# taz.de -- Forscherin über höhere SUV-Parkgebühren: „Die Zulassungszahlen steigen“
       
       > Deutsche Kommunen haben es aus rechtlichen Gründen schwer, Parken zu
       > verteuern. Doch es gibt Spielraum, sagt Expertin Anke Borcherding.
       
 (IMG) Bild: Große schwere Autos nehmen viel Platz des öffentlichen Raums ein
       
       taz: Frau Borcherding, was bringt es, Parkgebühren für SUVs zu erhöhen? 
       
       Anke Borcherding: Wenn jemand sehr viel öffentlichen Raum zum Parken seines
       privaten SUV in Anspruch nehmen will, das Parken aber teurer ist, bringt
       das der Kommune höhere Einnahmen. Langfristig ist dann mehr Geld da – also
       dafür, den öffentlichen Raum anders zu nutzen als fürs Parken. Höhere
       Parkgebühren allein werden aber nicht das Problem lösen, [1][dass es zu
       viele Fahrzeuge gibt].
       
       Warum sind parkende Autos im öffentlichen Raum ein Problem? 
       
       Der öffentliche Raum in Städten ist sehr begrenzt. Durch das Parken
       verschwenden wir diesen Raum letztendlich sinnlos, im großen Stil. Wir
       verderben unsere städtische Umwelt. Fahrzeuge stehen im Schnitt 23 Stunden
       am Tag nur rum.
       
       Wie könnten wir den Raum besser nutzen? 
       
       In Zeiten der Klimakrise könnten wir vor allem Flächen entsiegeln. Man kann
       Bäume pflanzen oder Beete anlegen. Es könnten Radwege auf Straßen
       entstehen, die jetzt von Autos zugeparkt werden. Eine gemeinschaftliche,
       klimaschonende Nutzung ist allemal besser als eine versiegelte Fläche mit
       schweren, sinnlosen Fahrzeugen.
       
       Wie sinnvoll ist es, vor allem SUVs an den Kragen zu gehen? 
       
       Große und schwere Fahrzeuge mit hohem Kraftstoffverbrauch fressen alle
       Fortschritte auf, die die Autoindustrie erzielt, wenn sie es schafft, etwas
       weniger klimaschädliche Fahrzeuge zu bauen. Deshalb hat sich die
       Umweltbilanz im Verkehr noch nicht gebessert. Bei den Fahrzeugen
       anzusetzen, die das größte Problem darstellen, den meisten Platz
       verbrauchen und die Umwelt so stark belasten, macht auf jeden Fall Sinn.
       Und: Die Zulassungszahlen dieser Autos steigen die ganze Zeit, dadurch wird
       der öffentliche Raum noch stärker umkämpft.
       
       In Deutschland gibt es Städte, die Parken teurer machen wollten und damit
       gescheitert sind. Frankfurt am Main hat im vergangenen Jahr geprüft, ob
       besonders schwere Autos mehr zahlen könnten. Das war wegen rechtlicher
       Bedenken schnell wieder vom Tisch. [2][Freiburg ist vor dem
       Bundesverwaltungsgericht mit einer sozialen Staffelung der Parkgebühren
       gescheitert.] Wie ist die rechtliche Lage in Deutschland? 
       
       Der Autoverkehr genießt in Deutschland durch die Straßenverkehrsordnung
       einen rechtlichen Vorrang. Wenn eine Kommune auf Grundlage der
       Straßenverkehrsordnung etwas ändern möchte, muss sie nachweisen, dass dort
       eine Gefahr besteht und es zum Beispiel Unfälle mit Personenschäden gab.
       Das grenzt die Handlungsspielräume für die Kommunen extrem ein. Nach dem
       Vorstoß in Freiburg hat das Gericht nicht geurteilt, dass die Parkgebühren
       insgesamt nicht erhöht werden dürfen. Sondern dass die Stadt das falsche
       rechtliche Instrument gewählt hat. Sie hätte eine Satzung erlassen müssen.
       Für die Kommunen ist das tatsächlich eine Heidenarbeit. Wenn sie etwas
       anderes durchsetzen wollen als Autostraßen und Parkplätze, müssen sie sich
       juristisch sehr gut beraten lassen. Sie haben immer Angst, dass eine
       Bürgerin klagt, vor Gericht recht bekommt und dann die ganze Arbeit umsonst
       war. Davor schrecken viele Kommunen zurück. Wenn eine Gemeinde aber
       politisch und personell gut aufgestellt ist und, wie die Bürgermeisterin in
       Paris, etwas verändern möchte, gibt es schon Spielraum.
       
       Der grüne Oberbürgermeister in Hannover, Belit Onay, liebäugelt zum
       Beispiel auch mit höheren Preisen fürs Parken von SUVs. Braucht es nur
       genug Motivation seitens der Politiker:innen? 
       
       Das ist die Voraussetzung. Die Privilegien der Autofahrenden anzuknabbern
       ist immer ein politischer Kraftakt und mit extrem viel Gegenwind verbunden.
       
       Wie könnte eine Reform auf Bundesebene aussehen, die den Kommunen rechtlich
       mehr Spielraum geben würde? 
       
       Die [3][geplante Reform der Straßenverkehrsordnung] hat der Bundesrat im
       vergangenen November leider kassiert. Mit ihr hätte es mehr Möglichkeiten
       gegeben. Wir hängen immer noch an dem Bild der autogerechten Stadt, obwohl
       wir eine umweltgerechte Stadt brauchen. Das Scheitern der Novelle zeigt,
       wie schwierig das ist. Aber auch im bestehenden rechtlichen Rahmen haben
       Kommunen Möglichkeiten.
       
       Zum Beispiel? 
       
       Die Regeln für die Parkraumbewirtschaftung erlauben Kommunen eigentlich,
       allgemein viel höhere Parkgebühren zu nehmen. In Berlin fehlt dafür bisher
       jedoch die Voraussetzung. Es gibt aber weitere Möglichkeiten: So hat der
       Bezirk Berlin-Mitte gerade aus einer Straße eine Schulstraße gemacht. Dafür
       mussten Parkplätze wegfallen. Anwohnende wollten den Abbau der Parkplätze
       nicht hinnehmen und haben geklagt. Dann wurde aber richterlich bescheinigt,
       dass es keinen Anspruch auf Parkplätze im öffentlichen Raum gibt. Der
       Bezirk hat die Pläne für die Schulstraße im Amtsblatt veröffentlicht, dann
       musste er eine Widerspruchsfrist abwarten. Wenn man dieses Verfahren
       überstanden hat, ist man rechtssicher. Das ist organisatorisch aufwendig,
       aber eine Möglichkeit, Dinge zu verändern.
       
       5 Feb 2024
       
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