# taz.de -- Ampel-Verhandlungen über Bundeshaushalt: Grüne leise, Rote laut
       
       > Die SPD macht im Etat-Streit öffentlich Druck. Die Grünen stehen ihnen in
       > der Sache nahe, verzichten aber auf steile Äußerungen. Woran liegt das?
       
 (IMG) Bild: Habeck und Scholz
       
       BERLIN taz | Die Sozialdemokrat*innen halten auch in der neuen Woche
       nicht still. Der neueste Aufschlag kommt am Montag von den drei
       Flügelvereinigungen der Bundestagsfraktion: „Das Dogma der Schwarzen Null
       bedeutet Stillstand und wirtschaftliche Unvernunft“, heißt es in einer
       Erklärung der Vorsitzenden von Seeheimer Kreis, Parlamentarischer Linken
       und Netzwerkern. Es komme jetzt darauf an, einen tragfähigen Etat
       aufzustellen, Ausnahmen von der Schuldenbremse zu machen und sie noch dazu
       zu reformieren.
       
       Kurz vor der Entscheidung über den nächsten Bundeshaushalt steigt damit
       noch einmal der öffentliche Druck aus der SPD. [1][Mitte nächster Woche, so
       der bisherige Plan,] soll das Kabinett den Etatentwurf beschließen. Bisher
       gab es in den Verhandlungen aber keinen Durchbruch. Die FDP unter Christian
       Lindner will Steuern senken [2][und gleichzeitig an der Schuldenbremse
       festhalten]. Grüne und SPD dagegen wehren sich gegen massive Kürzungen quer
       durch die Ressorts.
       
       Wobei: Öffentlich sind es eben vor allem die Roten, die erbittert vor einem
       Sparhaushalt warnen. Die Parteilinken vom Forum DL21 haben ein
       Mitgliederbegehren gegen Kürzungen auf den Weg gebracht. Parteichefin
       Saskia Esken warf dem Finanzminister vor, mit seinem „rigiden Sparkurs“
       einen „historischen Fehler“ zu begehen.
       
       Zahm klingt im Vergleich dazu Grünen-Chefin Ricarda Lang am Montag nach der
       Vorstandssitzung ihrer Partei. Auch sie fordert zwar, die Schuldenbremse
       akut nicht zu eng auszulegen und sie langfristig zu reformieren. Sie sagte
       aber auch: „Ich würde mir wünschen, dass sich nicht alle öffentlich ihre eh
       schon bekannten Positionen um die Ohren hauen.“
       
       Zu defensiv treten die Parteivorsitzenden in dieser Frage auf, sagen manche
       Grüne. Ein Vorbild sollten sie sich an der Bundestagsfraktion nehmen, die
       sich kontinuierlicher gegen die Schuldenbremse positioniere. Allein ist die
       Parteispitze damit allerdings auch nicht: Ob Abgeordnete, Basis oder
       Parteijugend – im Vergleich zur SPD wirken in diesen Tagen alle
       zurückhaltend.
       
       ## Ein Bündel von Gründen
       
       Das könnte damit zu tun haben, wie die beiden Parteien ihre Niederlagen bei
       der Europawahl verdauen. Zwar sind auch die Grünen ernüchtert über ihre
       Verluste. Fehlersuche und Strategiedebatte laufen. Dazu kommt aber eine
       gewisse Gelassenheit. Wer sich noch an Wahlergebnisse um 8 Prozent
       erinnert, kann mit 12 Prozent halbwegs leben. Wer wie die SPD das
       Selbstverständnis einer Volkspartei mit sich herumträgt, hat mit 14 Prozent
       ein größeres Problem. Entsprechend ausgeprägter ist die Unruhe unter den
       Sozialdemokrat*innen.
       
       Und entsprechend stärker ist in der SPD nach der Wahl auch der Wunsch,
       wieder mehr Profil zu zeigen. Dieses Anliegen gibt es zwar auch unter
       Grünen. Dort dominiert aber immer noch das Bestreben, sich nicht zu
       öffentlich mit den Koalitionspartnern zu streiten – zum einen, weil die
       Öffentlichkeit das nicht honoriere, und zum anderen, weil die FDP dann erst
       recht auf stur schalten könnte.
       
       Gleichzeitig ist bei den Grünen das Vertrauen in ihren Verhandlungsführer
       Robert Habeck weniger niedrig als das der SPD in Olaf Scholz. Intern wurde
       zwar auch der grüne Vizekanzler in den letzten Wochen wiederholt gemahnt,
       es mit seiner Kompromissbereitschaft nicht zu übertreiben. Inhaltlich gibt
       es aber zumindest keinen großen Dissens: Öffentlich hat sich Habeck immer
       wieder gegen die Schuldenbremse ausgesprochen. Der Kanzler dagegen hat sich
       in Interviews teilweise hinter Lindner gestellt. Man stärke Scholz in den
       Verhandlungen den Rücken, heißt es in der Erklärung der SPD-Flügel vom
       Montag. Genauso gut hätte dort aber wohl stehen können: Man nordet ihn ein.
       
       Und schließlich: Die gravierendsten Kürzungen verlangt Christian Lindner
       von SPD-geführten Ressorts wie dem Arbeits-, dem Innen- [3][und dem
       Entwicklungsministerium]. Bei den Grünen trifft es massiv dagegen nur das
       Auswärtige Amt von Annalena Baerbock. In anderen Fragen beklagten die
       Grünen in der Vergangenheit oft, sie stünden in der Ampel alleine da – aus
       der SPD bekämen sie gegen die FDP keine Unterstützung. Eine rot-grüne
       Solidarität hat sich in der Ampel nie ausgebildet. Also ist unter Grünen
       jetzt auch keine große Lust zu verspüren, sich öffentlich für SPD-Leute zu
       verkämpfen.
       
       24 Jun 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Haushaltsberatungen-in-der-Ampel/!6014788
 (DIR) [2] /Haushaltsverhandlungen-der-Ampelkoalition/!6018431
 (DIR) [3] /Entwicklungsforscher-ueber-Wirksamkeit/!6015242
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Tobias Schulze
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Das Milliardenloch
 (DIR) Ampel-Koalition
 (DIR) SPD
 (DIR) Bündnis 90/Die Grünen
 (DIR) Haushalt
 (DIR) Das Milliardenloch
 (DIR) Ampel-Koalition
 (DIR) Das Milliardenloch
 (DIR) Ampel-Koalition
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Diskussion über Bundeshaushalt 2025: SPD will Mitglieder nicht befragen
       
       Die SPD-Linke will Kürzungen im Haushalt verhindern. Den Vorstoß für ein
       Mitgliederbegehren blockt die Parteispitze ab – aus formalen Gründen.
       
 (DIR) Grüne und SPD im Haushaltsstreit: Die Macht der gelben Zwerge
       
       Die FDP hat weniger als ein Viertel der Ampel-Sitze im Bundestag. Trotzdem
       dominiert sie die Regierungslinie, weil Grüne und SPD nicht
       zusammenarbeiten.
       
 (DIR) Schuldenbremse und Ukraine-Krieg: Schulden gegen Krieg
       
       Auch dank hoher Staatsschulden haben Großbritannien und die USA die Nazis
       besiegt. Heute steht die Schuldenbremse dem Kampf gegen die Diktatur im
       Weg.
       
 (DIR) Haushaltsverhandlungen der Ampelkoalition: „Die Gespräche sind sehr intensiv“
       
       Der FDP-Chef Christian Lindner pocht darauf, die Schuldenbremse
       einzuhalten. Bei Verteidigungsausgaben will er nicht sparen, beim
       Bürgergeld hingegen schon.
       
 (DIR) Zustand der Ampel: Auf Eigentore spezialisiert
       
       Es hat sich der Eindruck festgesetzt: Alles aus Berlin ist Mist. Und mit
       dem Haushaltsstreit steuert die Ampel auch noch auf Neuwahlen im Herbst zu.