# taz.de -- Rebellen aus Tschad in Libyen: Kämpfer auf Wanderschaft > Im Süden Libyens setzen sich Rebellen aus Tschad fest. Sie nutzen die > Sahara-Migrationsrouten. Tschads Regierung schließt die Grenzen. (IMG) Bild: Das war einmal: Tschads Präsident Idriss Déby mit Libyens Gaddafi, im Jahr 2010 TUNIS taz | Nach Mali könnte das libysche Machtvakuum ein weiteres Land in einen militärischen Konflikt stürzen: Tschad. Aktivisten aus der südlibyschen Stadt Sebha, Hauptstadt der Wüstenprovinz Fezzan, berichten, dass bewaffnete Rebellen aus Tschad mehrere Armee-Gebäude in der Stadt bezogen haben. Die Zahl der vermummten Kämpfer aus dem südlichen Nachbarland wird von verschiedenen Quellen gegenüber der taz mit 80 bis 200 angegeben. „Es könnten aber auch zehnmal so viele sein“, sagt ein Stammesvertreter aus der 200.000-Einwohner-Stadt, die zum Drehkreuz der Sahara-Migrationsroute durch Libyen geworden ist. „Die libyschen Grenzen nach Tschad und Niger sind weitgehend unkontrolliert.“ Mindestens 170.000 Afrikaner sind letztes Jahr von Agadez in Niger, einem Knotenpunkt der Transsahara-Migration, nach Südlibyen aufgebrochen und haben dort einen informellen Wirtschaftsboom ausgelöst. „Unter die Arbeitssuchenden mischen sich Extremisten, Goldsucher, Händler und Milizen aus den Nachbarländern“, sagt Aboasom Allafi, Aktivist und Mitbegründer der NGO Caucus Fezzan. „Die Gesetzlosigkeit in der Fezzan-Provinz könnte für die Sahara in einem Südsudan-Szenario enden, in dem sich Teile des Tschad oder Libyens abspalten.“ Die tschadischen Rebellen der Front für den Wandel (FUC) trainierten seit einem Jahr im zentrallibyschen Jufra, bevor sie nach Sebha kamen. Angeblich werden für zukünftige Operationen im Tschad gegen das Regime des Präsidenten Idriss Déby Waffenlager im Tibesti-Gebirge an der Grenze angelegt. ## Misrata-Milizen nutzen die Lage Libyens Grenzen zum Tschad werden eigentlich von Milizionären der Volksgruppe der Toubou kontrolliert, die grenzüberschreitend in Niger, Tschad und Libyen leben. Die Toubou-Milizen hatten sich 2011 mehrheitlich dem Aufstand gegen den libyschen Diktator Muammar al-Gaddafi angeschlossen und kämpfen heute an der Seite der libyschen Armee, die im Osten des Landes dominiert, gegen die von Islamisten dominierte Fajr Libya Allianz (Libysche Morgenröte), die in der Hauptstadt Tripolis stark ist. Im Gegenzug verbünden sich nun die mit den Islamisten verbündeten Revolutionäre aus Misrata mit den Rebellen aus dem Tschad. Seit letzter Woche patrouillieren sie in Sebha gemeinsam. „Sie sind Feinde unserer Feinde. Das reicht, um sich mit ihnen zu verbünden“, sagt ein Angehöriger der Misrata-Milizen zur taz über die tschadischen Kämpfer. Tschads Regierung nimmt die neue Bedrohung ernst. Tschadische Regierungstruppen haben die offiziellen Grenzübergänge nach Libyen geschlossen, und Tschads Präsident Déby sucht das Bündnis mit dem ostlibyschen Armeekommandeur Chalifa Haftar, der sich als neuer starker Mann gegen Islamisten und Milizen in Libyen zu profilieren versucht und auch von Ägypten und Russland hofiert wird. 24 Feb 2017 ## AUTOREN (DIR) Mirco Keilberth ## TAGS (DIR) Tschad (DIR) Libyen (DIR) Milizen in Libyen (DIR) Sahara (DIR) Schwerpunkt Flucht (DIR) Tschad (DIR) Migration (DIR) Tschad (DIR) Libyen (DIR) Schleuser (DIR) migControl (DIR) migControl (DIR) Libyen ## ARTIKEL ZUM THEMA (DIR) Krise im Tschad: Wo die Opposition sich versteckt Die Krise im Tschad spitzt sich seit 2016 zu. Die Regierung versucht mit Härte, einer grassierenden Streik- und Protestwelle entgegenzuwirken. (DIR) Flüchtlinge aus afrikanischen Ländern: Ratlos an der Wüstenfront Beim Migrationsgipfel in Paris wird über die europäisch-afrikanische Zusammenarbeit beraten. In der Sahara sind weite Gebiete außer Kontrolle geraten. (DIR) Ex-Diktator des Tschad vor Gericht: Hissène Habré bleibt hinter Gittern Das Sondertribunal der Afrikanischen Union fällt ein Berufungsurteil über Tschads Exdiktator: Es bestätigt die lebenslange Haft. (DIR) Bürgerkrieg in Libyen: Haftar-Truppen greifen Ölhäfen an Wer in Libyen das Öl hat, hat die Macht. Armeeeinheiten der Gegenregierung holen deswegen zum Schlag auf die Anlagen südwestlich von Bengasi aus. (DIR) Schleuserrouten nach Libyen: „Die Preise haben sich verdreifacht“ Auf dem Weg durch die Sahara nach Libyen meiden Schlepper die Wasserstellen, sagt Migrationsexpertin Marina Schramm. (DIR) Migrationspolitik und Rüstungsindustrie: Das Geschäft mit Hightech-Grenzen Radar, „intelligente“ Grenzposten, Biometrisierung, Überwachung: Um Afrikaner fernzuhalten, ist jedes Mittel recht. (DIR) Flüchtlingspolitik im Tschad: Mittendrin am Rand Im Tschad finden mehr Menschen Zuflucht, als dass sie emigrieren. Trotz der zentralen Lage, stand das Land deshalb bisher oft weniger im Fokus der EU. (DIR) Milizen in der libyschen Sahara: In der Wüste lauern Krokodile Tief im libyschen Süden organisieren Milizen des Toubou-Volkes das Leben in Abgrenzung zum Staat. Sie setzen afrikanische Migranten fest.