# taz.de -- Konflikte in Ex-Sowjetrepubliken: Bald Moldau und Georgien? > Russlands Angriff auf die Ukraine wirft ein Schlaglicht auf weitere > Konflikte in der Ex-Sowjetunion. Der Westen sollte sie endlich ernst > nehmen. (IMG) Bild: Schon den nächsten Angriff im Blick? Putin bei einem russisch-belarussischen Militärmanöver 2017 Es ist nicht zu fassen: Da wird die Ukraine, ein Land mitten in Europa, auf Befehl von Russlands Präsidenten Wladimir Putin gerade in Grund und Boden gebombt. Gleichzeitig ergehen sich [1][Expert*innen in Analysen darüber], dass Kiew noch Lichtjahre von einer EU-Mitgliedschaft entfernt sei. Wer so daherredet, hat den letzten Schuss nicht gehört, der in der Ukraine leider noch längst nicht gefallen ist. Dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenski, der nach seiner Wahl 2019 vielfach noch als Witzfigur belächelt wurde und derzeit über sich hinauswächst, kann man einiges vorwerfen – doch Blauäugigkeit sicher nicht. Wenn Selenski, wie in dieser Woche geschehen, den Antrag auf einen Beitritt seines Landes zur EU stellt, weiß er nur zu gut, dass sein Ansinnen unrealistisch ist. Doch seit dem Beginn des russischen Angriffskrieges steht [2][die Existenz der Ukraine auf dem Spiel]. Da lautet die Botschaft: Seht her, wir gehören zu euch. Wir verteidigen nicht nur unser Land und unsere Freiheit, sondern auch die Werte Europas. Wollte jemand daran zweifeln angesichts der Bilder, wie sich wehrlose Ukrainer*innen russischen Panzern in den Weg stellen? Wohl wissend, dass sie dafür einen Preis zahlen, dessen Höhe noch gar nicht abzuschätzen ist. Nur noch einmal zur Erinnerung: 2013 war es die Weigerung des damaligen Präsidenten [3][Wiktor Janukowitsch], das Assoziierungsabkommen mit der EU zu unterzeichnen, die die „Revolution der Würde“ auslöste und über Hundert Ukrainer*innen das Leben kostete. Wobei die Mär, der Westen habe Kiew mit dem Abkommen vor die Wahl zwischen Brüssel und Russland gestellt, noch immer in vielen Köpfen herumgeistert. Den Feldzug Moskaus vor Augen sind jetzt auch Georgien und die Republik Moldau, die ebenfalls Assoziierungsabkommen abgeschlossen haben, in Brüssel mit einem Aufnahmeantrag vorstellig geworden. Dies ist ein verzweifelter Hilferuf, den es ernst zu nehmen gilt. Denn Befürchtungen, Wladimir Putins „Spezialoperation“ in der Ukraine könnte nicht sein letzter militärischer Amoklauf auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion gewesen sein, sind begründet. In der von Moldau abtrünnigen Region Transnistrien sind rund 1.500 russische Soldaten, sogenannte Friedenstruppen, stationiert. Sie „bewachen“ Osteuropas größtes Munitionsdepot in Cobasna, nur zwei Kilometer von der Grenze zur Ukraine entfernt. An die rund 450.000 Einwohner*innen Transnistriens wurden seit 2002 rund 200.000 russische Pässe verteilt. Klingelt da etwas? Auch in der Ostukraine „muss“ Moskau ja seine unterdrückten russischen Landsleute vor schweren Menschenrechtsverletzungen schützen. Die moldauische Staatspräsidentin Maia Sandu ist stramm auf Westkurs. Im vergangenen Januar verhängte Chişinău den Energienotstand, weil Russland gedroht hatte, die Gaslieferungen einzustellen. Doch bei dieser Art Druck muss es nicht bleiben. ## Alarmstufe Rot in Georgien Auch in Georgien herrscht Alarmstufe Rot. Moskau hat Südossetien, das de facto der Kontrolle von Tiflis entzogen ist, mit eigener Truppenpräsenz zu einer militärischen Festung ausgebaut. Müßig zu erwähnen, dass das der mit der EU ausgehandelten Friedensvereinbarung nach dem russisch-georgischen Krieg 2008 klar widerspricht. Doch damit nicht genug. Die Grenze verschiebt sich weiter nach Georgien hinein (Borderisation). Festnahmen wegen Überschreitens dieser „Grenze“ sind an der Tagesordnung. Das alles vollzieht sich unter dem wachsamen Blick einer europäischen Beobachter*innenmission (EUMM), die dem Geschehen nur tatenlos zusehen kann. Wen wundert es da, dass rund 70 Prozent der Bevölkerung für einen Nato-Beitritt sind. Derzeit sind alle Augen auf die Ukraine gerichtet – zu Recht. Doch der Blick muss weiter reichen. Sowohl in Transnistrien als auch in Südossetien lagern tickende Zeitbomben. Sie könnten gezündet werden. Aber dann sage niemand, man habe das nicht voraussehen können. 4 Mar 2022 ## LINKS (DIR) [1] /Ukraine-fordert-EU-Beitritt/!5838483 (DIR) [2] /Eine-Woche-nach-russischer-Invasion/!5835686 (DIR) [3] https://de.wikipedia.org/wiki/Wiktor_Janukowytsch ## AUTOREN (DIR) Barbara Oertel ## TAGS (DIR) Schwerpunkt Krieg in der Ukraine (DIR) Republik Moldau (DIR) Georgien (DIR) Wladimir Putin (DIR) GNS (DIR) Georgien (DIR) Georgien (DIR) Georgien (DIR) Schwerpunkt Krieg in der Ukraine (DIR) Schwerpunkt Krieg in der Ukraine (DIR) Schwerpunkt Krieg in der Ukraine (DIR) Schwerpunkt Krieg in der Ukraine (DIR) Republik Moldau (DIR) Schwerpunkt Krieg in der Ukraine (DIR) Georgien (DIR) Georgien (DIR) Georgien (DIR) Wladimir Putin (DIR) Kolumne Krieg und Frieden (DIR) Schwerpunkt Krieg in der Ukraine (DIR) taz на русском языке (DIR) Schwerpunkt Krieg in der Ukraine (DIR) Lesestück Recherche und Reportage ## ARTIKEL ZUM THEMA (DIR) Georgiens Oligarch Bidzina Iwanischwili: Ein bedenkliches Comeback In Georgien will der wichtigste Oligarch zurück in die Politik. Um die Spannungen im Land zu lösen und die EU anzupeilen, ist er der falsche Mann. (DIR) Migrationsabkommen mit Georgien: Faesers simulierte Tatkraft Schnellere Abschiebungen und einfachere Zuwanderung für Fachkräfte soll das Migrationsabkommen bringen. Aber in Wahrheit ist es reine Symbolpolitik. (DIR) Ex-Präsident von Georgien über sein Land: „Niedergang staatlicher Institutionen“ Giorgi Margwelaschwili kritisiert, dass die heutige Regierung sich an Russland orientiert. Deutschland sehe das nicht, und ein EU-Beitritt sei so noch in weiter Ferne. (DIR) Postsowjetischer Dekolonisierungskampf: Der Geschmack der Freiheit Der Wein Freedom Blend wird mit Rebsorten aus Moldau, Georgien und der Ukraine produziert. Er symbolisiert den gemeinsamen Freiheitskampf der Staaten. (DIR) Geberkonferenz für Moldau: Millionen gegen Putin Gas und Strom fehlen, die Preise explodieren. Damit Moldau stabil bleibt, soll viel Geld aus der EU helfen. (DIR) EU-Kandidatenstatus für die Ukraine: Voreilige Symbolpolitik Der EU-Kandidatenstatus für die Ukraine mag die ukrainischen Soldaten ermutigen. Doch Georgien und den Westbalkan stößt der Schritt vor den Kopf. (DIR) Ukrainische Schule in Georgien: Unterricht fern von zu Hause In Georgien öffnet eine Schule für etwa 200 geflüchtete Kinder und Jugendliche aus der Ukraine. Sie brauchen nicht nur den üblichen Lernstoff. (DIR) Internationale Geberkonferenz in Berlin: Millionenhilfen für Moldau In dem armen Nachbarland der Ukraine leben derzeit 100.000 ukrainische Geflüchtete. Ein Teil soll auf andere Staaten verteilt werden. (DIR) Moldaus Premierin über Ukraine-Krieg: „Ernsthafte Herausforderungen“ Regierungschefin Natalia Gavrilita fordert vom Westen finanzielle Unterstützung, um Flüchtlingen aus der Ukraine noch besser helfen zu können. (DIR) Referendum über Beitritt zu Russland: Hupkonzert in Südossetien Der Präsident von Südossetien, eine abtrünnige Region von Georgien, kündigt ein Referendum über den Beitritt zu Russland an. Dafür wird er gefeiert. (DIR) Грузия без НАТО: Обманутая страна Подавляющее большинство в Грузии хочет вступить в НАТО. Из страха перед Россией. Но Путин препятствует этому. (DIR) Georgiens gescheiterter Nato-Beitritt: Ein betrogenes Land Eine große Mehrheit Georgiens wünscht sich den Nato-Beitritt – aus Angst vor Russland. Dessen Präsident verhindert, dass es dazu kommt. (DIR) Angst vor Putins Russland: Alte Wunden Hunderttausende Menschen flüchten aus der Ukraine in die Republik Moldau. Dort wächst die Sorge, dass Putins Truppen weitermarschieren werden. (DIR) Belarus und der Ukraine-Krieg: Auf der Seite der Ukraine Zum Krieg gibt es zwei unterschiedliche Positionen: die der Belarussen und die der Lukaschenko-Anhänger. (DIR) Russenfeindlichkeit in Georgien: Angefeindet und diskriminiert Immer mehr Russ*innen verlassen ihr Land und lassen sich in Georgien nieder. Doch häufig werden sie dort skeptisch und ablehnend empfangen. (DIR) Völkerrecht und der Krieg in der Ukraine: Deutschland ist nicht Konfliktpartei Im Völkerrecht kommt es auf die Entsendung von Soldaten an. Waffenlieferungen gelten noch nicht als Kampfhandlung. (DIR) Ukraine fordert EU-Beitritt: Ein langer Weg In einer emotionalen Rede hat sich der ukrainische Präsident an das Europaparlament gewendet. Einen EU-Blitz-Beitritt soll es jedoch nicht geben. (DIR) Ukraine-Krieg als Zäsur: Zeitenwende Die politische Kernschmelze in Moskau ist ein tiefgreifender Einschnitt. Eine veränderte Ostpolitik war seit Jahren überfällig. (DIR) Jüdische Kontingentflüchtlinge: Was wächst auf Beton? Die Einwanderung jüdischer Kontingentflüchtlinge galt als Erfolgsgeschichte. Heute ist die Minderheit in Vergessenheit geraten. Eine Familiengeschichte.