# taz.de -- Hebammen Versorgung Deutschland: Prekäre Geburt
       
       > Jede Frau hat Anspruch auf eine Hebamme. Doch vielen Müttern fehlt eine
       > Betreuung. Woran liegt das? Unterwegs mit einer Geburtsthelferin.
       
       MABERLIN taz | Wäh, Wääääh!“ Schon an der Gegensprechanlage hören wir
       Baby-Geschrei. Doch angekommen im sechsten Stock, ist die vier Wochen alte
       Sophie ganz still. Sie liegt im Arm ihrer Mutter Ellenor und nuckelt gierig
       an einem Fläschchen Milch. Immer wieder hört man sie leise schmatzen. Ihre
       kleinen Hände klammern sich um den Zeigefinger ihrer Mutter. Hebamme
       Marie-Luise Hartmann kniet sich auf den Boden im Wohnzimmer der jungen
       Familie. Direkt vor der Couch, auf der Ellenor Forck* und ihre Tochter
       sitzen. Ganz nah ist sie an den beiden dran und beobachtet, wie Sophie*
       trinkt. „Und wie geht’s dir und der kleinen Sophie?“, fragt sie.
       
       Marie-Luise ist heute das 14. Mal bei Ellenor Forck seit Sophies Geburt.
       Trotzdem hat die junge Mutter noch viele Fragen. Sie sprechen darüber, wie
       weit Sophie ihren Kopf drehen kann, Probleme bei der Verdauung, eine
       Pustel an Sophies Po oder eine kahle Stelle auf ihrem Kopf. Marie-Luise
       kniet die ganze Zeit vor den beiden, hört sich Ellenors Fragen an und gibt
       Ratschläge. Über eine halbe Stunde vergeht so.
       
       „Ich hätte das allein nie geschafft“, sagt Ellenor Forck. Wenn man ein
       Neugeborenes versorgt, stellen sich einem viele Fragen, die einen als
       Eltern erst einmal überfordern können. Vom Stillen über die Babypflege bis
       hin zur Gesundheit des Kindes. Dazu kommen Fragen zu den Folgen der Geburt
       für den eigenen Körper. Dass Marie-Luise ihr all diese Fragen beantworten
       kann, sie berät und auch mal tröstet, wenn etwas nicht funktioniert oder
       man sich von allem überfordert fühlt, gebe Ellenor Forck Sicherheit.
       
       Ellenor Forck ist zweifache Mutter. Sophies ältere Schwester Marie ist drei
       Jahre alt. Vor ihrer Geburt suchte Ellenor lange nach einer Hebamme, die
       sie betreut. Erst vier Wochen vor der Geburt wurde sie fündig. So geht es
       vielen werdenden Müttern in Deutschland. Zwar ist die Zahl freiberuflicher
       Hebammen in den vergangenen Jahren leicht gestiegen. Im Jahr 2023 waren es
       laut dem [1][Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen] (GKV) 18.652.
       Drei Jahre zuvor waren es noch über 500 weniger.
       
       Einen Fachkräftemangel an Hebammen scheint es in Deutschland demnach nicht
       zu geben. Dennoch wurden im Jahr 2023 über 40 Prozent von 570 befragten
       Müttern im Wochenbett nicht von einer Hebamme betreut. 2018 waren es laut
       dem Forschungsinstitut appinio nur halb so viele. Dabei hat jede Frau
       während der Schwangerschaft, der Geburt, dem Wochenbett und der Stillzeit
       Anspruch auf Hilfe durch eine Hebamme. Bis zu zwölf Wochen nach der Geburt.
       
       Dass es trotz der ausreichenden Anzahl an Hebammen in Deutschland einen
       Versorgungsmissstand gibt, liegt laut dem [2][Deutschen Hebammenverband]
       (DHV) daran, dass der Großteil der freiberuflichen Hebammen nur in Teilzeit
       oder auf Minijob-Basis arbeitet. Viele von ihnen sind zusätzlich in
       Kliniken oder Geburtshäusern angestellt. Ein Grund dafür sei die schlechte
       Bezahlung freiberuflicher Hebammen. Derzeit laufen Verhandlungen zwischen
       den Krankenkassen und Hebammenverbänden, um die Vergütung zu verbessern.
       Noch in diesem Jahr soll ein Ergebnis vorliegen.
       
       Auch Ellenor Forck wurde bereits zwei Tage nach Sophies Geburt entlassen.
       „Früher blieben Frauen in der Regel fünf bis sechs Tage nach der Geburt im
       Krankenhaus“, erklärt Marie-Luise Hartmann. Mit der Einführung der
       Fallpauschalen 2003 änderte sich das. Diese fasst Patienten in Kategorien
       mit pauschaler Vergütung für die Krankenhäuser zusammen. So verbringen
       Frauen mittlerweile – nach der Zeit im Kreißsaal – meist nur noch zwei Tage
       im Krankenhaus.
       
       Ellenor Forck hätte sich gewünscht, mit ihrem Neugeborenen länger bleiben
       zu können. Die Sicherheit, von Ärzten umgeben zu sein und sich erst mal
       nicht um den Haushalt kümmern zu müssen, hätten ihr die Erholung nach der
       Geburt erleichtert, meint sie. „Umso wichtiger ist die Betreuung durch
       Hebammen bei den Frauen zu Hause“, sagt Marie-Luise Hartmann und ergänzt:
       Der Umstand, dass Frauen immer später gebären und viele Frauen nur noch ein
       Kind bekommen, mache die Betreuung für Hebammen immer beratungs- und
       zeitintensiver. Denn mit zunehmendem Alter der Frau steigt auch das Risiko
       für Geburtsverletzungen, und Erstgebärenden fehle die Erfahrungen aus
       früheren Geburten.
       
       Sophie liegt mittlerweile in ihrer Wiege und schläft. Jetzt will sich
       Marie-Luise um Ellenor kümmern. Die zweifache Mutter hat beide Kinder per
       Kaiserschnitt geboren. Doch viele Frauen unterschätzten einen solchen
       Eingriff, meint Marie-Luise Hartmann. Denn er erhöhe das Risiko für
       Geburtsverletzungen bei folgenden Geburten und könne zu ernsthaften
       Verletzungen an umliegenden Organen führen. Bis zu anderthalb Jahre dauere
       es, bis das Narbengewebe verheilt und der untere Teil des Bauches nicht
       mehr taub sei.
       
       Mit dem Rücken auf ihrem Bett liegend zeigt Ellenor Forck Marie-Luise ihre
       Narbe. Der tiefe Schnitt am unteren Ende ihres Bauches ist auch vier Wochen
       nach der Geburt noch deutlich zu erkennen. Die Hebamme tastet vorsichtig
       Ellenors Narbe und ihren Bauch ab. So kontrolliert sie, wie weit sich
       Ellenors Gebärmutter bereits zurückgebildet hat. Aus ihrer Tasche holt
       Marie-Luise Hartmann ein kleines Fläschchen. Sie lässt Ellenor daran
       riechen. Das Öl hat einen beißenden Geruch. Doch Ellenor scheint diesen
       kaum wahrzunehmen.
       
       Langsam beginnt die Hebamme damit, Ellenors Narbe in kreisenden Bewegungen
       zu massieren. Ellenor verzieht das Gesicht. Auch wenn dieser Teil ihres
       Bauches taub ist, fühlt sich die Massage unangenehm an. Aber solche
       Massagen sind wichtig, um die Heilung der Narbe zu beschleunigen und
       mögliche Komplikationen zu erkennen, erklärt Marie-Luise Hartmann. Nach
       über einer Stunde verabschiedet sich die junge Hebamme bei Ellenor Forck.
       Die beiden haben ein vertrautes Verhältnis und tauschen bei der
       Verabschiedung noch schnell ein paar Backrezepte aus.
       
       Ellenor ist erleichtert, [3][eine Hebamme zu haben], die sich für ihre
       Probleme Zeit nimmt. Die Hebamme, die sie nach der Geburt ihres ersten
       Kindes betreut hatte, sei selten und meist nur zwanzig Minuten bei ihr
       gewesen. Da habe die Zeit gerade so gereicht, um die dringendsten Fragen zu
       klären, erzählt Ellenor Forck. Über eine Stunde war Marie-Luise Hartmann
       jetzt bei Ellenor und Sophie. Abrechnen kann sie dafür 38,46 Euro. Klingt
       erst mal nach einem soliden Stundenlohn.
       
       Doch Marie-Luise rechnet vor, wie viel davon netto bei ihr ankommt. Wenn
       sie die Zeit, die sie für Anfahrt, Terminvereinbarung oder Buchhaltung
       benötigt, mitberechnet, kommt sie noch auf 26,92 Euro. Zieht sie die Kosten
       für Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung, Einkommensteuer und sonstige
       Kosten, wie das Öl, mit dem sie Ellenors Narbe massiert hat, ab, bleiben
       gerade einmal 9,91 Euro übrig. Das ist deutlich unter Mindestlohn – der bei
       12,41 Euro liegt. Bei den ersten Besuchen nach der Geburt sei sie meist
       sogar über zwei Stunden bei den Familien, erzählt Marie-Luise Hartmann.
       Denn nach der Entlassung aus dem Krankenhaus sind die Eltern erstmals auf
       sich allein gestellt und haben entsprechend viele Fragen.
       
       Für diesen ersten Besuch im Wochenbett kann sie zwar einen Aufschlag von
       7,87 Euro abrechnen, doch das Problem bleibt: Wochenbettbesuche werden
       pauschal vergütet. Egal, ob die Hebamme zwanzig Minuten oder zwei Stunden
       bei der Familie ist. Die Bezahlung bleibt gleich. Marie-Luise gibt an, in
       der Regel über eine Stunde für einen Wochenbettbesuch zu brauchen. Auch der
       [4][Bund freiberuflicher Hebammen Deutschlands] (Bfhd) bestätigt, dass ihre
       Mitglieder im Schnitt 65 Minuten für einen Hausbesuch benötigen.
       
       Ein Brutto-Stundenlohn von 9,91 Euro für über eine Stunde Arbeit ist für
       freiberufliche Hebammen also keine Ausnahme. „Natürlich hört man da
       irgendwann eine innere Uhr ticken, die einem sagt, wie wenig man in der
       Zeit hier verdient“, gibt Marie-Luise Hartmann zu. Dennoch bleibe sie so
       lange bei den Familien, wie diese sie brauchen. „Es ist nicht fair, wenn
       die Familien am Ende darunter leiden, dass ich zu wenig verdiene“,
       kritisiert die Hebamme.
       
       Falls man mal nicht arbeitet – sei es aus Krankheit oder weil man Urlaub
       macht – verdient man auch nichts. Deshalb gibt Marie-Luise neben ihrer
       Tätigkeit als Vollzeithebamme zusätzlich Kurse für Babypflege und Yoga für
       Schwangere oder mit Kind. Marie-Luise Hartmann schwingt sich aufs Fahrrad
       und macht sich auf den Weg zu einem nächsten Hausbesuch. Ihre braune
       Ledertasche mit der Babywaage und anderen Hilfsmitteln hat sie vorne auf
       einem Korb festgeschnallt. Bis zur nächsten Familie sind es zwanzig Minuten
       Fahrt. „Die kleine Stella hat Gelbsucht“, erklärt Marie-Luise Hartmann auf
       dem Weg. Das ist gar nicht so selten bei Neugeborenen und zunächst einmal
       harmlos. Wird die Gelbsucht aber nicht erkannt und von einer Fachperson –
       wie einer Hebamme – beobachtet, kann das zu schweren Hirnblutungen führen,
       die den Tod des Kindes zur Folge haben können.
       
       Stella liegt auf der Wickelkommode im Wohnzimmer ihrer Familie. Ihr Vater
       zieht sie gerade aus. Denn Marie-Luise möchte sie wiegen. So kann sie bei
       jedem Termin überprüfen, ob Stella zunimmt und entsprechend ihre Ernährung
       anpassen. 3.580 Gramm. Das ist gut. Stella hat ordentlich zugenommen. Ihre
       Eltern schauen sich erleichtert an. Die Sorgen um ihr Kind scheinen fürs
       Erste vergessen und die angespannten Gesichtszüge weichen einem kleinen
       Lächeln.
       
       Denn Neugeborene mit Gelbsucht sind oft sehr schwach. Umso wichtiger ist
       es, dass sie ausreichend Milch zu sich nehmen. Deshalb muss Stella zunächst
       mit Fläschchen ernährt werden. Erst nach und nach kann über einen Schlauch
       abgepumpte Muttermilch beim Füttern zugeführt werden. Doch auch beim
       Abpumpen der Muttermilch ist es wichtig, dass eine Hebamme immer wieder
       einen Blick auf den Prozess hat, meint Marie-Luise Hartmann. „Sonst pumpen
       sich Frauen schnell in einen Milchstau“, erklärt sie. Denn durch das
       Abpumpen wird die Milchproduktion angeregt.
       
       ## Frisch gewordene Eltern unterstützen
       
       Wenn die überproduzierte Milch nicht richtig abfließen kann, sorgt dies für
       eine schmerzhaften Milchstau in der Brust. Die Hebamme achtet darauf, dass
       Anastasia Kubitza nicht zu viel Milch abpumpt, und hilft ihr dabei, Stück
       für Stück zum Stillen überzugehen. Wieder kniet Hebamme Marie-Luise
       Hartmann auf dem Boden. Denn auch bei diesem Besuch kümmert sie sich nicht
       nur um das Neugeborene, sondern auch um dessen Mutter Anastasia Kubitza.
       Die Hebamme zeigt ihr ein paar Übungen, die ihr helfen sollen, dass sich
       ihre Bauchmuskeln und ihr Beckenboden wieder mehr zusammenziehen. So soll
       beispielsweise Inkontinenz als Folge der Geburt vorgebeugt werden, erklärt
       Marie-Luise Hartmann.
       
       Marie-Luise und Anastasia sitzen auf dem Teppich im Wohnzimmer der Familie
       gegenüber. Die Hebamme macht ein paar Übungen vor. Auf allen Vieren spannt
       sie abwechselnd den Bauch an und entspannt diesen wieder. Setzt sich auf
       ihre Knie, richtet ihren Oberkörper auf und setzt sich wieder auf ihre
       Knie. „Und das zehnmal jeden Tag“, sagt sie zu Anastasia Kubitza. Die
       bemüht sich die Übungen nachzumachen. Immer wieder kommt sie aus dem
       Gleichgewicht und setzt sich erschöpft auf den Boden.
       
       Die ersten Wochen mit dem Neugeborenen scheinen sie merklich gerädert zu
       haben. „Stella ist unser erstes Kind, da ist man erst mal überfordert“,
       sagt ihr Vater Kolja Kubitza. Während der Schwangerschaft seiner Frau habe
       er viele Bücher und Onlineratgeber gelesen. Doch oft fehlten ihm
       Erklärungen und in dem Wirrwarr unterschiedlicher – teilweiser sogar
       gegensätzlicher – Informationen habe er sich schnell verloren. „Marie-Luise
       ist unsere einzige Quelle der Wahrheit“, sagt Kolja Kubitza. Auf ihren Rat
       hätte sich die Familie bislang immer verlassen können.
       
       „Eltern brauchen diese fachliche Unterstützung durch uns Hebammen“, sagt
       Marie Luise Hartmann. Zu wissen, was normal ist für den Entwicklungsstand
       des Kindes, welche Wehwehchen und Probleme nicht schlimm sind und welche
       gegebenenfalls doch, das könnten Eltern meist nicht allein leisten. Auch
       das Bundesgesundheitsministerium schreibt auf seiner Website: „Hebammen
       leisten einen unverzichtbaren Beitrag zur gesundheitlichen Versorgung und
       Begleitung von Frauen vom Beginn der Schwangerschaft bis zum Ende der
       Stillzeit, sowie von Neugeborenen und Säuglingen.“
       
       Kinder- und Frauenärzte könnten diesen Betreuungsbedarf von frisch
       gewordenen Eltern nicht auffangen. Oft fehle ihnen hierzu auch die
       fachliche Kompetenz, die Hebammen in einer zweijährigen Ausbildung oder
       einem dualen Studium erlernt haben. Doch diese Betreuung braucht Zeit. Auch
       bei Stella und ihren Eltern ist Marie-Luise über eine Stunde. Abrechnen
       kann sie wieder nur 38,46 Euro. Netto bleiben ihr davon 9,91 Euro.
       
       „Das ist einfach zu wenig“, kritisiert Marie-Luise Hartmann. Immer mehr
       freiberufliche Hebammen müssten ihre Selbstständigkeit bereits aufgeben.
       Denn in Kliniken und Geburtshäusern sei die Bezahlung besser und die
       finanzielle Belastung durch beispielsweise Haftpflichtversicherungen
       deutlich geringer. Deshalb hat die 31-Jährige zusammen mit anderen Hebammen
       die Initiative freiberuflicher Hebammen (IFH) gegründet.
       
       [5][In einer Petition] fordert sie eine angemessene Bezahlung ihrer
       Leistungen. Die Vergütung darf aus ihrer Sicht nicht wie bislang entlang
       von Pauschalen erfolgen, sondern muss sich an der Arbeitszeit der Hebammen
       orientieren. Mindestens 100 Euro pro abrechenbare Stunde, heißt es in der
       Petition. Diese hat mittlerweile über 52.000 Unterschriften. Damit will die
       Initiative Druck auf die laufenden Verhandlungen zum neuen
       Hebammenhilfevertrag ausüben, der auch die Vergütung freiberuflicher
       Hebammen regelt. Hebammenverbände und der Bund der gesetzlichen
       Krankenkassen – der GKV-Spitzenverband- verhandeln bereits seit Frühling
       2021.
       
       „Wir sind nicht die GDL“, sagt Ursula Jahn-Zöhrens vom Deutschen
       Hebammenverband (DHV). Denn im Gegensatz zu den Lokführern, die mit ihren
       Streiks das ganze Land lahmlegen können, müssen Hebammen sicherstellen,
       dass immer eine Notversorgung gewährleistet ist. Zum anderen ist der
       Hebammenhilfevertrag an Bestimmungen des gesamten Gesundheitswesens
       gebunden. „So können wir nicht den gleichen Druck auf unsere
       Verhandlungspartner ausüben“, erklärt die Beirätin für den Freiberuflichen
       Bereich des DHV.
       
       ## Stundenlohn statt pauschale Vergütung
       
       Doch warum sich die Verhandlungen zum neuen Hebammenhilfevertrag bereits
       seit 2021 hinziehen, hat einen anderen Grund. Denn bevor diese starten
       konnten, stritten die verschiedenen Hebammenverbände vor Gericht, wer an
       den Verhandlungen teilnehmen darf. Dieser Rechtsstreit zog sich über
       eineinhalb Jahre. Erst im Frühjahr 2023 konnten die Verhandlungen starten.
       Auf eine kleine Erhöhung der Vergütung von freiberuflichen Hebammen konnten
       sich die Hebammenverbände mit dem GKV-Spitzenverband vorläufig einigen.
       Seit dem ersten April sind die Pauschalen, die Hebammen für ihre Arbeit
       abrechnen können, um fünf Prozent gestiegen.
       
       „Eine ausreichende Erhöhung ist das nicht“, sagt die Vorsitzende des Bunds
       freiberuflicher Hebammen Deutschland (Bfhd), Ilona Strache, und ergänzt:
       „Es geht darum, uns freiberufliche Hebammen in der aktuellen Not etwas zu
       entlasten. Nicht mehr und nicht weniger.“ Trotzdem lobt sie den Schritt des
       GKV. Die laufenden Verhandlungen ernsthaft abschließen zu wollen, sei ein
       Signal, das es in dieser Form noch nie gegeben habe. Auch Jahn-Zöhrens
       sagt, die Erhöhung sei letztendlich zu wenig, nachdem Hebammen sowohl bei
       den Coronahilfen als auch bei den gestiegenen Energiekosten und Inflation
       weitestgehend nicht berücksichtigt wurden. Sie betont, die fünf Prozent
       mehr haben nichts mit den laufenden Verhandlungen zu tun. Der neue
       [6][Hebammenhilfevertrag] werde eine von Grund auf andere Struktur haben.
       
       „Die gesamten Grundpfeiler der Bezahlung freiberuflicher Hebammen werden
       neu verhandelt“, beschreibt es Jahn-Zöhrens. Erstmals soll die pauschale
       Vergütung freiberuflicher Hebammen durch einen Stundenlohn ersetzt werden.
       „Gute Hebammen-Hilfe braucht einfach Zeit“, sagt auch Ilona Strache. Eine
       pauschale Vergütung sei da der falsche Ansatz. Laut Stache gibt es bei der
       Höhe des Stundenlohns jedoch noch einen deutlichen Dissens zwischen der
       Seite der Krankenkassen und derjenigen der Hebammenverbände. Dazu, wie hoch
       dieser Stundenlohn aus ihrer Sicht liegen sollte, wollten sich alle
       Beteiligten nicht äußern.
       
       Der DHV setzt sich als klares Ziel, die Verhandlungen noch in diesem Jahr
       zu einem Abschluss zu bringen, so Jahn-Zöhrens. Auch aus Sicht des
       Netzwerks der Geburtshäuser ist ein Abschluss „in greifbarer Nähe und noch
       in diesem Jahr machbar.“ Der GVK-Spitzenverband will zwar nichts zu den
       laufenden Verhandlungen sagen, sprach jedoch davon, dass die Verhandlungen
       bereits „weit fortgeschritten“ seien. Neben einer Erhöhung der Vergütung
       erhofft sich Hebamme Marie-Luise Hartmann aber insbesondere, dass in
       Zukunft regelmäßig über die Bezahlung von freiberuflichen Hebammen
       verhandelt wird. Denn nur durch eine ausreichende Vergütung könne der
       Versorgungsmissstand in Deutschland reduziert werden.
       
       *Die Namen der Eltern und Neugeborenen wurden auf deren Wunsch geändert.
       
       5 May 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.gkv-spitzenverband.de/media/dokumente/krankenversicherung_1/ambulante_leistungen/hebammen/23-11-22_ZDF_Hebammen.pdf
 (DIR) [2] https://hebammenverband.de/
 (DIR) [3] /Hebammen-in-Deutschland/!5926866
 (DIR) [4] https://bfhd.de/
 (DIR) [5] https://www.openpetition.de/petition/online/faire-bezahlung-fuer-freiberufliche-hebammen-2
 (DIR) [6] https://www.gkv-spitzenverband.de/krankenversicherung/ambulante_leistungen/hebammen_geburtshaeuser/hebammenhilfevertrag/hebammenhilfevertrag.jsp
       
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