# taz.de -- Topographie des Terrors: KZs im Vorprogramm
       
       > Die Berliner Topographie des Terrors richtet den Blick auf die frühen
       > Konzentrationslager von 1933. Relativ öffentlich wurden dort Menschen
       > gequält.
       
 (IMG) Bild: Die Propagandaaufnahme zeigt zwei SA_Wachen vor dem Tor des KZ Oranienburg im Juni 1933
       
       Konzentrationslager – damit verbindet die Öffentlichkeit Namen wie
       Bergen-Belsen, Buchenwald oder Sachsenhausen. Es handelt sich dabei um die
       Lager mit Zehntausenden Gefangenen, die unter der Leitung der SS Menschen
       quälten, erniedrigten, folterten und systematisch zu Tausenden ermordeten.
       
       Aber wer verbindet schon Orte wie Kislau, Sachsenberg, Ahrensbök oder
       Oberer Kuhberg mit der Unterdrückungsmechanik des Nationalsozialismus? Wer
       weiß schon, dass es [1][Konzentrationslager mitten in deutschen Städten]
       gab, keineswegs vor der Öffentlichkeit verborgen?
       
       Die Ausstellung „Auftakt des Terrors“ versucht das zu ändern. Es geht, so
       der Untertitel der Schau, um „frühe“ Konzentrationslager, also jene
       Internierungsorte, die unmittelbar nach der NS-Machtübernahme entstanden
       und die nicht unter einer zentralen Verwaltung standen. Sie waren das
       Probefeld der Nazis für das, was danach kommen sollte. Hier sammelten die
       Wachmänner ihre Erfahrung damit, wie man Menschen bricht, hier bildete sich
       eine Schicht von Spezialisten der Unterdrückung und der Folter.
       
       ## 90 frühe KZs in Deutschland
       
       Insgesamt etwa 90 dieser frühen KZs lagen verstreut über ganz Deutschland.
       Und auch die Ausstellung ist nicht nur an einem zentralen Ort zu sehen,
       sondern wird in rund zehn Gedenkstätten gezeigt. Weitere werden folgen.
       
       Bis zu 80.000 Regimegegner, darunter vor allem Kommunisten,
       Sozialdemokraten und Gewerkschafter, aber auch Jüdinnen und Juden gerieten
       nach dem Reichstagsbrand am 27. Februar 1933 in Haft. Möglich machte das
       die „Reichstagsbrandverordnung“, die nicht nur die bürgerlichen Freiheiten
       aufhob, sondern auch die Möglichkeiten zur Verhängung von „Schutzhaft“
       radikal ausweitete.
       
       Von nun an konnten Menschen ohne Anklage oder Gerichtsurteil nach Belieben
       festgehalten werden. Daran erinnerte bei der Eröffnung der Schau in der
       Berliner Topographie des Terrors Thomas Lutz, Leiter des
       Gedenkstättenreferats.
       
       Was mit den Verfolgten geschah, erzählt die Ausstellung. Sie gerieten in
       überbelegte Gefängnisse, ehemalige Festungsbauten, finstere Keller und leer
       stehende Fabrikgebäude. Viele, aber nicht alle dieser Provisorien der Qual
       entwickelten sich zu Konzentrationslagern, rasch zusammengezimmert, von der
       SA, SS, aber auch von ganz normalen Schutzpolizisten bewacht.
       
       ## Gewerkschafterin im Untergrund
       
       Da ist die Gewerkschafterin Gertrud Piter, einzige Frau im Stadtparlament
       von Brandenburg, die in den Untergrund gegangen war. Am 11. September 1933
       wurde sie gefangen genommen, anschließend im KZ Brandenburg gefoltert und
       vergewaltigt. Am 22. September starb sie an den Folgen der Qual.
       
       Oder Bernhard Kuhnt: Der Sozialdemokrat geriet schon am 9. März 1933 in
       Haft. Zuvor war er zur Demütigung mit einem Bollerwagen durch Chemnitz
       gefahren worden. Kuhnt überlebte die Torturen.
       
       Es war nicht so, dass es sich bei den KZs um ein Geheimnis gehandelt hätte.
       In den Zeitungen erschienen Bildberichte. Das Union-Theater in Brandenburg
       zeigte im Vorprogramm gar eine Art Dokumentation mit dem Titel
       „Konzentrationslager Oranienburg“. Danach lief „Ein Mädel von der
       Reeperbahn“. Jeder deutsche „Volksgenosse“, der es wissen wollte, wusste
       von der Lagern.
       
       ## Das System Konzentrationslager
       
       Die meisten Gefangenen kamen nach Wochen, Monaten oder Jahren frei. 1937
       vegetierten noch etwa 8.000 Menschen im KZ. Das sollte nicht so bleiben.
       Gut ein Jahr später, nach dem Novemberpogrom, waren es 50.000. Da war das
       [2][System Konzentrationslager längst etabliert] und unterlag dem
       einheitlichen Kommando der SS.
       
       Am Ende der Ausstellung findet sich eine Landkarte, auf der die Standorte
       der frühen KZs eingezeichnet sind, unterschieden danach, ob dort heute
       [3][des Geschehens vor 90 Jahren erinnert wird.] Es finden sich da noch
       viele weiße Flecken.
       
       9 Mar 2023
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Klaus Hillenbrand
       
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