# taz.de -- Haushaltskrise der Ampelregierung: „Sonst eskaliert die Lage“
       
       > Wird die Haushaltskrise nicht schnell beendet, drohe eine Rezession, sagt
       > der Ökonom Marcel Fratzscher. Auch die EU ringt um eine Reform der
       > Schuldenbremse.
       
 (IMG) Bild: Nicht abstempeln, sondern gemeinsam Lösungen suchen
       
       BERLIN dpa |/reuters | Die Haushaltskrise muss aus Sicht von Ökonom Marcel
       Fratzscher schnellstmöglich beendet und ein Bundeshaushalt 2024
       verabschiedet werden. „Sonst eskaliert die Lage und könnte die deutsche
       Wirtschaft erneut in die Rezession treiben“, sagte der Präsident des
       Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung.
       
       „Das größte Problem heute, politisch wie wirtschaftlich, sind nicht
       Kürzungen von Ausgaben oder Subventionen, sondern ein so massiver
       Vertrauensverlust in die Handlungsfähigkeit der Politik, dass Unternehmen
       ihre Investitionen absagen oder ins Ausland verlagern“, sagte
       [1][Fratzscher]. „Stabilität und das Einlösen von Versprechen muss jetzt
       für die Bundesregierung oberste Priorität haben.“
       
       Fratzscher sprach sich für ein erneutes Aussetzen der Schuldenbremse aus,
       wie dies auch viele in der SPD und bei den Grünen wollen – die FDP ist
       allerdings bisher sehr skeptisch. „Die Erklärung einer Notlage für 2024 und
       das Einhalten aller Versprechen ist bei weitem der beste Weg, um noch
       größeren wirtschaftlichen Schaden abzuwenden“, sagte der Ökonom.
       
       Mittelfristig gebe es viele Einsparmöglichkeiten, primär bei Subventionen
       für fossile Energieträger von knapp 60 Milliarden Euro im Jahr, wie
       beispielsweise dem Privileg bei Diesel und Flugbenzin. „Zudem sollten auch
       Steuerprivilegien bei Erbschaften, Immobilien und der Mehrwertsteuer
       abgebaut werden.“
       
       ## EU ringt um Reform von Schuldenregeln
       
       Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) und
       Finanzminister Christian Lindner (FDP) ringen seit Tagen darum, wie ein 17
       Milliarden Euro großes Loch im Etat für 2024 gestopft werden kann. Es
       entstand unter anderem durch das Haushaltsurteil des
       Bundesverfassungsgerichts.
       
       Die [2][SPD-Fraktionsspitze hält einen Bundestagsbeschluss über den
       Haushalt 2024] in diesem Jahr nicht mehr für möglich. Entsprechend äußerte
       sich die parlamentarische Geschäftsführerin der größten Koalitionsfraktion,
       Katja Mast, am Donnerstag in einer mit Fraktionschef Rolf Mützenich
       abgestimmten SMS an ihre Fraktion. Die europäischen Finanzminister ringen
       derweil noch vergeblich um eine [3][Reform der Schuldenregeln.] In der
       Nacht zu Freitag kam es zu keiner Einigung. Achtstündige Beratungen bei
       einem Abendessen im kleinen Kreis brachten EU-Vertretern zufolge keinen
       Durchbruch. Um drei Uhr am Freitagmorgen seien die Minister
       auseinandergegangen.
       
       Die spanische EU-Ratspräsidentschaft erwäge nun ein Sondertreffen der
       Finanzminister noch im Dezember, vermutlich kurz vor Weihnachten. Viele
       Regierungen wollten das Thema noch dieses Jahr mit einer politischen
       Verständigung abräumen, sagte ein Diplomat zu Reuters.
       
       EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni sagte am Freitagmorgen, es müsse
       die richtige Balance gefunden werden zwischen der Möglichkeit, zu
       investieren und dem Abbau der Schuldenstände. „Wir haben einige
       Fortschritte erzielt.“ Man sei aber nicht fertig geworden. Eine
       Verständigung vor dem Jahresende sei aber weiter möglich. „Es ist eine
       Sache von Tagen.“
       
       Die bisherigen EU-Schuldenregeln, die als überholt und unrealistisch
       gelten, sind seit 2020 ausgesetzt – zunächst wegen der Corona-Pandemie,
       später wegen der Folgen des russischen Angriffs auf die Ukraine. Ab 2024
       sollen sie wieder greifen, weswegen eine Reform drängt. Erstmals zur
       Anwendung kämen die neuen Regeln aber erst in der zweiten Jahreshälfte
       2024, wenn die Budgetpläne für 2025 von Brüssel bewertet werden müssen.
       
       In den vergangenen Jahren sind die Schuldenstände in Europa sehr deutlich
       gestiegen. Eigentlich gilt in der EU eine Obergrenze beim Haushaltsdefizit
       von drei Prozent der jeweiligen Wirtschaftsleistung und 60 Prozent beim
       gesamten Schuldenstand. Gegen diese Vorgaben wurde in der Vergangenheit
       aber immer wieder verstoßen, ohne dass dies nennenswerte Konsequenzen
       gehabt hätte.
       
       8 Dec 2023
       
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