# taz.de -- Beliebtheit der Schuldenbremse: Der Staat als Wasserbett
       
       > Staatsschulden haben in Deutschland zu Unrecht einen schlechten Ruf.
       > Sparen kann für eine Volkswirtschaft gefährlich sein.
       
 (IMG) Bild: Auch ihr Drängen gegen die Schuldenbremse dürfte nicht helfen: DGB-Chefin Yasmin Fahimi
       
       Es ist erschütternd: 61 Prozent der Deutschen halten die Schuldenbremse für
       eine gute Idee. Gegen diese stabile Mehrheit hat niemand eine Chance – auch
       nicht Yasmin Fahimi. [1][Die DGB-Chefin forderte zu Weihnachten], dass die
       Schuldenbremse reformiert werden sollte. Fahimi hat recht, aber das nützt
       leider nichts. Viele Deutsche finden es ungerecht, dass sich der Staat
       dauerhaft verschulden darf. Denn sie, so die Logik, müssen ihre Kredite
       doch auch zurückzahlen! Warum sollte dies beim Staat anders sein?
       
       Die Deutschen betrachten den Staat wie einen Familienhaushalt oder ein
       Unternehmen. Wer Kredite aufnimmt, muss sie wieder abstottern. Punkt. Doch
       dies ist ein fundamentales Missverständnis. Der Staat funktioniert wie eine
       Art Wasserbett, das Körper fluide in Balance hält: Er sorgt für einen
       nationalen Druckausgleich – zwischen allen Ersparnissen und Krediten.
       
       Es ist eigentlich ganz einfach: Die Volkswirtschaft kann nur reibungslos
       laufen, wenn eben nicht zu viel gespart wird. Denn Sparen ist gefährlich,
       weil es Nachfrage entzieht. Wenn der Absatz stockt, bricht die Konjunktur
       sofort ein. Dummerweise neigen Familien und Firmen aber dazu, sich
       Geldpolster anzulegen, um für die Zukunft vorzusorgen. Also muss der Staat
       einspringen: Er muss Kredite aufnehmen und investieren, damit BürgerInnen
       und Betriebe sparen können, ohne die Wirtschaft zu ruinieren.
       
       So seltsam es klingt: Staatliche Investitionen, finanziert auf Pump, machen
       die BürgerInnen reich. Wenn die Regierung hingegen knausert, wird auch die
       Bevölkerung ärmer. Dieses Phänomen nennen die Ökonomen „[2][Sparparadox]“:
       Wenn alle sparen, verlieren alle.
       
       Bleibt nur noch eine Frage, leider die entscheidende: Wie überzeugt man
       jene 61 Prozent der Deutschen, die die Schuldenbremse für eine gute Idee
       halten? Vielleicht wäre es ein erster Ansatz, immerzu von
       „Investitionsstau“ und „Investitionskrise“ zu sprechen, also negativ
       belegten Begriffen. Denn so panisch die Deutschen beim Thema Schulden sind:
       Als Bewohner eines Industrielandes wissen sie, dass Investitionen die
       Zukunft sind.
       
       26 Dec 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Milliardenloch-im-Haushalt/!5981541
 (DIR) [2] https://de.wikipedia.org/wiki/Sparparadoxon
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ulrike Herrmann
       
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