# taz.de -- Kultur-Bündnis gegen Rechtsextremismus: Neben all dem Blau und Braun
       
       > Als „Die Vielen“ will ein Bündnis aus Kulturinstitutionen dem
       > Rechtsextremismus entgegentreten. In Berlin stellten sie ihr Programm
       > vor.
       
 (IMG) Bild: Die Kulturszene will mit „Die Vielen“ erneut für Demokratie mobilisieren
       
       Im Kampf gegen Rechtsextremismus ist man mittlerweile auf breite Allianzen
       angewiesen. Offenbar wird das etwa an politischen Bündnissen, die weltweit
       Parteien eingehen, die wenig Berührungspunkte haben – außer der
       Gegnerschaft zu rechtspopulistischen Positionen.
       
       Der Begriff der Majorität ist umkämpft. So tönt die AfD regelmäßig, eine
       „schweigende Mehrheit“ stehe hinter ihnen. Der Begriff lässt sich aber auch
       von links aneignen. Ein breites kulturelles Bündnis versucht jetzt genau
       das. „Die Vielen“ setzt sich aus über 300 Kulturinstituten in allen
       Bundesländern zusammen. Das Ziel: Rechtsextremismus entgegentreten.
       
       Ganz praktisch wollen „Die Vielen“ auch die Kultur vor dem Einfluss von
       rechts beschützen. Das sagt Holger Bergmann, Vorsitzender der „Vielen“, bei
       einer Pressekonferenz am Donnerstag in der Akademie der Künste in Berlin.
       Nun finden sich in der Hauptstadt kulturelle Verbündete leicht. Richtig was
       zu gewinnen – und eben auch zu verlieren – gibt es noch in der Provinz.
       
       [1][Rolf C. Hemke, künstlerischer Leiter des Kunstfests Weimar], gibt
       Einblicke in Praxisarbeit. Er erzählt von dem Festival „Provinzschrei“, das
       einige Jahre lang in Südthüringen stattfand, da, „wo es besonders braun
       ist“. Für dieses Jahr plant er Aktionen im Stadtraum von Weimar. Um Dialog
       auf Augenhöhe geht es ihm dabei nicht um jeden Preis. Er scheue sich nicht
       vor einem gewissen „aufklärerischen Impetus“, so Hemke. Immerhin gelte es
       Werte zu verteidigen, „von denen wir alle profitieren“.
       
       ## Junge Menschen erreichen, Museen und Theater schützen
       
       Doch nicht nur im Osten, auch in einstigen sozialdemokratischen Hochburgen
       gewinnt die AfD seit Jahren an Zulauf. [2][Ella Steinmann und Jörg Albrecht
       von „Die Vielen NRW“] erklären, wie sie bereits jetzt im
       bevölkerungsreichsten Bundesland gegen Rechte ankämpfen. Albrecht hat noch
       gut einen Shitstorm in Erinnerung, der losbrach, als eine Schülerin mit
       Hidschab den Jugendliteraturwettbewerb des Literaturhauses Bonn gewann.
       
       Es ist an diesem Donnerstag viel von Perspektiven die Rede, die auch
       jüngeren Menschen mithilfe der Kultur zu bieten wären. Doch die Beteiligten
       bleiben realistisch. Wie [3][Olaf Zimmermann, Geschäftsführer des Deutschen
       Kulturrats], richtig in Aussicht stellt, müsse man sich darauf vorbereiten,
       Museen und Kunsthäuser vor rechten Angriffen zu schützen. Wie freizügig
       etwa am Theater gearbeitet wird, stehe mittlerweile wieder zur Disposition.
       
       „Die Vielen“ besteht als Bündnis bereits seit 2017. Ihre erste Aktion
       richtete sich damals gegen den Aufzug der rechtsextremen Identitären
       Bewegung. Jetzt sei die Zeit reif für einen Neustart, sagt Bergmann.
       Einfacher sind die Zeiten in den vergangenen sieben Jahren nicht gerade
       geworden. Die Kulturszene ist zunehmend mit sich selbst beschäftigt, im
       Kontext des Kriegs in Gaza tun sich Gräben auf.
       
       Diese Differenzen gilt es wohl oder übel auszuhalten, soll dem
       Rechtspopulismus etwas entgegengehalten werden. Nicht nur ums Aushalten
       gehe es, sagt wiederum Carsten Brosda, Präsident des Deutschen
       Bühnenvereins und Kultursenator von Hamburg (SPD). Vielfalt könne zur
       Stärkung der Gesellschaft beitragen. Es gelte, „an der Ästhetik der
       Differenz zu arbeiten“.
       
       Drei Landtagswahlen stehen in diesem Jahr an, sieben Kommunalwahlen und die
       Europawahl. Letztere ist Ausgangspunkt einer Aktionswoche vom 3. bis 9.
       Juni. Unter dem Motto „Europa den Vielen“ finden dezentrale Kulturformate
       statt, Lesungen, Diskursveranstaltungen. Eine zweite Aktionswoche ist für
       Ende August angedacht. Der Termin ist gut gewählt: Am 1. September wählen
       Sachsen und Thüringen.
       
       11 Apr 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Kunstfest-Weimar/!5799356
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 (DIR) [3] /Einkommen-im-Kulturbetrieb/!5962106
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Julia Hubernagel
       
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