# taz.de -- Offener Brief von Professor*innen: Gegen Judenhass und Israel-Boykott
       
       > Zahlreiche Dozierende sprechen sich gegen Antisemitismus an Unis aus.
       > Auch eine kürzlich geschasste Bildungs-Staatssekretärin hat
       > unterschrieben.
       
 (IMG) Bild: Spricht sich gegen Antisemitismus an Unis aus: Prof. Dr. Sabine Döring
       
       BERLIN taz | Zahlreiche deutsche Professor*innen sprechen sich in einem
       [1][offenen Brief] gegen Antisemitismus und die Forderung aus, israelische
       Unis und Forschungseinrichtungen zu boykottieren. Unterzeichnet haben den
       Aufruf etwa der Soziologe Armin Nassehi, der Politikwissenschaftler Carlo
       Masala, aber auch die kürzlich als Staatssekretärin im Bildungsministerium
       [2][geschasste Philosophieprofessorin Sabine Döring]. Hintergrund sind
       propalästinensische Demos und antisemitische Vorfälle an den Unis seit dem
       Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober und dem anschließenden Beginn
       des Gaza-Krieges.
       
       In dem offenen Brief heißt es zu Boykottforderungen gegen Israel, man lehne
       solche „Formen der Ausgrenzung“ klar ab und setze sich „weiterhin für die
       Zusammenarbeit mit Kolleginnen und Kollegen an israelischen Universitäten
       oder Forschenden mit israelischer Staatsangehörigkeit ein.“
       
       Unter anderem die umstrittene Bewegung „Boycott, Divestment and Sanctions“
       (BDS) fordert, Israel zu isolieren. Obwohl BDS immer wieder auch des
       Antisemitismus verdächtigt wird, haben zahlreiche Universitäten im
       europäischen Ausland mittlerweile ihre Verbindungen nach Israel gekappt. An
       US- und deutschen Unis konnte BDS dagegen bisher kaum Erfolge erringen.
       
       Die Professor*innen erklären in ihrem offenen Brief außerdem, „alles in
       unserer Macht Stehende“ dafür tun zu wollen, dass Juden*Jüdinnen
       „unversehrt und sicher an unseren Einrichtungen studieren und arbeiten
       können“. Antisemitismus gehöre an den Unis und Hochschulen „geächtet und
       geahndet“.
       
       Bisher ist das Gegenteil der Fall: Jüdische Studierende berichten von einem
       Klima der Angst und der Ausgrenzung an den Unis, immer wieder kommt es auch
       zu Gewalt gegen Juden*Jüdinnen. Im Februar griff etwa ein
       propalästinensischer Student der Freien Universität Berlin einen jüdischen
       Kommilitonen an und verprügelte ihn so heftig, [3][dass dieser mit mehreren
       Brüchen ins Krankenhaus musste.]
       
       Die Professor*innen verurteilen in ihrem offenen Brief aber neben
       Antisemitismus auch „jegliche Form von Gewalt und Verwüstungen in
       Universitätsgebäuden aufs Schärfste.“ Damit zielen die Professor*innen
       wohl auf die [4][propalästinensische Demos, Protestcamps und Besetzungen
       von Uni-Gebäuden], um die es seit dem Frühjahr immer wieder Streit gibt.
       
       Kritiker*innen verweisen darauf, dass bei den Protesten oft
       antisemitische Parolen zu hören sind, Israel werde zudem das Existenzrecht
       abgesprochen und Juden*Jüdinnen würden bedroht. Befürworter*innen
       argumentieren dagegen mit Meinungs- und Versammlungsfreiheit sowie der
       besonderen Bedeutung von Universitäten als Orten der öffentlichen
       Diskussion.
       
       Interessant ist nicht nur, dass dieses Thema im offenen Brief lediglich
       indirekt angesprochen wird, sondern auch, dass mit Sabine Döring eine
       Person unterschrieben hat, die bis vor kurzem politisch damit befasst war.
       Als Staatssekretärin unter Ministerin Bettina Stark-Watzinger ließ sie
       prüfen, ob Dozierenden Fördergelder gestrichen werden können, weil sie sich
       für einen nachsichtigeren Umgang mit propalästinensischen Studierenden
       ausgesprochen hatten. Die Veröffentlichung des Mailverkehrs zu dem
       Prüfantrag sorgte im Mai für einen Skandal. Stark-Watzinger versetzte
       Döring daraufhin in den einstweiligen Ruhestand.
       
       Aktualisiert und ergänzt am 02.07.2024. 16:35 Uhr. d. R.
       
       2 Jul 2024
       
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