# taz.de -- Wirtschaftsweise für mehr Investitionen: Für eine Schuldenbremse light
       
       > Viele halten sie wegen Krisen und Klima für unsinnig. Nun wollen die
       > höchsten ökonomischen Berater der Regierung die Schuldenbremse lockern.
       
 (IMG) Bild: Für eine Änderung der Schuldenbremse wird eine Zweidrittelmehrheit gebraucht, Haushaltsdebatte im Bundestag am 30.1
       
       BERLIN taz | Im Bundestag verteidigte sie Finanzminister Christian Lindner
       (FDP) am Dienstag bei den Schlussberatungen zum Haushalt 2024 noch als „ein
       Gebot der Vernunft“. Da hatten die ökonomischen Top-Berater der
       Bundesregierung die Schuldenbremse gerade eben beerdigt.
       
       [1][„Bemerkenswert“ fanden nicht nur Ökonom*innen], dass der
       Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen
       Entwicklung, vulgo „Wirtschaftsweise“, am Morgen einen [2][Vorschlag zur
       Renovierung der im Grundgesetz verankerten Schuldenregel] vorgelegt hatte.
       Und das auch noch einstimmig.
       
       Denn: Viele Expert*innen halten die Bremse für [3][unsinnig in Zeiten
       von notwendigem Geld für Energiewende, Rente, Schulen oder Waffen für die
       Ukraine]. Manche sagen sogar, die Bremse nutze allein der AfD. Die FDP hält
       jedoch daran fest, CDU/CSU sind auch dafür.
       
       Während sie im Bundeshaushalt ab 2024 erstmals wieder greifen soll – und zu
       Milliardenkürzungen führt – schlugen die Wirtschaftsweisen eine
       Schuldenbremse light vor. Diese würde Regierenden keinen Freibrief zum
       Prassen geben, wohl aber die Union zum Nachdenken über ein Ja im Bundestag
       anregen. Ihr Plazet gilt als entscheidend für die notwendige
       Zweidrittelmehrheit.
       
       ## Verschuldungsgrenze erhöhen
       
       Die Schuldenbremse sei „zu starr“, sagte Chef-Weise Monika Schnitzer. Die
       Fiskalpolitik müsse flexibler werden, „ohne die Stabilität zu gefährden“.
       Für die Zeit nach einer Aussetzung der Schuldenregeln schlägt der Rat vor,
       dass das zulässige Defizit erst mal weiter über der normalen Grenze liegen
       darf, aber dann Jahr für Jahr sinken muss.
       
       Begründung: Zu viel Sparen könne „zu unnötig starken negativen Impulsen für
       eine noch schwächelnde Wirtschaft führen“ – wie in aktuellen Zeiten: Im
       vierten Quartal 2023 sank das deutsche Bruttoinlandsprodukt (BIP) erneut um
       0,3 Prozent. „Eine Übergangsregelung würde für zusätzliche fiskalische
       Spielräume zur Krisenbewältigung sorgen und gleichzeitig verhindern, dass
       ständig diskutiert wird, Notlagen auszurufen“, erklärte Ratsmitglied Ulrike
       Malmendier.
       
       Weiter soll die jährliche Verschuldungsgrenze von derzeit 0,35 Prozent des
       BIP erhöht werden können: sogar auf bis zu 1 Prozent bei einer
       Schuldenquote von unter 60 Prozent des BIP. Derzeit sind es 69 Prozent.
       Drittens wollen die Weisen die Höhe der erlaubten Schulden von der
       Konjunktur abhängig machen: Je schlechter die Wirtschaftslage, desto höhere
       Kredite sollen erlaubt sein.
       
       „Gut“, aber nicht ausreichend sei das Paket der Weisen, sagte der
       [4][Ökonom] Jens Südekum – und plädierte für die „Goldene Regel“ beim
       Haushalten, die Investitionen generell von der Schuldenbremse ausnimmt.
       
       Ähnlich der Ökonom Marcel Fratzscher: Es gehe zu Lasten der künftigen
       Generationen, wenn der Staat an der falschen Stelle spart, [5][sagte der
       Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung]. Manche mache
       das Sparen stolz. Aber wenn an Zukunftsinvestitionen gespart werde, sei das
       „ein falscher Stolz“.
       
       30 Jan 2024
       
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 (DIR) [1] https://twitter.com/jsuedekum/status/1752281237048172779
 (DIR) [2] https://twitter.com/SVR_Wirtschaft/status/1752228766644834571
 (DIR) [3] /Folgen-der-Sparpolitik/!5984120
 (DIR) [4] /Oekonom-ueber-die-Schuldenbremse/!5982979
 (DIR) [5] https://twitter.com/NurderK/status/1752252007526580275
       
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 (DIR) Kai Schöneberg
       
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