# taz.de -- Krise um den Bundeshaushalt: „Demokratie leben!“ ausgebremst
       
       > Die Haushaltslage bedroht die Demokratieförderung. Und damit Projekte,
       > die sich gegen rechts, gegen Rassismus und Antisemitismus stellen.
       
 (IMG) Bild: Lisa Paus zeigt sich zuversichtlich, dass das Programm wie geplant umgesetzt werden kann
       
       BERLIN taz | Die Mail des Bundesamts für Familie und zivilgesellschaftliche
       Aufgaben (BAFzA) sollte beschwichtigen – und erreichte dann das genaue
       Gegenteil. In der vergangenen Woche bekamen Teilnehmer:innen des
       Programms „Demokratie leben!“ Post mit Informationen darüber, [1][wie sich
       die Haushaltskrise] des Bundes auf das Bundesprogramm „Demokratie leben!“
       auswirken könnte. Der bisherige Plan: Wie 2023 sollte das Programm auch
       2024 mit rund 180 Millionen Euro ausgestattet werden.
       
       Und die zuständige Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) verbreitet in
       internen Gesprächen Zuversicht, dass das Programm mit seinen mehreren
       tausend Einzelprojekten wie geplant umgesetzt werden soll. Aktuell aber –
       das wird aus dem Schreiben des BAFzA klar – gibt es viele Fragen und
       Vorbehalte. Neue Zahlungsverpflichtungen dürften derzeit nicht eingegangen
       werden, heißt es. Und: „Die Bewilligung neuer Projekte oder die Aufstockung
       bestehender Maßnahmen mit Auswirkung auf das Haushaltsjahr 2024“ seien
       „derzeit nicht möglich“.
       
       Sollte der Haushalt in diesem Jahr nicht mehr beschlossen werden, werde es
       eine vorläufige Haushaltsführung geben, „die bekanntermaßen einige
       Besonderheiten mit sich bringen wird“. Detailfragen beugt die Behörde so
       vor: „Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass Einzelanfragen derzeit nur
       schwer beantwortet werden können und mitunter etwas warten müssen.“
       
       Unter den Projektträger:innen löste die Mail große Befürchtungen aus.
       Franz Zobel, Projektkoordinator der thüringischen [2][Opferberatung ezra],
       sagte der taz, mindestens müsse es vom Ministerium die Zusage geben, dass
       „ein vorzeitiger Maßnahmenbeginn ausgestellt werden kann“. Im schlimmsten
       Fall drohe sonst, dass die Arbeit von ezra Anfang 2024 eingestellt werden
       müsse. Mehr als 200 Betroffene von rechter, rassistischer und
       antisemitischer Gewalt könnten dann nicht mehr unterstützt werden. Dies
       wäre angesichts eines drohenden AfD-Wahlgewinns bei der Landtagswahl 2024
       in Thüringen „eine absolute Katastrophe“.
       
       ## Lage in den Ländern „unübersichtlich“
       
       Zwar werden [3][einzelne Bundesländer wie Brandenburg möglicherweise die
       Haushaltsnöte des Bundes] überbrücken und als Ko-Finanzierungspartner einen
       vorzeitigen Maßnahmenbeginn bewilligen. Judith Porath vom Verein
       Opferperspektive, der sich in Brandenburg gegen Rassismus, Diskriminierung
       und rechte Gewalt einsetzt, sagt, die Situation in den Ländern sei
       „unübersichtlich“. In Sachsen-Anhalt ist sogar die Entlassung von
       Mitarbeiter:innen in der Diskussion.
       
       Sehenden Auges schlittere man auf einem Zusammenbruch der Strukturen zu,
       kritisiert Porath, die auch Vorständin im Bundesverband der unabhängigen
       [4][Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und
       antisemitischer Gewalt] ist. Pascal Begrich, Geschäftsführer des Netzwerks
       Miteinander e. V. in Sachsen-Anhalt, sagte der taz, es handele sich um
       „eine Planungsunsicherheit und Gefährdung der Finanzierung wie seit Jahren
       nicht mehr“.
       
       Das Programm „Demokratie leben!“ läuft seit 2015 – und steht unter Druck.
       Die AfD meint, es sei einseitig gegen Rechtsextremismus ausgerichtet, und
       fordert eine Streichung. Auch die Union verlangte zuletzt erhebliche
       Kürzungen. Ministerin Paus hatte im März erklärt, es seien keine Mittel des
       Programms missbräuchlich verwendet worden, „nur in Einzelfällen“ habe in
       Projekte eingegriffen werden müssen. Es sei absurd, „Menschen grundsätzlich
       zu misstrauen, die sich für unsere Demokratie einsetzen und dafür ein
       komplexes Antragsverfahren durchlaufen“.
       
       7 Dec 2023
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Matthias Meisner
       
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