# taz.de -- Gegen Antisemitismus bei Islamkonferenz: Faeser fordert Aufschrei
       
       > Die Innenministerin will von Islam-Verbänden Klarheit gegen
       > Antisemitismus. Zugleich wurde bei der Islamkonferenz mehr
       > Muslimfeindlichkeit beklagt.
       
 (IMG) Bild: Fachtagung zur Islamkonferenz: Viel Frontalunterricht, wenig Dialog
       
       BERLIN taz | Es reiche nicht, eine Synagoge zu besuchen und sich dort gegen
       Terror und Antisemitismus auszusprechen, sagte Nancy Faeser (SPD). [1][Man
       müsse dies auch in den Moscheegemeinden und auf den Social-Media-Kanälen
       tun], richtete die Bundesinnenministerin an die großen Islam-Verbände. Es
       gebe zwar bereits Muslime und Moscheegemeinden, die sich gegen
       Antisemitismus engagierten. Deren Stimmen müssten aber lauter werden, so
       Faeser.
       
       Faeser sprach am Dienstag zum Auftakt einer Fachtagung im Rahmen der
       Islamkonferenz, zu der Wissenschaftler, Politiker und Vertreter von
       islamischen Verbänden ins Bundesinnenministerium geladen waren.
       Ursprünglich sollte sich die Tagung dem [2][Thema „Muslimfeindlichkeit“
       widmen], dazu hatte ein von der Bundesregierung eingesetzter Expertenkreis
       im Sommer einen ausführlichen Bericht vorgelegt. Unter dem Eindruck der
       aktuellen Ereignisse wurde die Tagung aber kurzerhand um das Thema
       Antisemitismus erweitert, bis es am Ende das Programm dominierte.
       
       Auf den Podien am Dienstag sprachen Vertreter der Regierung, von
       Wissenschaft und Sicherheitsbehörden, während Vertreter muslimischer
       Gemeinden lediglich im Publikum saßen und lauschten. Es hatte eine gewisse
       Anmutung von Frontalunterricht. Faeser warnte in ihrer Rede davor, den
       Kampf gegen Antisemitismus zu missbrauchen, um Hass gegen Muslime zu
       schüren.
       
       „Wer jetzt Stimmung gegen Muslime macht unter dem Vorwand der Bekämpfung
       von Antisemitismus, der will uns spalten und nicht einen“, betonte sie.
       Zugleich müsse man anerkennen, „dass wir ein Problem mit Antisemitismus
       haben, der auch von Muslimen ausgeht“.
       
       ## Faeser: Es darf keinen Generalverdacht geben
       
       Mit Blick auf die Razzien gegen das Islamische Zentrum in Hamburg und
       weitere Einrichtungen in der vergangenen Woche betonte die Innenministerin,
       der Staat und seine Behörden handelten „nicht gegen eine Religion“, sondern
       „gegen islamistische Extremisten“. [3][Es dürfe keinen Generalverdacht
       geben.]
       
       [4][Ex-Bundespräsident Christian Wulff] kritisierte in seinem Grußwort zur
       Fachtagung den Chef der türkischen Religionsbehörde Ali Erbas in Ankara,
       der Israel in einer Predigt als einen „rostigen Dolch“ im Herzen der
       muslimischen Welt bezeichnet hatte – auf dieses Niveau dürfe man nicht
       fallen, sagte Wulff. Er begrüßte die Stellungnahme der Türkischen Gemeinde,
       die den Terror der Hamas klar verurteilt habe. Und er warnte vor einem
       Anstieg an antisemitischen und antimuslimischen Anfeindungen seit dem 7.
       Oktober. „Ich selbst bekomme seitdem wieder mehr Hassmails“, berichtete er.
       
       „Ein bisschen lehrmeisterlich“ seien die Grußworte gewesen, sagte die
       Islamwissenschaftlerin Riem Spielhaus aus Göttingen anschließend auf einem
       der Podien. Sie wünsche sich mehr Mitgefühl, und dass Menschen mehr
       zugehört werde. Von einem „Empathie-Gap“ sprach auch ihr Kollege Mathias
       Rohe, Jurist und Islamwissenschaftler aus Erlangen – das würden nicht nur
       viele Muslime, sondern auch viele Jüdinnen und Juden so empfinden.
       
       Eine Mitarbeiterin der Türkischen Gemeinde, die sich aus dem Publikum zu
       Wort meldete, gab außerdem zu bedenken, dass ihnen die frühe und klare
       Positionierung nichts genützt habe: Ihr Verband wäre trotzdem zum Ziel
       antimuslimischer Anfeindungen geworden. „Terror ist Terror und darf nicht
       gerechtfertigt werden“, sagte Burhan Kesici, Vorsitzender des Islamrats, am
       Rande der Tagung zur taz. Sein Verband habe sich dazu klar geäußert. Man
       könne aber auch nicht so tun, als habe der Nahost-Konflikt erst am 7.
       Oktober begonnen. Er habe den Eindruck, das werde nicht so gerne gehört.
       
       ## Ditib: Moscheegemeinden sensibilisiert
       
       Noch schärfer kommentierte Eyüp Kalyon, der Generalsekretär des
       Ditib-Bundesverbands, Faesers Forderungen gegenüber der taz: Sein Verband
       habe Terror und Antisemitismus klar verurteilt – aus eigenem Antrieb, „weil
       es unseren Glaubensprinzipien entspricht“. Auch zum Existenzrecht Israels
       habe man sich „unmissverständlich deutlich geäußert“ und die eigenen
       Moscheegemeinden „diesbezüglich sensibilisiert“. Durch die ständigen
       Appelle deutscher Politiker würden aber nicht nur die Verbände, sondern
       alle Muslime „als ‚potentiell antisemitisch‘ markiert und diskriminiert,
       gar dämonisiert“.
       
       21 Nov 2023
       
       ## LINKS
       
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