# taz.de -- Tattoo von Mesut Özil: Botschafter von Rechtsextremen
       
       > Ex-Fußballnationalspieler Mesut Özil erntet Kritik für ein Tattoo der
       > rechtsextremen Bewegung Graue Wölfe. Linke und Grüne fordern mehr
       > Gegenwehr.
       
 (IMG) Bild: Mesut Özil mit Präsident Erdogan vor dem Champions League Finale im Juni in Istanbul
       
       BERLIN taz | Es ist ein Bild [1][Mesut Özils], das erneut eine Debatte
       auslöst. Der frühere deutsche Fußballnationalspieler posiert darauf mit
       einem Fitnesscoach und blanker Brust, darauf ein Tattoo der
       [2][nationalistischen türkischen Ülkücü-Bewegung, hierzulande besser
       bekannt als Graue Wölfe]. Die gehören inzwischen zu den größten
       rechtsextremen Gruppen in Deutschland. Grüne und Linke fordern nun mehr
       Gegenwehr gegen die Bewegung.
       
       Özil selbst äußerte sich bisher nicht zu dem am Wochenende veröffentlichten
       Bild. Sein Management ließ eine taz-Anfrage unbeantwortet. Der 34-Jährige
       ist aber schon länger [3][als Erdoğan-Freund bekannt], warb für ihn vor
       Wahlen und lud ihn zu seiner Hochzeit ein. Zugleich war Özil immer wieder
       Ziel rassistischer Tiraden.
       
       Heikel ist die Causa auch, weil Özil 2014, nach dem Gewinn des WM-Pokals
       mit der Fußballnationalmannschaft, vom damaligen Bundespräsidenten Joachim
       Gauck und Bundeskanzlerin Angela Merkel mit dem Silbernen Lorbeerblatt
       ausgezeichnet wurde, der höchsten sportlichen Auszeichnung in Deutschland.
       
       ## Bundespräsidialamt gibt sich bedeckt
       
       Das Bundespräsidialamt wollte sich auf Anfrage nicht konkret zu dem Fall
       äußern. Der Entzug der Auszeichnung sei grundsätzlich möglich, wenn sich
       die Geehrten als „unwürdig“ erwiesen, sagte ein Sprecher der taz. Dies
       könnten Äußerungen sein, die „gegen die grundlegenden Prinzipien der
       freiheitlich-demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland
       verstoßen“. Bei Bekanntwerden solch eines Verhaltens werde ein Entzug
       geprüft. Wegen der „Vertraulichkeit im Auszeichnungswesen“ könne man über
       eine solche Prüfung aber nicht informieren.
       
       Mit dem Tattoo-Foto erntet Özil aber bereits deutliche Kritik. Der
       Grünen-Bundestagsabgeordnete Max Lucks, der wie Özil aus Gelsenkirchen
       kommt, sagte der taz, es mache ihn „wütend“, Özil mit dem Symbol der Grauen
       Wölfe zu sehen. „Es zeigt, wie ein abgehobener und offenkundig
       rechtsextremer Superreicher die gesellschaftliche Spaltung in seiner Heimat
       völlig rücksichtslos vorantreibt, anstatt seine Vorbildfunktion ernst zu
       nehmen.“ Im Ruhrgebiet lebten Menschen unterschiedlichster Ethnien
       friedlich zusammen, so Lucks. „Wer aber ein Symbol der Grauen Wölfe trägt,
       hat ein Problem mit dieser Vielfalt.“
       
       Der Grüne forderte „gerade als politische Linke, rechtsextremen Tendenzen
       nicht durch einen „vermeintlich gutgemeinten Kulturrelativismus zu
       verklären“. Hier sei „antifaschistisches Engagement nötiger denn je“. Auch
       müsse Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) das Engagement gegen
       transnationalen Rechtsextremismus verstärken.
       
       ## Linke fordert Verbot der Grauen Wölfe
       
       Faesers Innenministerium äußerte sich auf Nachfrage zunächst nicht. Aber
       auch die Linken-Innenexpertin Martina Renner übt Kritik. „Anhänger*innen
       türkischer faschistischer Organisationen müssen in Deutschland wenige bis
       gar keine Konsequenzen fürchten“, so Renner zur taz. „Das offene Tragen des
       faschistischen Graue-Wölfe-Symbols durch Mesut Özil macht das deutlich. Ein
       Verbot wäre ein erster wichtiger Schritt.“ Renner verweist auch auf eine
       „mutmaßlich versuchte Auto-Attacke“ auf eine prokurdische Demonstration
       vergangene Woche in Berlin. Dies zeige, „wie gefährlich und potenziell
       tödlich“ die Aktivitäten der Bewegung seien.
       
       Der Verfassungsschutz rechnet der Ülkücü-Bewegung in Deutschland 12.100
       Mitglieder zu, die meisten davon organisiert in drei großen Dachverbänden
       rechtsextremer türkischen Parteien. Damit liegt die Bewegung hierzulande
       hinter dem „unstrukturierten rechtsextremistischen Personenpotential“
       (16.000), aber noch vor den Rechtsextremen, die der Geheimdienst in der AfD
       (10.200) oder der NPD (3.000) zählt.
       
       ## Anhänger*innen werden Waffen entzogen
       
       Der Verfassungsschutz attestiert der Ideologie der Grauen Wölfe
       „maßgebliche Elemente wie Rassismus und Antisemitismus“. Als Ideal gelte
       ein ethnisch homogener Staat aller Turkvölker bis weit hinein in den
       asiatischen Raum. Andere Volksgruppen würden herabgewürdigt und zu Feinden
       erklärt. Öffentlich hielten sich die in Deutschland aktiven Dachverbände
       meist zurück, nach innen werde aber die rechtsextremistische Ideologie
       gepflegt.
       
       Erst am Montag entschied zudem das Verwaltungsgericht Köln, dass ein
       Waffenentzug für Ükücü-Anhänger*innen rechtmäßig sei. Es lägen hinreichende
       tatsächliche Anhaltspunkte vor, dass die Bewegung verfassungsfeindliche
       Bestrebungen verfolge. Das Gericht wies Eilanträge von zwei Mitgliedern
       eines Ülkücü-Ortsvereins zurück, die sich gegen den Waffenentzug gewehrt
       hatten.
       
       24 Jul 2023
       
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 (DIR) Konrad Litschko
       
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