# taz.de -- Bundeshaushalt 2024: Das Loch stopfen
       
       > Schröpft der Staat die Bürger:innen? Diesen Vorwurf erhebt die Union nach
       > der Einigung zum Haushalt 2024. Doch es gibt auch deutliche Entlastungen.
       
 (IMG) Bild: Ob Energie teurer wird, lässt sich zu diesem Zeitpunkt noch nicht sagen
       
       Die kleinen Leute zahlen drauf. Diese manchmal zutreffende, oft aber
       falsche Alltagsweisheit spielt in der aktuellen Debatte wieder eine Rolle.
       Nach der Einigung von SPD, Grünen und FDP auf den Bundeshaushalt 2024
       behauptet unter anderem die Union, die Bürger:innen würden von der
       Regierung geschröpft. Was ist dran an der Kritik?
       
       Mathias Middelberg, Abgeordneter der CDU aus Osnabrück und Vizechef ihrer
       Bundestagsfraktion, ist vorneweg mit dem Vorwurf: „Vor allem haben die sich
       auf Abgabensteigerungen zulasten von Bürgern und Wirtschaft geeinigt“,
       bemängelte er die Beschlüsse der Ampel-Regierung.
       
       [1][Die hatte am Mittwoch erläutert,] wie sie das Loch von ungefähr 30
       Milliarden Euro im Etat des kommenden Jahres stopfen will – nämlich mit
       einem Potpourri aus Einsparungen, Ausgabenkürzungen und teilweise höheren
       Abgaben zulasten von Privathaushalten und Unternehmen. Das Ergebnis der
       langwierigen Verhandlungen war eine Reaktion auf das Urteil des
       Bundesverfassungsgerichts vom 15. November, das der Regierung einen Verstoß
       gegen die Schuldenbremse im Grundgesetz attestiert hatte.
       
       Einer der Beschlüsse der Ampel führt tatsächlich zu höheren Stromkosten für
       Privathaushalte und vielen Firmen. Dabei geht es um [2][die sogenannten
       Netzentgelte] – das sind Ausgaben für den Ausbau der überregionalen
       Elektrizitätsleitungen, die die Verbraucher:innen im Rahmen ihrer
       Stromrechnungen mitbezahlen.
       
       ## Bis zu 17 Prozent Preissteigerung
       
       Die Kosten von 5,5 Milliarden Euro wollte die Regierung eigentlich aus dem
       Haushalt übernehmen, wofür sie jetzt aber keine Mittel mehr zur Verfügung
       stellen will. Ergebnis laut Berechnungen der Vergleichsportale Verivox und
       Check24: Durchschnittshaushalte müssten um acht Euro monatlich oder 100
       Euro pro Jahr mehr für Strom entrichten. Das kann 10 Prozent der Rechnung
       ausmachen. Der Bundesverband der Industrie- und Handelskammern kommt in
       einzelnen Fällen auf bis zu „17 Prozent“ Steigerung der Strompreise
       zulasten von Unternehmen.
       
       Ein weiterer Punkt: [3][Die Bundesregierung will den CO2-Preis] von jetzt
       30 auf 45 Euro pro Tonne Gasausstoß erhöhen. Das ist eine Abgabe auf den
       Verbrauch von fossiler Energie – Benzin, Diesel, Heizöl, Erdgas, Kohle.
       Damit steigen nicht nur die Preise an den Tankstellen, sondern auch die
       Rechnungen der Firmen und Privathaushalte für Heizwärme.
       
       Den Effekt bei der Gasrechnung eines durchschnittlichen Privathaushalts
       beziffert Check24 mit etwa 5 Euro monatlich und 60 Euro jährlich. Das würde
       etwa 3 Prozent der Rechnung ausmachen. Wobei weitere erhöhende Faktoren wie
       das Auslaufen der Energiepreisbremsen nach dem russischen Angriff auf die
       Ukraine noch hinzukommen. Allerdings räumt das Verbraucherportal ein, dass
       der staatliche Preisauftrieb zumindest teilweise kompensiert werden könnte,
       indem die Gaspreise am Markt sinken.
       
       Dagegen stehen jedoch mehrere Entlastungen. So will die Bundesregierung
       auch 2024 die Umlage für Ökostrom weiter aus dem Bundeshaushalt
       finanzieren. Alle Privathaushalte und die meisten Betriebe profitieren.
       Einst machte die EEG-Umlage 10 bis 20 Prozent der Stromrechnungen aus.
       Gleichzeitig will die Regierung die Stromsteuer für das produzierende
       Gewerbe um 3 Milliarden Euro verringern.
       
       ## Ein Geben und Nehmen
       
       Entlastend für Privathaushalte und viele Unternehmer:innen wirkt sich
       auch die bereits 2022 beschlossene Senkung der Einkommensteuer aus. Das
       Finanzministerium beziffert die Begünstigung auf zusätzliche 15 Milliarden
       Euro pro Jahr ab 2024, was je nach Haushalt ein-, zwei- oder dreistellige
       Ersparnisse monatlich bedeutet. Konkret steigen die Grund- und
       Kinderfreibeträge. Außerdem greifen die jeweiligen Steuersätze erst bei
       höheren Verdiensten.
       
       Die komplette Wirkung aus Belastung (Energiekosten) und Entlastung (Steuer)
       für einzelne Haushalte ist wegen unterschiedlicher Fallkonstellationen und
       Einflussfaktoren schwierig zu berechnen. Im Ergebnis lässt sich sagen, dass
       die Regierung nicht einzig die Abgabenlast erhöht. Gänzlich diesem Vorwurf
       entgehen könnte sie, wenn sie die Löcher nicht mit Einsparungen stopfen,
       sondern die Schuldenbremse grundsätzlich lockern würde, um öffentliche
       Investitionen zu ermöglichen.
       
       Nicht nur die CDU beklagt eine soziale Schieflage der Ampel-Politik. Einer
       neuen Umfrage der Bertelsmann-Stiftung zufolge sehen 55 Prozent der
       Bundesbürger:innen durch die Energie- und die Verkehrswende allgemein
       den sozialen Zusammenhalt in Gefahr. Einen Ausgleich könnte [4][das
       sogenannte Klimageld] ermöglichen, das die Ampel im Koalitionsvertrag
       vorgesehen hatte. Dies sollten alle Bürger:innen als Ausgleich für
       steigende CO2-Preise erhalten. Die Idee: Wer wenig CO2 verursacht, hat am
       Ende mehr Klimageld. Doch das bleibt nun auf der Strecke: Dafür ist
       absehbar kein Geld da.
       
       14 Dec 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Einigung-im-Haushaltsstreit/!5976249
 (DIR) [2] /Ausgleich-im-Stromnetz/!5977434
 (DIR) [3] /Finanzpolitik-der-Ampel-Koalition/!5971146
 (DIR) [4] /Klimageld-fuer-soziale-Gerechtigkeit/!5959656
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Hannes Koch
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Haushaltsstreit
 (DIR) Haushaltsdebatte
 (DIR) Ampel-Koalition
 (DIR) Das Milliardenloch
 (DIR) Sparmaßnahmen
 (DIR) Bundesregierung
 (DIR) Haushalt
 (DIR) Podcast „klima update°“
 (DIR) Schwerpunkt Klimawandel
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Die Haushaltseinigung und ihre Folgen: Steilvorlage für die AfD
       
       Das Ende des Haushaltsstreits mag die Ampel-Koalition kurzfristig
       stabilisieren. Doch die Populisten im Osten reiben sich jetzt schon die
       Hände.
       
 (DIR) Einigung im Haushaltsstreit: Eine Rettung mit unbekanntem Preis
       
       Die Regierung einigt sich beim Haushalt, doch viele Details sind unklar. Wo
       wird konkret gekürzt? Klar ist nur: Für Bürger*innen wird es teurer.
       
 (DIR) Podcast „klima update°“: Die Klima-News der Woche
       
       Wie läuft die Klimakonferenz im Ölland? Was bringt die neue
       Klimaaußenpolitik-Strategie der Regierung? Kippt das Klima schon?
       
 (DIR) Andreas Jung (CDU) über Klimapolitik: „Die Ampel hat eine Chance vertan“
       
       Andreas Jung, stellvertretender CDU-Bundesvorsitzender, findet die
       Klimapolitik der Ampel zu wenig sozial. Und sagt, was die CDU anders machen
       würde.