# taz.de -- Ursula von der Leyen: Immerhin nicht noch eine Krise
       
       > Was die EU gebrauchen könnte, wäre frischer Wind, Mut. Das ist mit Ursula
       > von der Leyen nicht zu machen. Immerhin kann der Apparat weiterlaufen.
       
 (IMG) Bild: Ursula von der leyen (CDU), amtierende Präsidentin der Europäischen Kommission
       
       Das Europäische Parlament hat gerade noch mal so die Kurve gekriegt. Bis
       zuletzt war es eine [1][Zitterpartie für Ursula von der Leyen]. Jetzt darf
       sie offiziell weitere fünf Jahre das Amt der EU-Kommissionspräsidentin
       innehaben. Nichts hätte die Europäische Union derzeit weniger gebrauchen
       können als eine weitere Krise. Denn davon gibt es derzeit etliche: der
       zermürbende russische Krieg gegen die Ukraine, der unaufhaltsame Rechtsruck
       in mehreren europäischen Staaten, desolate Haushaltslagen in den
       verschiedensten Ländern. Hinzu kommen die irritierenden Störfeuer aus
       einzelnen Mitgliedstaaten. Wie zuletzt aus Ungarn, als der ungarische
       Regierungschef Viktor Orbán sich als „Friedensmissionar“ aufspielte und
       ohne EU-Mandat, aber wohl in der Funktion der ungarischen
       EU-Ratspräsidentschaft auf Tour in Russland, China und in den USA ging.
       
       Diese Provokation versuchte nichts weniger, als die Errungenschaften der
       Europäischen Union zu untergraben und angesichts der globalen Schieflagen
       die Staatengemeinschaft zu destabilisieren. Mit von der Leyen folgt nun ein
       Hauch von Stabilität. Ein Hauch deshalb, weil die CDU-Politikerin gewaltige
       Aufgaben vor sich hat. Sie muss vor allem die Reihen schließen in Europa –
       und es wappnen gegen eine mögliche US-Administration unter Donald Trump.
       
       Mit ihm dürften mehr als Störfeuer für Europa folgen. Die Konsequenzen für
       die transatlantischen Verbindungen sind derzeit noch nicht abzuschätzen.
       Aber sie dürften heftig werden. Von der Leyen kennt das internationale
       Parkett und die Tücken, die sich auftun können.
       
       ## Solidarität in Europa bröckelt
       
       Innereuropäisch muss sie beweisen, dass sie einen klaren Abgrenzungskurs
       gegen rechtsextreme Tendenzen fährt. Ihr Kuschelkurs mit der
       postfaschistischen italienischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni im
       Vorfeld der Europawahlen brachte [2][von der Leyen mächtig Kritik ein]. Für
       die besondere Freundschaft der beiden machtbewussten Frauen wurden höchst
       umstrittene Migrationsdeals geschnürt – zulasten der europäischen Werte und
       zugunsten politischer Mehrheiten. Zudem braucht es weiterhin einen klaren
       Kurs gegen den russischen Aggressor Putin. Auch hier bröckelt die
       Solidarität in Europa. Von der Leyens Idee von einem EU-Kommissar für
       Verteidigung wird noch für heftige Debatten sorgen, aber ist ein erstes
       politisches Signal für einen nachhaltigen Pro-Ukraine-Kurs.
       
       Was die EU eigentlich gebrauchen könnte, wäre frischer Wind und Mut für
       rigorose Maßnahmen im Kampf gegen die Klimakrise, gegen globale Pandemien,
       für einen gerechten sozialen Ausgleich, für nachhaltige
       Friedensinitiativen. Aber das ist mit Ursula von der Leyen nicht zu machen.
       Freudensprünge wird kaum einer machen bei dieser Personalie. Aber sie ist
       derzeit der bestmögliche Kompromiss, um den EU-Apparat zusammenzuhalten.
       
       18 Jul 2024
       
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