# taz.de -- Antisemitismusdefinition der IHRA: Berliner Bekenntnispflicht
       
       > Der Berliner Senat will Förderungen in Zukunft an ein Bekenntnis zur
       > IHRA-Antisemitismusdefinition knüpfen. Das ist unbedingt notwendig.
       
 (IMG) Bild: Israelfahne, Berlin 01.06.2019
       
       Ab sofort beabsichtigt die Berliner Senatskulturverwaltung, Fördermittel
       aus dem Kulturhaushalt des Landes Berlin an die Bedingung zu knüpfen, dass
       Antragstellerinnen eine Antisemitismus-Klausel unterschreiben. Grundlage
       hierfür stellt die [1][Arbeitsdefinition von Antisemitismus der IHRA]
       (International Holocaust Rememberance Alliance) dar.
       
       Darauf folgte das Erwartbare: Der offene Brief von Berliner
       Kulturschaffenden, die weiterhin [2][Israel kritisieren] wollen, ohne sich
       Antisemit*innen schimpfen lassen zu müssen. Im Brief selbst: Ängste
       vor dem Verlust von Meinungs- und Kunstfreiheit sowie vor dem Verlust von
       Diversität und juristisches Klein-Klein über die Eignung der
       IHRA-Definition als Förderklausel. Was fehlt: selbstkritische Positionen zu
       den regressiven und judenfeindlichen Tendenzen der Berliner Kulturszene
       oder ein klares Bekenntnis dazu, dass Israel ebenso existieren darf wie
       jedes andere Land. Stattdessen verweist der Brief auf die „Jerusalem
       Declaration on Antisemitism“. Der Grund: ihre vermeintlich größere
       Offenheit für Israelkritik.
       
       Es bleibt dennoch die Frage: Würden die Protestierenden überhaupt der
       Implementierung irgendeiner Antisemitismus-Definition zustimmen? Dies
       bleibt zu bezweifeln: „Wir sind gegen diese Hierarchisierung von
       Diskriminierungsformen und (Auf-)Spaltung marginalisierter
       gesellschaftlicher Gruppen und halten dies für gefährlich“, heißt es im
       offenen Brief.
       
       Doch genau hier liegt das Problem: Wer Antisemitismus lediglich als weitere
       Form der Marginalisierung betrachtet, hat weder dessen Wirkungsweise noch
       dessen Wirkmächtigkeit verstanden. [3][Antisemitismus umfasst oft] die
       Anschuldigung, „die Juden“ betrieben eine gegen die Menschheit gerichtete
       Verschwörung. Dies schlägt sich nicht selten in der Dämonisierung und
       Delegitimierung des Staates Israel nieder. Genau darauf baut die Definition
       der IHRA auf.
       
       Braucht es also eine Arbeitsgrundlage wie die der IHRA? Ja. Wird eine
       solche Klausel antisemitische Tendenzen in der Berliner Kulturszene
       vorbeugen? Wahrscheinlich nicht. Ist sie dennoch notwendig? Zweifellos.
       
       8 Jan 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.antisemitismusbeauftragter.de/Webs/BAS/DE/bekaempfung-antisemitismus/ihra-definition/ihra-definition-node.html
 (DIR) [2] /Hannah-Arendt-Preis-fuer-Masha-Gessen/!5977628
 (DIR) [3] /Geschichte-des-Antisemitismus/!5983572
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jessica Ramczik
       
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