# taz.de -- Demokratiefördergesetz gefordert: Was folgt auf die Gewalt?
       
       > Nach dem Angriff auf SPD-Politiker Matthias Ecke drängen SPD und Grüne
       > auf das Demokratiefördergesetz und mehr Prävention. Doch die FDP
       > blockiert.
       
 (IMG) Bild: Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU) versprach am Montag mehr Schutz für Wahlkämpfende
       
       BERLIN taz | Am Montag hatte Matthias Ecke seine Operation hinter sich,
       mehrere Frakturen im Gesicht mussten behandelt werden. Er habe den Eingriff
       „gut überstanden“, erklärte SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert. Der
       Genesungsprozess aber werde „ein langer Weg“ sein, mehrere Tage müsse er im
       Krankenhaus bleiben. Ecke aber sei „wild entschlossen“, in den Wahlkampf
       zurückzukehren und „noch härter“ für demokratische Werte kämpfen.
       
       Am Freitagabend war Ecke, Europaspitzenkandidat der sächsischen SPD, [1][in
       Dresden beim Plakatieren von Vermummten niedergeschlagen worden]. In der
       gleichen Nacht und Straße wurden auch Plakatierende der Grünen bedroht. Die
       Angriffe lösten bundesweit Entsetzen aus. Noch am Sonntagabend gingen
       Tausende [2][in Dresden] und [3][Berlin] auf die Straße und erklärten sich
       solidarisch. Mehrere hundert Abgeordnete unterzeichneten eine
       „[4][Striesener Erklärung]“, in der sie die Gewalt verurteilten.
       
       Ebenfalls am Sonntagabend hatte die Polizei die Tatverdächtigen für die
       Angriffe ermittelt und durchsucht: drei Jugendliche, 17 und 18 Jahre alt.
       [5][Ein weiterer 17-Jähriger hatte sich zuvor gestellt]. Zum Tatmotiv
       äußerte er sich bisher nicht. Das LKA fand allerdings auf seinem Handy
       rechtsextreme Inhalte. Ob auch die Tat politisch motiviert war, bleibe
       offen, sagte ein LKA-Sprecher der taz.
       
       Die andere Frage lautet: Was folgt aus der Gewalt? Sachsens Innenminister
       Armin Schuster (CDU) versprach am Montag mehr Schutz für Wahlkämpfende. Die
       Sicherheitsbehörden würden sich über eine zentrale Ansprechstelle enger mit
       den Parteien abstimmen, vor allem um besonders schutzbedürftige
       Veranstaltungen auszumachen. Man ziele auf eine gute „Raumdeckung“.
       
       ## Am Dienstag ist Sicherheitsgipfel geplant
       
       Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU), derzeit Vorsitzender der
       Innenministerkonferenz, kündigte für Dienstag eine Sondersitzung des
       Gremiums an. Stübgen betonte aber, dass man sich keine Illusion machen
       dürfe, dass die Polizei alle Probleme lösen könne. Wer das erwarte,
       „verkennt die Herausforderungen, vor denen wir stehen“. Verrohung und
       Enthemmung seien Probleme für die gesamte Gesellschaft.
       
       Auch SPD-Generalsekretär Kühnert erklärte, es stellten sich nicht in erster
       Linie Sicherheitsfragen, sondern welche an die Demokratiefestigkeit und die
       Bereitschaft aller, sie zu verteidigen. SPD und Grüne drängten, nun
       verstärkter in Prävention zu investieren und endlich das
       Demokratiefördergesetz zu verabschieden, [6][das seit Monaten im Bundestag
       von der FDP blockiert wird].
       
       Die Bundesmigrationsbeauftragte Reem Alabali-Radovan (SPD) erklärte, es sei
       „höchste Zeit, die wertvolle Arbeit der Engagierten vor Ort mit dem
       Demokratiefördergesetz zu stärken“. Es brauche „mehr und bessere
       Prävention“. „Wie viele Alarmsignale braucht es noch?“
       
       Auch der SPD-Abgeordnete Felix Döring, der momentan über das
       Demokratiefördergesetz verhandelt, betonte: Der Angriff auf Ecke zeige
       nochmal „auf erschreckende Weise“, wie aus Worten Taten würden. „Die
       Bedrohung unserer Demokratie, insbesondere von rechts, ist real.“ Und das
       Problem sei nicht auf einzelne Bundesländer beschränkt. „Deswegen müssen
       wir vorher, präventiv, ansetzen, das Übel an der Wurzel packen und
       Ideologien der Ungleichwertigkeit und Demokratiefeindlichkeit
       entgegentreten“, so Döring zur taz. Dafür brauche es eine starke
       Zivilgesellschaft und das Demokratiefördergesetz. „Damit der Bund seine
       Demokratieförderung absichern und damit unsere Demokratie stabilisieren
       kann, und genau deshalb arbeiten wir weiter dafür, dass es auch wirklich
       kommt.“
       
       ## „Muss uns alarmieren“
       
       Auch die Grünen machen Druck. „Wenn die innenpolitische Antwort immer ein
       Ruf nach Überwachung und härteren Strafen ist, werden wir an dieser
       gesellschaftlichen Herausforderung scheitern“, so Innenpolitikerin Misbah
       Khan zur taz. Extremismus lasse sich nicht einfach verbieten. Daher müsse
       man sich tiefgehender mit Radikalisierungsprozessen befassen und brauche
       man gezielte Präventionsmaßnahmen für alle Altersgruppen sowie Orte für
       Begegnungen über soziale Grenzen hinweg. „Dass solche Projekte eher ab- als
       ausgebaut werden, sollte uns alarmieren.“ Diese Erkenntnis müsse sich auch
       in den Innenministerien durchsetzen, es brauche endlich „eine gemeinsame
       und präventive Antwort“ auf die Ausbreitung von Extremismus. „Ein Ende der
       Grundsatzdiskussion um das Demokratiefördergesetz sollte ein Teil dieser
       Antwort sein.“
       
       Die FDP indes blockiert das Demokratiefördergesetz. Schon Ende 2022 hatten
       Familienministerin Lisa Paus (Grüne) und Innenministerin Nancy Faeser
       (SPD) einen Gesetzentwurf vorgelegt, um Demokratieprojekte langfristig
       abzusichern statt immer nur für eine Förderperiode. Seitdem hängt es im
       Bundestag fest. [7][Die FDP hält das Gesetz für zu weitgehend, pocht auf
       die Wiedereinführung einer „Extremismusklausel“]. Aktuell wollte sich
       Verantwortliche in der FDP-Fraktion nicht zu dem Gesetz äußern. Die
       Verhandlungen liefen, hieß es dort.
       
       Und nicht nur das Demokratiefördergesetz, auch mehr Geld für
       Präventionsprojekte dürfte angesichts der Sparvorgaben von Finanzminister
       Christian Lindner (FDP) schwierig werden.
       
       SPD-Mann Döring appellierte an den Koalitionspartner: „Diejenigen, die das
       Gesetz ständig torpedieren, anstatt an pragmatischen Lösungen zu arbeiten,
       sollten sich überlegen, in wessen Horn sie blasen und ob sie unserer
       demokratischen Zivilgesellschaft wirklich weiter Steine in den Weg legen
       möchten.“
       
       6 May 2024
       
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