# taz.de -- Bundeskabinett beschließt Gesetz: Neue Rechte für die Bundespolizei
       
       > Die Ampel will der Bundespolizei neue Überwachungsbefugnisse geben.
       > Geplant ist aber auch eine Kennzeichnungspflicht.
       
 (IMG) Bild: Beamte der Bundespolizei der Hamburger Hauptbahnhof
       
       BERLIN taz | Viele Monate hatte die Ampel darum gerungen, nun
       verabschiedete das Kabinett am Mittwoch [1][das neue Bundespolizeigesetz].
       Die bisherige Fassung stammt in weiten Teilen aus dem Jahr 1994. Nun gibt
       es gleich mehrere Neuerungen: Die Bundespolizei erhält neue
       Überwachungsbefugnisse – aber erstmals auch eine Kennzeichnungspflicht
       sowie die Verpflichtung, Kontrollquittungen bei Racial Profiling-Verdacht
       auszustellen.
       
       Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte bereits im Mai [2][einen
       Gesetzentwurf für das Bundespolizeigesetz vorgelegt] – Bundesjustizminister
       Marco Buschmann (FDP) aber Nachbesserungen eingefordert. Am Mittwoch wurde
       die Einigung im Kabinett besiegelt. Faeser sprach von einem „der
       wichtigsten Sicherheitsgesetze unseres Landes“. Das Bundespolizeigesetz sei
       wieder „auf der Höhe der Zeit“. Die Einsatzkräfte könnten damit den
       aktuellen Gefährdungslagen „konsequent begegnen“. Zudem würden Bürgernähe
       und Transparenz gestärkt.
       
       Mit dem im Kabinett geeinten Gesetzentwurf, 166 Seiten stark, erhält die
       Bundespolizei mehr Befugnisse, Telekommunikation zu überwachen und
       Verkehrsdaten zu erheben. Auch Handys und Mobilfunkkarten dürfen – nach
       richterlichem Beschluss – identifiziert und lokalisiert werden. Vor allem
       gegen Schleuser oder Extremisten soll so vorgegangen werden. Zudem darf die
       Bundespolizei auch Drohnen einsetzen oder selbige abwehren, wenn von diesen
       Gefahren ausgehen – mit Netzwerfern, elektromagnetischen Impulsen oder
       Abschüssen.
       
       Neu ist auch, dass DNA-Identifizierungsmuster gespeichert und Meldeauflagen
       oder bis zu dreimonatige Aufenthaltsverbote erteilt werden dürfen, etwa für
       Fußballhooligans. Auch eine Bild- und Tonüberwachung in Gewahrsamsräumen
       soll erlaubt werden. Die Hemmschwelle für Übergriffe von Inhaftierten soll
       so gesenkt und das Handeln der Polizeikräfte dokumentiert werden.
       
       ## Eine Kennzeichnung mit fünf Ziffern
       
       Auf der anderen Seite erhält die Bundespolizei erstmals eine
       Kennzeichnungspflicht – wahlweise mit einem Namensschild, einer
       fünfstelligen Ziffernfolge oder einer „taktischen Kennzeichnung“ für
       Einsatzeinheiten, der sich intern Namen zuordnen lassen. Auch müssen alle
       Bundespolizist*innen als Verfassungstreue-Check eine einfache
       Sicherheitsüberprüfung durchlaufen.
       
       Bisher war dies nur für Bedienstete mit besonders sicherheitssensiblen
       Aufgaben der Fall. Es müsse verhindert werden, dass extremistische Personen
       die Arbeit der Polizei „von innen heraus behindern oder gefährden“, heißt
       es im Gesetzentwurf.
       
       Lange gerungen hatte die Ampel mit dem Thema [3][Racial Profiling]. Vor
       allem die Grünen wollten hier einen Passus, der anlasslose Kontrollen
       allein aufgrund der Hautfarbe ausschließt. Im Gesetzentwurf heißt es nun:
       Die Auswahl einer Person für eine Kontrolle anhand Herkunft, Geschlecht,
       Religion oder Sprache und „ohne sachlichen, durch den Zweck der Maßnahme
       gerechtfertigten Grund ist unzulässig“.
       
       Überprüfte hätten dann das Recht, von der Bundespolizei Kontrollquittungen
       einzufordern. Vermerkt werden müssten dort Ort, Zeit und Grund der
       Maßnahme, auch eine digitale Ausstellung sei möglich. In Bremen gibt es
       diese Quittungen bereits seit 2021 – die allerdings [4][nur wenig
       nachgefragt werden].
       
       ## Die Union kritisiert Misstrauen gegen Polizei
       
       Die Grüne Irene Mihalic begrüßte die Reform: Das Gesetz schaffe „zeitgemäße
       Rechtsgrundlagen für die Polizeiarbeit im 21. Jahrhundert“. Zudem gebe man
       „Bürgernähe und Nachvollziehbarkeit einen neuen Stellenwert“, so Mihalic
       zur taz. Die Kontrollquittungen und Kennzeichnungspflicht „stärkt und
       vertieft die Vertrauenskultur zwischen Polizei und Bürgerinnen und
       Bürgern“.
       
       Auch die Linken-Innenpolitikerin Martina Renner nannte die Einführung der
       Kennzeichnungspflicht „überfällig“. Sie erfülle aber nur dann ihren Zweck,
       wenn es keine Ausnahme etwa bei Demonstrationen gebe. Die lange Diskussion
       um die Kontrollquittungen kritisierte Renner: „Rechte von Bürger:innen
       mit Mehraufwand der Beamt:innen aufwiegen zu wollen, ist ein echt
       schräges Rechtsstaatsverständnis.“ Nun bleibe abzuwarten, was aus dem
       Gesetzentwurf im Parlament und Bundesrat werde.
       
       Der Unions-Innenpolitiker Alexander Throm kritisierte dagegen, die Ampel
       stelle die Polizeibeamten „unter Generalverdacht“ und das auf einem „noch
       nie gekannten Niveau“. Auch bei den technischen Kompetenzen bleibe die
       Ampel „weit hinter dem Notwendigen zurück“. So fehlten etwa automatische
       Gesichtserkennungssysteme.
       
       20 Dec 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Neues-Gesetz-fuer-die-Bundespolizei/!5930541
 (DIR) [2] /Neues-Gesetz-fuer-die-Bundespolizei/!5930541
 (DIR) [3] /Racial-Profiling-in-Hamburg/!5971367
 (DIR) [4] /Neues-Gesetz-fuer-die-Bundespolizei/!5930541
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Konrad Litschko
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Polizeigewalt und Rassismus
 (DIR) Schwerpunkt Überwachung
 (DIR) Bundespolizei
 (DIR) Nancy Faeser
 (DIR) Racial Profiling
 (DIR) Polizei
 (DIR) GNS
 (DIR) Schwerpunkt Polizeigewalt und Rassismus
 (DIR) Bundespolizei
 (DIR) Schwerpunkt Überwachung
 (DIR) Schwerpunkt Polizeigewalt und Rassismus
 (DIR) Bundeskriminalamt
 (DIR) Gesichtserkennung
 (DIR) Schwerpunkt Polizeigewalt und Rassismus
 (DIR) Grenzkontrollen
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Neuer Bundespolizeibeauftragter Grötsch: „Ich werde sehr genau hinschauen“
       
       Uli Grötsch soll als Polizeibeauftragter Missstände bei der Bundespolizei
       aufklären. Seine erste Aufgabe sei, „Vertrauen zu gewinnen“, sagt Grötsch.
       
 (DIR) Bundespolizeibeauftragter ernannt: Oberbeauftragter mit Befugnissen
       
       Der neue Polizeibeauftragte ist nur für das Bundeskriminalamt und die
       Bundespolizei zuständig. Dafür hat er weitreichende Eingriffsrechte.
       
 (DIR) Geplante Überwachungsgesamtrechnung: Ein Barometer für die Freiheit
       
       Die Bundesregierung will eine „Überwachungsgesamtrechnung“ aufstellen
       lassen. So sollen Freiheit und Grundrechte besser geschützt werden.
       
 (DIR) taz-Recherche zu Tod nach Polizeieinsatz: Als wollte man es einfach vergessen
       
       Bei einem Polizeieinsatz in Königs Wusterhausen starb ein Mann, eine
       Recherche der taz deckte Widersprüche auf. War es ein Fall von
       Polizeigewalt?
       
 (DIR) Klage gegen neues BKA-Gesetz: Karlsruhe wird Gesetz beanstanden
       
       Bürgerrechtler:innen rügen Schlampereien im Gesetz über das
       Bundeskriminalamt. Innenministerin Nancy Faeser warnt vor schärferen
       Anforderungen.
       
 (DIR) Gesichterkennung zur Terrorabwehr: Der Mensch erkennt am besten
       
       Die Gewerkschaft der Polizei fordert Videoüberwachung mit Software zur
       Gesichtserkennung auf Weihnachtsmärkten. Chaos Computer Club hat
       Vorbehalte.
       
 (DIR) Gesetzentwurf zu neuem Posten im Bund: Polizeibeauftragter darf einiges
       
       Unangekündigte Besuche und Akteneinsichten: Die Ampel gibt dem neuen
       Polizeibeauftragten weite Befugnisse. Die Union hält das Amt für
       „überflüssig“.
       
 (DIR) Personal bei Grenzkontrollen: Bundespolizei sieht sich am Limit
       
       Stationäre Grenzkontrollen sollen irreguläre Einreisen von Migrant:innen
       begrenzen. Laut Gewerkschaft der Polizei sind diese nicht lange stemmbar.