# taz.de -- Entscheid zur Bundestagswahl in Berlin: Wiederholung ist notwendig
       
       > Die Bundestagswahl in Berlin muss in rund einem Viertel der Wahlkreise
       > wiederholt werden. Das hat das Verfassungsgericht in Karlsruhe
       > entschieden.
       
 (IMG) Bild: Na herzlich willkommen: Hinweis auf ein Wahllokal bei der Bundestagswahl 2021 in Berlin
       
       KARLSRUHE dpa/rtr/afp/taz | Die Bundestagswahl 2021 in Berlin muss wegen
       zahlreicher Pannen teilweise wiederholt werden. Allerdings nicht in der
       gesamten Stadt, sondern nur in etwa einem Viertel der Berliner Wahlbezirke.
       Das hat [1][das Bundesverfassungsgericht am Dienstag in Karlsruhe
       entschieden]. Es ging damit über einen Beschluss des Bundestags hinaus, der
       bereits im November 2022 eine teilweise Wiederholung beschlossen hatte. Die
       Teilwiederholung muss nun innerhalb von 60 Tagen stattfinden.
       
       Die Wahl müsse in 455 der insgesamt 2.256 Wahlbezirken und den zugehörigen
       Briefwahlbezirken wiederholt werden, sagte die vorsitzende Richterin Doris
       König. Die Wiederholungswahl sei als Zweistimmenwahl durchzuführen, also
       mit Erst- und Zweitstimme. Eine Wahlprüfungsbeschwerde der Unionsfraktion
       im Bundestag war damit nur teilweise erfolgreich. (Az. 2 BvC 4/23)
       
       Die Wahlwiederholung soll am 11. Februar stattfinden. Das kündigte
       Landeswahlleiter Stephan Bröchler in Karlsruhe an. Es seien schon viele
       Planungen in Angriff genommen worden, die nun umgesetzt werden könnten.
       
       ## Ampel-Mehrheit gilt als nicht gefährdet
       
       Die Mehrheit der regierenden Ampelkoalition gilt als nicht gefährdet, da
       die Stimmen aus Berlin das Ergebnis nicht beeinflussen können. Anders sieht
       es für die Linke aus. Sie konnte bislang nur durch drei Direktmandate in
       den Bundestag einziehen, davon kamen zwei aus Berlin. Würde die Partei bei
       der Nachwahl auch nur ein Direktmandat verlieren, wäre sie nicht mehr im
       Bundestag vertreten. Denn die Linke hatte bei der Bundestagswahl keine 5
       Prozent der Zweitstimmen bekommen.
       
       Der [2][Wahltag war damals in vielen Berliner Wahllokalen chaotisch
       verlaufen]: Menschen mussten lange warten und Schlange stehen, Stimmzettel
       waren falsch oder fehlten ganz. Vorübergehend mussten Wahllokale schließen
       oder blieben bis weit nach 18.00 Uhr geöffnet. An dem Tag war neben der
       Bundestagswahl auch die Berliner Abgeordnetenhauswahl und [3][der
       Volksentscheid „Deutsche Wohnen und Co enteignen“] durchgeführt worden.
       
       Zudem hatte der am gleichen Tag abgehaltene Berlin-Marathon zu zahlreichen
       Straßensperren geführt, was das Erreichen der Wahllokale erschwert hatte.
       
       Beim Bundestag wurden 1.713 Einsprüche gegen die Bundestagswahl im Land
       Berlin erhoben, darunter auch einer des Bundeswahlleiters. Das seien rund
       achtmal so viele Einsprüche wie bei früheren Wahlen, hatte Richter Peter
       Müller bei der Verhandlung im Juli gesagt. Eine „bisher nicht gekannte
       Zahl“. Die Wahlfehler könnten dazu geführt haben, dass Menschen nicht von
       ihrem Wahlrecht Gebrauch gemacht hätten.
       
       Im November 2022 beschloss der Bundestag mit den Stimmen der
       Ampel-Fraktionen SPD, Grüne und FDP, dass die Wahl teilweise wiederholt
       wird. Betroffen wären demzufolge 327 der 2.256 Wahlbezirke der Hauptstadt
       sowie 104 der 1.507 Briefwahlbezirke gewesen.
       
       Aus Sicht der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag war der Beschluss aber
       rechtswidrig, unter anderem weil der Bundestag die Wahl in sechs vom
       Bundeswahlleiter angefochtenen Wahlkreisen nicht insgesamt für ungültig
       erklärt habe. Aus Sicht der Unionsfraktion müsste die Wahl folglich in mehr
       Wahlbezirken wiederholt werden.
       
       Der letztmögliche Tag für eine Wiederholungswahl wäre der 11. Februar,
       hatte der Berliner Landeswahlleiter Stephan Bröchler erklärt. Schon seit
       dem Sommer würden aber generell die Voraussetzungen für einen neuen
       Urnengang geschaffen. „Landeswahlleitung und Bezirke sind vorbereitet.“
       
       Bei der Verhandlung hatte Bröchler darauf hingewiesen, dass eine Wahl in
       der Adventszeit oder rund um Weihnachten und Neujahr ungünstig wäre, weil
       es dann etwa an Wahlhelfern fehlen könnte. Die vorsitzende Richterin Doris
       König antwortete, der Senat werde versuchen, das beim Grundsatz der
       Beschleunigung des Verfahrens zu berücksichtigen.
       
       ## Langes Prüfverfahren
       
       Dass überhaupt schon so viel Zeit vergangen ist, hatte Richter Müller mit
       dem zweistufigen Prüfverfahren erklärt: Zunächst ist das Sache des
       Bundestags, erst später des Verfassungsgerichts. Auch wegen der hohen Zahl
       an Einsprüchen sei selbst bei größtmöglicher Beschleunigung kein früherer
       Zeitpunkt möglich gewesen, sagte Müller.
       
       Wegen der Pannen am 26. September 2021 hatte der Berliner
       Verfassungsgerichtshof die Wahl zum Abgeordnetenhaus wegen „schwerer
       systemischer Mängel“ und zahlreicher Wahlfehler für ungültig erklärt.
       [4][Diese Wahl wurde am 12. Februar 2023 komplett wiederholt] – mit dem
       Ergebnis, dass eine schwarz-rote Koalition das Dreierbündnis von SPD,
       Grünen und Linken ablöste, das seit 2016 regiert hatte.
       
       19 Dec 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2023/bvg23-119.html
 (DIR) [2] /Bundestagswahl/!5978606
 (DIR) [3] /Enteignungsvolksentscheid-in-Berlin/!5803784
 (DIR) [4] /Schwerpunkt-Wahlen-in-Berlin/!t5106764
       
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