# taz.de -- Landeschefin der AfD Berlin: Faule Ausreden nach Neonazi-Treffen
       
       > Kristin Brinker distanziert sich nach einem Treffen bei
       > Ex-CDU-Finanzsenator Peter Kurth. Vor Ort waren die Rechtsextremisten
       > Sellner und Kubitschek.
       
 (IMG) Bild: Geht gerne auf Dachterrassen, auch wenn dort Rechtsextreme Bücher vorstellen: Kristin Brinker (AfD)
       
       BERLIN taz | Um Ausreden ist Berlins AfD-Chefin Kristin Brinker nicht
       verlegen. Der Ausblick von der Dachterrasse sei doch so „großartig“ – und
       überhaupt sei sie ja direkt nach der Buchvorstellung gegangen und
       „geschockt“ gewesen über das Publikum, sagte Brinker. Ja, die Aussicht:
       Zuvor hatte der [1][RBB darüber berichtet], dass auch die Landesvorsitzende
       bei einem privaten Treffen mit Neonazis auf Einladung des mittlerweile zur
       AfD abgedrifteten [2][ehemaligen CDU-Finanzsenators Peter Kurth] dabei war.
       
       Ihre Ausrede dürfte wohl irgendwo zwischen „Der Hund hat meine Hausaufgaben
       gegessen“ und „Mein Wecker hat nicht geklingelt“ rangieren und macht die
       Funktion deutlich, die Brinker nach außen hin für die AfD erfüllt: Als
       [3][Feigenblatt soll sie verdecken], was längst nicht mehr zu verstecken
       ist. Spätestens nach dem [4][in Potsdam aufgeflogenen Geheimtreffen] von
       AfD-Politikern mit Neonazis, bei dem Vertreibungsfantasien auch von
       Deutschen mit Migrationshintergrund diskutiert wurden, ist weiten Teilen
       der Öffentlichkeit bewusst geworden, wie radikalisiert die extrem rechte
       Partei mittlerweile ist.
       
       Die völkische Strömung dominiert die Bundespartei, gerade Brinker hat die
       innerparteilichen Netzwerke der [5][völkisch-nationalistischen eingebunden]
       und genutzt, um ihre Macht als Landesvorsitzende zu konsolidieren.
       Praktisch passt auch kaum ein Feigenblatt zwischen die AfD und
       Rechtsextremisten, die völkische Reinheitsfantasien propagieren. Denn
       inhaltlich ist das verfassungsfeindliche Streben nach einem
       ethnisch-homogenen Staat die gemeinsame Klammer bei allen Differenzen auch
       innerhalb der AfD – entsprechend unglaubwürdig wirken dann auch
       Distanzierungsversuche wie die von Brinker.
       
       ## Sellner und Kubitschek zu Gast
       
       Das zeigt auch die übrigen Gästeliste des ehemaligen CDU-Finanzsenators
       Kurth: Nicht nur hatte dort der EU-Spitzenkandidat der AfD, Maximilian
       Krah, höchstselbst sein offen rechtsextremes Pamphlet „Politik von rechts“
       vorgestellt, auch der Chef-Identitäre Martin Sellner redete über sein Buch
       „Regime Change von rechts“, das einen völkischen Systemwechsel propagiert.
       Beide Schriften erschienen nicht von ungefähr im Verlag des rechtsextremen
       Verlegers Götz Kubitschek und werden dort bewusst als Paket vermarktet.
       
       War Brinker auch geschockt, als eben dieser Krah mit deutlicher Mehrheit
       zum [6][EU-Spitzenkandidat auf dem letzten Parteitag von Magdeburg] gewählt
       wurde? Und wie schön war wohl ihr Ausblick in der Mehrzweckhalle, als dort
       ihre [7][Parteifreundin Irmhild Boßdorf] „millionenfache Remigration und
       Pushbacks, egal was der Europäische Gerichtshof dazu sagt“, forderte?
       
       Gar nicht erst den Versuch einer Distanzierung gibt es bei der AfD
       Brandenburg: Eine der heftigsten Reaktionen aus der AfD auf die die
       Correctiv-Recherche zum Treffen von Neonazis und AfD-Politikern lieferte
       der Brandenburger Bundestagsabgeordnete René Springer. Die von AfDlern
       verharmlosend „Remigration“ genannten völkischen Reinheitswahn bekräftigte
       dieser direkt nach der Veröffentlichung und der breiten Empörungswelle.
       „Wir werden Ausländer in ihre Heimat zurückführen. Millionenfach. Das ist
       kein Geheimplan. Das ist ein Versprechen“, schrieb er.
       
       Kein Wunder: Springer beschäftigt selbst mit [8][Jonas Schick] einen
       langjährigen Aktivisten der Identitären in seinem Bundestagsbüro – also der
       Organisation, dessen Kopf Martin Sellner bei dem klandestinen Treffen in
       Potsdam die Vertreibungspläne konkret ausbuchstabiert hatte und die
       eigentlich auf der offenkundig folgenlosen Unvereinbarkeitsliste der AfD
       steht.
       
       „Besser kann man es nicht ausdrücken“, sagte der Chef der Brandenburger
       AfD-Landtagsfraktion, Christoph Berndt, mit Blick auf Springers Äußerung am
       Mittwoch und nahm so seinen Sprecher Tim Krause in Schutz, der ebenfalls
       bei dem Treffen in der Potsdamer Villa am Lehnitzsee dabei war. Anders als
       Parteichefin Alice Weidel, die ihren persönlichen Referenten als
       Bauernopfer rausschmiss, werde Krause im Amt bleiben, sagte Berndt bei
       einer Pressekonferenz im Landtag.
       
       Dass Berndt die Vertreibungspläne wiederum bekräftigte, überrascht dabei
       auch nicht wirklich. Schließlich propagiert er selbst ganz offen völkische
       Politik und ist Initiator des rechtsextremen Vereins „Zukunft Heimat“.
       Ebenso ist Berndt Dauergast im rechtsextremen Institut für Staatspolitik
       des rechten Strategen Götz Kubitschek. Im Gegensatz zu Brinker ist er damit
       immerhin ehrlich.
       
       18 Jan 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.rbb24.de/politik/beitrag/2024/01/berlin-kurth-treffen-rechtsextreme-brinker.html
 (DIR) [2] https://www.spiegel.de/politik/deutschland/peter-kurth-cdu-politiker-war-gastgeber-fuer-rechtsextreme-a-f3d92242-c607-4fa3-8c33-35fdd6027072
 (DIR) [3] /Proteste-gegen-die-AfD/!5982930
 (DIR) [4] https://correctiv.org/aktuelles/neue-rechte/2024/01/10/geheimplan-remigration-vertreibung-afd-rechtsextreme-november-treffen/
 (DIR) [5] /Neue-Parteichefin-der-AfD-Berlin/!5757819
 (DIR) [6] /AfD-Parteitag-in-Magdeburg/!5947746
 (DIR) [7] /Konsequenzen-nach-AfD-Geheimtreffen/!5986239
 (DIR) [8] /Die-AfD-und-die-Identitaeren/!5955016
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Gareth Joswig
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt AfD in Berlin
 (DIR) Alternative für Deutschland (AfD)
 (DIR) Kristin Brinker
 (DIR) Rechtsextremismus
 (DIR) Schwerpunkt Neonazis
 (DIR) Götz Kubitschek
 (DIR) Martin Sellner
 (DIR) Alternative für Deutschland (AfD)
 (DIR) Schwerpunkt Wahlen in Berlin
 (DIR) Alternative für Deutschland (AfD)
 (DIR) Schwerpunkt Demos gegen rechts
 (DIR) Alternative für Deutschland (AfD)
 (DIR) Alternative für Deutschland (AfD)
 (DIR) Correctiv
 (DIR) Alternative für Deutschland (AfD)
 (DIR) Alternative für Deutschland (AfD)
 (DIR) Lesestück Recherche und Reportage
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Sellner-Treffen bei Berliner AfD: Kleinreden und wegducken
       
       Konsequenzen für das Geheimtreffen im AfD-Büro sind unwahrscheinlich. Mit
       der Vorsitzenden Kristin Brinker ist Berlins AfD nach rechts gerückt.
       
 (DIR) AfD-Gewinne bei der Wahlwiederholung: Komplett verstrahlt
       
       Offenbar schaden der AfD weder offene Deportationsfantasien noch
       landesweite Proteste gegen rechts. Berlins Große Koalition zeigte sich
       wenig hilfreich.
       
 (DIR) Nazi-Netzwerk um Peter Kurth: Der Konservative in der Braunzone
       
       Immer mehr Details zu rechten Kontakten des Berliner Ex-CDU-Senators Kurth
       kommen ans Licht. Er unterstützte schon 2019 die Identitäre Bewegung.
       
 (DIR) Proteste gegen die AfD: Da geht noch mehr
       
       Zehntausende gehen gegen den Faschismus auf die Straße. Um dessen Wurzeln
       zu beseitigen, sollte die Bewegung auch für Umverteilung streiten.
       
 (DIR) Berlins Ex-Finanzsenator Peter Kurth: Kontakte zu rechter Burschenschaft
       
       Ex-Finanzsenator Kurth soll eine führende Rolle in einer rechten
       Burschenschaft spielen. Auch ein Projekt der Identitären soll er
       mitfinanziert haben.
       
 (DIR) AfD-Verbot und Höcke-Petition: Raus aus der Ohnmacht
       
       Rechte drohen die Macht zu übernehmen und endlich wächst der
       antifaschistische Widerstand. Gerichte könnten ihn unterstützen.
       Pessimismus nicht.
       
 (DIR) Correctiv-Recherche im Theater: Es braucht Aufklärung für alle
       
       Die Lesung der Correctiv-Recherche im Berliner Ensemble diente der
       politischen Aufklärung. Doch sie richtete sich nur an das
       Bildungsbürgertum.
       
 (DIR) Potsdamer Radikalen-Treffen: Neue Details und weitere Demos
       
       Rund eine Woche nach der Veröffentlichung werden weitere Details bekannt.
       Auch am Mittwoch demonstrierten Tausende gegen rechts. Weitere Demos
       folgen.
       
 (DIR) Rechtsruck im politischen Diskurs: Das Problem reicht bis in die Mitte
       
       Beim Fokus auf die Demokratiefeindlichkeit der AfD wird übersehen, was in
       der Mitte passiert. Dort imitieren Parteien zunehmend AfD-Rhetorik.
       
 (DIR) 49 Abgeordnete für Prüfung: „Prüft ein AfD-Verbotsverfahren!“
       
       Die Rufe nach rechtlichen Schritten gegen die Afd werden lauter. Eine
       taz-Umfrage zeigt: 49 PolitikerInnen wollen ein Verbotsverfahren prüfen.