob da ein Investor einfach sein Spielchen spielt“, sagt dann auch
       Melanie Kühnemann-Grunow.
       
       ## Koalitionspartner ist mäßig erfreut
       
       Die SPD-Politikerin verweist zudem auf die „brachialen Kürzungen“, die im
       Haushaltsentwurf 2024/25 für den Kulturbereich vorgesehen sind.
       Kühnemann-Grunow sagt: „Die Szene steht Kopf. Da muss ich mir sehr genau
       überlegen, was ich mit dem Kulturetat mache.“ Der Erwerb und Umbau eines
       Kaufhauses mit geschätzten Gesamtkosten zwischen 700 und 800 Millionen Euro
       gehöre nicht zwingend dazu.
       
       Bei der CDU ist man mäßig erfreut über das plötzliche Nein der SPD. „Wir
       brauchen doch erst mal die Fakten und Details, da hätte ich mich gefreut,
       wenn die SPD das abgewartet hätte“, sagt der CDU-Abgeordnete Robbin Juhnke.
       Der kulturpolitische Sprecher widerspricht bei der Gelegenheit Gerüchten,
       denen zufolge Joe Chialo auch in der CDU-Fraktion allein auf weiter Flur
       stehe mit seinem Vorstoß: „Dem ist nicht so“, sagt er der taz.
       
       Kritik an den Sozialdemokrat:innen kommt auch von den
       oppositionellen Grünen. Dass die SPD der Umzugsidee „eine Absage erteilt,
       bevor die überhaupt final geprüft und die Gespräche mit dem Eigentümer
       abgeschlossen werden konnten, ist falsch und fahrlässig“, sagt
       Ex-Finanzsenator Daniel Wesener, inzwischen Fraktionssprecher für
       Kulturfinanzierung.
       
       Der Grünen-Politiker befürchtet letztlich vor allem, dass Schwarz-Rot nicht
       nur die Lafayette-Idee, sondern nebenbei auch gleich den eigentlich mal
       geplanten, inzwischen mindestens ebenso teuren ZLB-Neubau am Blücherplatz
       in Kreuzberg ein für alle Mal zu Grabe tragen will.
       
       Alles Quatsch, sagt SPD-Politikerin Kühnemann-Grunow. „Ich zumindest will
       den ZLB-Neubau nicht beerdigen.“ Nichtsdestoweniger wirbt sie dafür, auch
       andere Immobilien für einen neuen ZLB-Superstandort ins Auge zu fassen,
       etwa das ICC. Dass sich, wie die Grünen monieren, der auch „Panzerkreuzer
       Charlottenburg“ genannte Riesenbau „baulich wie bibliotheksfachlich als
       völlig ungeeignet erwiesen“ habe, lässt Kühnemann-Grunow nicht gelten: „Das
       ICC würde total gut passen.“
       
       Unterdessen hat man bei der ZLB selbst die Hoffnung auf einen Umzug in die
       Friedrichstraße noch nicht aufgegeben und sammelt jetzt Unterschriften für
       die Idee des Kultursenators. ZLB-Generaldirektor Volker Heller bleibt
       dabei: Der Kauf des Quartiers 207 sei nun mal eine „Jahrhundertchance“, die
       sich Berlin nicht entgehen lassen sollte.
       
       13 Sep 2023
       
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